Monte dei Paschi und Italiens Bankenkrise Jede Baustelle in Italien ist eine Baustelle Europas

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Warum ist die Krise so gefährlich für das Land?


Die Lage der Banken ist für Italien ein sensibles Thema, weil in keinem Euroland Banken, Gesellschaft und Wirtschaft so stark verwoben sind. Monte dei Paschi etwa hat nachrangige Anleihen an 40.000 Privatkunden für gut zwei Milliarden Euro verkauft. Würde der Staat nicht eingreifen, wäre dieses Geld verloren.

Und so ist es überall in Italien. Insgesamt halten Privatanleger solche Anlagen im Wert von fast 200 Milliarden Euro. Diese verfallen zu lassen, weil der Staat nicht einspringt, wäre für jede Regierung politischer Selbstmord – und würde die Wut vieler Italiener auf die Politik noch weiter verschärfen. Dass die Regierung Renzi im Fall zweier kleinerer Banken im vergangenen Jahr genau so handelte, also konform zu EU-Regeln, gilt als einer der Gründe für Renzis Niederlage bei einem Referendum Anfang Dezember.

Welche Folgen hat die Krise für Europa?

Der drohende Eingriff des Staates in Siena ließ am Donnerstag die Renditen italienischer und spanischer Staatsanleihen leicht steigen. Will heißen: Die Märkte werten die Krise als Möglichkeit, dass die Euroschuldenkrise neu aufflammen könnte. Schließlich muss Italien sein 20-Milliarden-Bankenrettungspaket über neue Schulden finanzieren (die es dank der Nullzinspolitik von EZB-Chef Mario Draghi freilich so günstig wie nie bekommt, aber das ist eine andere Geschichte), und das bei einer Rekordverschuldung von ohnehin schon 2,2 Billionen Euro.

Dennoch hält sich der Unmut in Europa in Grenzen. Selbst Bundesbank-Präsident Jens Weidmann äußerte vor einigen Tagen schon Verständnis für das staatliche Eingreifen in Italien. Derzeit mögen sich vor allem deutsche Ökonomen darüber echauffieren, dass in Italien wieder die Allgemeinheit die Fehler von Bankern ausgleicht. „Gleich beim ersten großen Test", schimpft RWI-Ökonom Christoph Schmidt, halte die neue EU-Krisenpolitik die Regeln nicht ein. „Die Banken-Union ist nicht glaubwürdig".

Dennoch sind viele Europäer weiter bereit, die Regeln zu dehnen. Zu groß ist die Sorge, ein eharren auf Regeln würde die Italiener aus Euro oder gar EU vergraulen. Laut einer Ifo-Umfrage unter rund 100 Ökonomie-Professoren sind 61 Prozent dagegen und nur 29 Prozent dafür, Italien aus der Gemeinschaftswährung zu drängen. Zur Begründung verweisen die Befragten auf die Stabilität des Euroraums. Rund 52 Prozent befürchten bei einem Austritt Italiens, dass sie negativ beeinflusst werden könnte. Rund 23 Prozent kreuzten in der Umfrage sogar "sehr negativ" an.

Damit aber ist jede Baustelle in Italien auch eine Baustelle Europas. So gesehen kann Renzi also beruhigt sein: So schnell wird kein Europäer mehr über Italien lachen. Mit Italien allerdings wohl auch nicht.

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