




Für die Beschäftigten in den "blauen" Filialen unter der Marke Deutsche Bank sei das aber kein Grund aufzuatmen. Dort drohten nun mehr Stellen wegzufallen als bisher geplant, sagten die Insider. Die geplante Schließung von bis zu einem Drittel der 700 Filialen in Deutschland dürfte Tausende Arbeitsplätze kosten.
Die radikale Lösung ("Model Five"), die den Abschied der Deutschen Bank vom traditionsreichen Privatkundengeschäft bedeutet hätte, werde nur noch von Spartenchef Rainer Neske und Strategie-Vorstand Stefan Krause unterstützt. Die Deutsche-Bank-Führung hatte unter dem Druck wichtiger Investoren das lange favorisierte Modell der Universalbank infrage gestellt. Die beiden Co-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen seien zuletzt aber von einer Konzentration auf das Investmentbanking und die Vermögensverwaltung abgerückt, hieß es in Finanzkreisen. Ein Grund dafür sei der vermutete Wunsch der Bundesregierung nach einer weiterhin deutsch geprägten Bank, ein zweiter der Druck der Ratingagenturen, die in den Einlagen der Privatkunden eine sichere Refinanzierungsquelle sehe. Um Einzelheiten der Pläne werde immer noch gerungen, sagte einer der Insider.
Zahl der Hochverdiener bei Banken nach EU-Land
Anzahl gesamt: 2.714
davon Investmentbanker: 2.188
(mehr als eine Mio. Jahresgehalt 2012)
Quelle: European Banking Authority
Anzahl gesamt: 212
davon Investmentbanker: 100
(mehr als eine Mio. Jahresgehalt 2012)
Anzahl gesamt: 177
davon Investmentbanker: 117
(mehr als eine Mio. Jahresgehalt 2012)
Anzahl gesamt: 109
davon Investmentbanker: 47
(mehr als eine Mio. Jahresgehalt 2012)
Anzahl gesamt: 100
davon Investmentbanker: 37
(mehr als eine Mio. Jahresgehalt 2012)
Die Deutsche Bank wollte sich nicht zu den Informationen äußern. Ein Sprecher bekräftigte, dass die Ergebnisse der laufenden Strategie-Debatte noch vor Ende Juni veröffentlicht werden sollen. Nachdem der "Spiegel" am Freitag von einer Vorentscheidung zugunsten eines Postbank-Verkaufs berichtet hatte, hatte die Bank betont, es gebe noch keine Beschlüsse. Nach Reuters-Informationen will der Vorstand diese formal erst am kommenden Freitag (24. April) kurz vor der außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats fassen. Bis dahin ist alles offen.
Mit den Einschnitten in den "blauen" Filialen dürften sich auch die meisten Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat abfinden. Sie hatten zunächst eine Komplettabspaltung favorisiert, weil damit geringere Arbeitsplatzverluste verbunden gewesen wären. Die bei der Postbank besonders starke Gewerkschaft Verdi macht sich vor allem dort Sorgen um die Belegschaft. Im laufenden Tarifstreit stehen die Zeichen dort auf Streik. Verdi war nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Die Deutsche-Bank-Doppelspitze in Zitaten
Am 1. Juni 2012 übernahmen Anshu Jain und Jürgen Fitschen die Deutsche-Bank-Führung. Ein Rückblick in Zitaten:
„Schöne Broschüren, wo alles richtig beschrieben ist, werden uns nicht einen Millimeter voranbringen.“
„Die Deutsche Bank ist nicht gefährlich.“
„Anshu sagte mir einmal, dass er mit mir mehr spricht als mit seiner Frau. Das ist langfristig natürlich gar nicht gut für die Ehe.“
„Das ist tatsächlich vergleichbar mit einer Ehe. Man muss viel einbringen, aber man hat auch gemeinsame Werte.“
„Ich bin etwas heiser, ich musste öfter telefonieren.“
„Zuallererst Kapital, daneben Kosten, Kompetenzen, Kunden und Kultur.“
„Ein kultureller Wandel ist zwingend erforderlich.“
„Wer bei uns arbeitet und diese Werte nicht respektiert, der sollte besser gehen, das haben wir jedem gesagt.“
„Heute können wir sagen, dass der Hungermarsch vorbei ist.“
„Wir stellen uns der Kritik. Das bedeutet nicht, dass wir jedem nachgeben, der meint, die Bank an den Pranger stellen zu können.“
„Wir haben gewisse Fehler gemacht. Ich übernehme dafür die Verantwortung.“
„Keine deutsche Bank ist so global wie wir, keine globale Bank ist so deutsch wie wir.“
„Wir wollen nicht nur als eine anständige Bank wahrgenommen werden, sondern wir wollen auch eine anständige Bank sein.“
„Es ist ein Fakt, dass man den Banken das Vertrauen entzogen hat.“
Die Postbank könnte im Zuge des Strategieschwenks über eine großangelegte Aktienplatzierung an die Börse zurückkehren. Ein Verkauf an eine andere Bank oder sogar einen Finanzinvestor stehe ebenfalls zur Debatte, sagten die Insider. Bisher können nur sechs Prozent ihrer Aktien gehandelt werden, der Rest liegt bei der Deutschen Bank. Rechnerisch ergibt sich aus dem Kurs von 35,75 Euro ein Unternehmenswert für die frühere Post-Tochter von 7,8 Milliarden Euro, doch dieser ist vor allem von der Hoffnung von Spekulanten getrieben, dass die Deutsche Bank ein Übernahme-Angebot für den Streubesitz vorlegen würde. Bei einem Verkauf oder einem Börsengang dürfte der erzielbare Preis deutlich unter den sechs Milliarden Euro liegen, mit denen die Postbank in den Büchern der Deutschen Bank steht. Damit stünden der Bank erneut milliardenschwere Abschreibungen bevor.
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Die Deutsche Bank hatte die Postbank zwischen 2008 und 2012 schrittweise übernommen. In der Finanzkrise galt das als kluger Schachzug des damaligen Vorstandschefs Josef Ackermann, da die Milliarden-Einlagen auf den Postbank-Konten eine solide, von den Finanzmärkten unabhängige Refinanzierungsbasis versprachen. Doch die Deutsche Bank konnte nie voll auf die Einlagen zugreifen, weil die Finanzaufsicht BaFin auf eine eigenständige Kapitalausstattung der Postbank drängte.