Milliarden Verluste Die Börse rettet die Deutsche Bank

Die Deutsche Bank hat seine Zahlen vorgestellt, die vor allem durch die Fondssparte der DWS gerettet werden. Ist das ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell? Quelle: REUTERS

Die Deutsche Bank hat am Donnerstag Zahlen vorgelegt – und die Aktie startete daraufhin durch, sie lag als einziger Wert bei Handelsschluss im Plus. Bloß: Das Wunder von Frankfurt hat seine Tücken.

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Wenn ein Deutschbanker trotz der Dauerkrise noch einen Bonus verdient hat, dann ist das Asoka Wöhrmann, Chef der DWS, der Fondssparte des größten hiesigen Instituts. Am Donnerstagmorgen spazierte er strahlend die wenigen Meter vom Sitz des Fondshauses über die Straße zum Hauptsitz der Deutschen Bank – und zur Freude hatte Wöhrmann auch allem Grund. Er hatte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing mal eben die Zahlen für 2019 gerettet.

Am Donnerstag hat das größte Geldhaus der Republik sein Zahlenwerk für das vergangene Jahr vorgelegt – und damit einen ersten Einblick in die Frage gegeben, ob die Deutsche Bank noch eine Zukunft hat. Im Juli vergangenen Sommer hatte Bankchef Christian Sewing einen neuerlichen Sanierungsversuch für das angeschlagene Institut gestartet. Es war, sagte ein Beobachter im Vorfeld, der letzte Versuch für die Bank, um wieder zu gesunden. Und jetzt?

Die Bank hat 2019 einen Verlust von 5,3 Milliarden Euro erwirtschaftet, was an den hohen Kosten der Sanierung liegt. Und trotzdem: Die Börse hat äußerst positiv auf das Zahlenwerk der Bank reagiert, die Aktie des Instituts liegt seit dem Morgen sechs Prozent im Plus – und stieg erstmals seit Frühjahr 2019 wieder über die Marke von acht Euro. Und tatsächlich dürfen Beobachter der Bank einige Erfolge zugestehen: Die Kosten sind bereinigt um Sanierungsausgaben auf 21,6 Milliarden Euro gesunken, die Erträge liegen mit 23,2 Milliarden Euro sogar knapp über den Erwartungen der Analysten und sind für die Kernbank vor „Sondereffekten“ stabil geblieben. Allein: Die Zahlen haben so ihre Tücken – und das hat auch mit Asoka Wöhrmann zu tun.

Wöhrmanns Fondssparte DWS hat ein respektables Ergebnis vorgelegt, die Erträge legten gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent zu und übertrafen gar deutlich die Erwartungen der Analysten – während die anderen Sparten schwächelten. Die von Sewing zum Herzstück des Geldhauses erklärte Unternehmensbank hielt die Erträge lediglich konstant, während sie im Investmentbanking und in der Privatkundensparte um sieben beziehungsweise fünf Prozent schrumpften. Bei den Privatkunden lagen die Erträge damit 100 Millionen Euro unter den Prognosen der Analysten.

Das Problem ist nur: Sewing kann sich nicht auf Dauer auf die DWS verlassen, so erfolgreich wie 2019 wird der Vermögensverwalter nicht jedes Jahr sein. Ein Fondshaus ist immer nur so gut wie die Börsen; in einem bombastischen Aktienjahr wie 2019 sind die Kunden geneigt, mehr Geld zu investieren. Dadurch können Wöhrmann und seine Leute mehr Geld einstreichen. Nur: Steigen die Kurse einmal nicht so stark oder fallen gar, wachsen die Erträge entweder nicht so stark – oder schrumpfen. Zudem ist die DWS die kleinste der vier Konzernsparten.

Insofern stellt sich weiter die Frage, inwiefern die die Deutsche Bank überhaupt ein funktionierendes Geschäftsmodell hat. Sewing beantwortet sie kämpferisch. Er wolle nun wieder in den Angriffsmodus übergehen und dort wachsen, wo die Bank ohnehin stark sei. Einfach wird das nicht. Der Gegenwind ist heftig.
So konnte die Bank zwar im Investmentbanking von einem stärkeren Handel mit festverzinslichen Wertpapieren profitieren – wobei der Anstieg proportional deutlich geringer ausfiel als bei vielen Konkurrenten. Die Unternehmensbank hängt vor allem von der Entwicklung der Konjunktur ab – die unsicher wie selten in den Vorjahren ist. Und auf dem Privatkundengeschäft lasten die niedrigen Zinsen. In dem von Sewing zum Wachstumsfeld erklärten Geschäft mit reichen Anlegern war von Wachstum schon im Jahr 2019 wenig zu sehen.

Genauso sieht es bei den Kosten aus. Hier hat Sewing das angestrebte Ziel erreicht – auf bereinigter Basis. Das bedeutet, dass Berichtigungen auf Firmenwerte, Restrukturierungsaufwendungen und Kosten für Rechtsstreitigkeiten unberücksichtigt bleiben. Der weitere Weg wird schwierig. Vor allem im Privatkundengeschäft stehen die großen Einschnitte noch bevor. Die von der Bank angestrebte Integration der bislang rechtlich selbstständigen Privat- und Firmenkundenbank dürfte nur einen überschaubaren Beitrag leisten. Die Schließung hunderter Filialen und der Abbau vermutlich Tausender Stellen scheinen angesichts der ehrgeizigen Pläne unvermeidlich. Wie unter diesen Umständen auch noch das angestrebte moderate Ertragswachstum erzielt werden soll ist auch wegen der niedrigen Zinsen rätselhaft.

Disziplin und Fokussierung – diese beiden Tugenden nennt Sewing als unerlässlich für den Erfolg. Der Sparkurs soll so eisern wie bisher fortgesetzt werden. Selbst geht der Vorstand allerdings mit unentschlossenem Beispiel voran. Die Boni für 2019 werden ihm immerhin zur Hälfte ausgezahlt, bei vergangenen Milliardenverlusten hatten die Topmanager auch schon mal komplett auf eine variable Vergütung verzichtet. Sewing rechtfertigt die Zahlungen mit der hohen Belastung durch die Restrukturierung. Auch die übrigen Mitarbeiter werden zwar reduzierte, aber doch beachtliche Boni kassieren. Die Bank könne für Talente nur attraktiv bleiben, wenn sie bei den Gehältern weiter wettbewerbsfähig sei – obwohl das auf ihre eigenen Zahlen längst nicht mehr zutrifft.

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