Eine schwarze Gestalt schwebt gekrümmt in einem Meer aus Farben. Ein paar Meter weiter, auf einer anderen Leinwand, lichtet ein riesiges Containerschiff seinen Anker. Das Innere des braunen Backsteinhauses im Hamburger Norden wirkt ein wenig wie ein Kunstmuseum. Tatsächlich ist es aber eine Filiale der Hamburger Sparkasse (Haspa). Keine normale Zweigstelle, sondern der Ort, an dem das Institut seinen Weg in die Zukunft starten will.
Die Filiale im Hamburger Stadtteil Niendorf war im Juni 2017 der erste Standort, den die Haspa nach ihrem Konzept „Filiale der Zukunft“ gestaltet hat. Weitere Zweigstellen sind mittlerweile ebenfalls umgebaut. Alle anderen rund 130 Standorte sollen bis zum Jahr 2020 folgen. 30 Millionen Euro nimmt die Haspa dafür in die Hand. Das Ziel: Die Filialen sollen nicht mehr nur der Erledigung von Geldgeschäften sondern als angesagte Treffpunkte für die Hamburger Bürger dienen.
Mit ihrer Investition versucht die Haspa einen Trend umzukehren, der mittlerweile allen Banken zu schaffen macht: Immer weniger Leute besuchen noch eine Filiale ihrer Hausbank. Stattdessen tätigen die Kunden viele ihrer Bankgeschäfte lieber online. Seit der Jahrtausendwende hat jede vierte Bankzweigstelle geschlossen, aber komplett aufgeben können und wollen die Banken ihr teures Filialnetz nicht. Viele Kunden wollen wenigstens die Möglichkeit haben, einen Berater ihrer Bank vor Ort zu einem persönlichen Gespräch zu treffen. „Auch wenn Menschen kaum noch Filialen nutzen, ist der Aufschrei in der Gesellschaft groß, wenn eine schließt“, sagt Claus-Peter Praeg, Themenbeauftragter Finanzdienstleistungen beim Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation.
Darum suchen die Banken nach Wegen, um ihre Filialen für die breite Masse attraktiver zu machen. Die Hamburger Sparkasse setzt dabei auf Regionalität und Wohlfühlatmosphäre. Beim Betreten der Filiale in Niendorf fällt dem Besucher zunächst das Wahrzeichen des Stadtteils ins Auge. Hinter den Bankschaltern prangt das Abbild der achteckigen, barocken Niendorfer Marktkirche auf einer Glaswand, aufgeklebt mit weißer Folie. Rechts der Schalter befindet sich das Herzstück der Filiale. Ein massiver Tisch aus hellem Holz, den ein lokaler Tischler hergestellt hat. Dort sollen die Kunden ihren kostenlosen Kaffee und das W-Lan genießen. Hier will die Haspa mit ihren Kunden in den Dialog kommen.
Claus-Peter Praeg ist von dem Konzept nicht restlos überzeugt. „Wenn ich einen Kaffee und kostenloses W-Lan möchte, gehe ich in ein Café und nicht in eine Bank.“ Filialleiter Darko Mavrak hält dagegen: „Dass unser Konzept als Treffpunkt der Nachbarschaft funktioniert, kann ich daran erkennen, dass unsere vielfältigen Veranstaltungen immer besser besucht werden.“
Um die Kunden häufiger als für ein Beratungsgespräch oder eine Überweisung in die Bank zu locken, lädt die Haspa regelmäßig zu Abendveranstaltungen. Die müssen nichts mit klassischen Bankthemen zu tun haben. So gab es bereits eine Tupperparty und eine Schulranzenmesse, es fand auch schon eine Vernissage mit lokalen Künstlern statt. Und ein lokaler Schlachter lud in einer Filiale zum „Bratwurst-Seminar.“
Bankmitarbeiter sind bei diesen Abendveranstaltungen immer anwesend. Auf den Kunden gehen sie aber nicht zu, um ihm Produkte anzubieten. „Die Besucher sollen sich bei uns wohlfühlen. Es gibt in der Filiale auch keine Werbung“, sagt Mavrak. Hat ein Kunde Interesse an einem Beratungsgespräch, muss er selbst auf die Mitarbeiter zugehen.