Nationalsozialismus Streit um die Residenz der Staatsbank KfW

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Auszug unwahrscheinlich

Entstanden ist der umstrittene Grundbucheintrag, mit dem die KfW 1994 beim Amtsgericht Berlin-Mitte ihren Besitz manifestierte, in den Wirren der deutschen Wiedervereinigung. Aus der DDR-Zentralbank war 1990 die Staatsbank Berlin geworden, die 1994 mit der KfW fusionierte. Der auf Banken-Geschichte spezialisierte Bielefelder Historiker Harald Wixforth sieht in der Entscheidung für das neue KfW-Domizil politisches Kalkül: „Die Bundesregierung wollte die KfW in Berlins historischem Bankenviertel platzieren – das war eine Prestigesache.“ Dass im Fall BHG reibungslos aus quasi enteignetem Privatvermögen zunächst Staatsbesitz Ost und dann Staatsbesitz West wurde, „erschließt sich mir nicht“, sagt Wixforth.

Mann mit Ansprüchen: Bankierserbe Vollrad von Poschinger fordert Wiedergutmachung von der KfW. Quelle: Götz Schleser für WirtschaftsWoche

Die Bank habe die Rechtslage bezüglich der Eintragung ins Grundbuch „ausreichend geprüft“, teilt hingegen die KfW mit. Anwalt Oliver Maaß von der Kanzlei Eversheds Sutherland, der den Angriff des Bad Homburger Exbankmanagers gegen die KfW-Eigentümerschaft juristisch führt, glaubt hingegen, dass „bei Beachtung der Gesetzeslage eine Eintragung der KfW ins Grundbuch nicht erfolgt“ wäre. Schon die Umschreibung 1992 vom damaligen DDR-Volkseigentum auf die Staatsbank Berlin als Rechtsnachfolgerin der DDR-Staatsbank hätte „nur als einfache Umschreibung aufgrund einer Namensänderung“ erfolgen dürfen.

Gab es überhaupt eine Enteignung?

Entscheidend für den Ausgang des gesamten Disputs dürfte sein, ob die Beschlagnahme unter der sowjetischen Besatzung tatsächlich eine Enteignung war. Enteignungen aus den frühen Nachkriegsjahren wurden nach der Wiedervereinigung infolge des Einigungsvertrages in der Regel nicht rückgängig gemacht. Dessen Regelungen hätten auch die BHG-Enteignung als „rechtshistorischen Akt“ anerkannt, meint die KfW.

Für Maaß aber ist es ein „Irrtum, dass im Fall BHG eine Enteignung überhaupt durchgeführt wurde“. Der DDR-Staat habe das Gebäude bloß verwaltet und genutzt, nicht aber enteignet. Damit falle es nicht unter das Gebot, von den Sowjets enteigneten Besitz einzubehalten. Ein Gutachten aus der Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle bestätigt diese Sichtweise. Die Anwälte versuchen nun die BHG-Rechtsnachfolgerin ING in den Angriff contra KfW einzubinden.

Der Innenhof der KfW-Niederlassung in Berlin. Quelle: KfW-Bildarchiv, Angelika Kohlmeier

Dass diese bald aus dem Palais am Gendarmenmarkt ausziehen muss, ist aber unwahrscheinlich. Gestritten wird am Ende wohl um Schadensersatz. Auch die Claims Conference erklärt, beim BHG-Verfahren stünden „keine Rückgaben von Grundstücken oder Firmen zur Diskussion“, sondern nur „Ansprüche auf Entschädigung“. Ist die Claims Conference dabei erfolgreich, wird sie auffindbare Erben entschädigen. So dürfte die Frankfurter Wiedergutmachungs-Institution, die etwa für die Erben des früheren Kaufhaus-Imperiums Wertheim von Bund und Karstadt-Konzern 105 Millionen Euro erstritt, über einen sogenannten Goodwill-Fonds auch die Poschingers als Erben Otto Jeidels’ am Erlös beteiligen.

Und die KfW? Sollten in Sachen BHG Entschädigungsansprüche festgestellt werden, so heißt es aus Frankfurt, werde die KfW „diesen Verpflichtungen nachkommen“.

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