Was die Geldhäuser am meisten ärgert: einerseits macht die EZB mit ihrer Geldpolitik ihre Margen zunichte. Gleichzeitig verlangt sie als ihr Regulierer immer härtere Kapitalanforderungen von den Instituten. Cryan forderte am Mittwoch eine „sinnvolle Regulierung“ von der Aufsicht. Die EZB dürfe nicht übersehen, wie weit man schon vorangekommen sei. „Die neuen Regeln müssen erst mal wirken“, sagte Cryan und forderte vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, er solle berücksichtigen, dass Europas Banken für Investoren wieder attraktiv werden müssten. Das sei immerhin auch im Interesse aller, denn je mehr privates Kapital in den Bankensektor fließe, desto geringer sei die Wahrscheinlichkeit, dass Banken noch mal vom Steuerzahler gerettet werden müssten.
Neue Gefahr
Am Freitag sitzen in Basel die wichtigsten Bankenregulierer zusammen und verhandeln über neue Regeln für Europas Banken. Im Kern geht es bei den Plänen um die Frage, wie Banken ihre Risiken errechnen können. Die Aufseher könnten den Einsatz von internen Modellen begrenzen, um das Vorgehen zu vereinfachen. Damit berechnen bisher vor allem Großbanken, mit wie viel Eigenkapital sie Kredite und Handelsgeschäfte unterlegen müssen. Bekannt sind die neuen Regeln unter dem Schlagwort „Basel IV“.
Geldpolitik der EZB: Entlastungen durch Niedrigzinsen
Verbraucher sparen bei Darlehen, ob für den neuen Fernseher oder für die eigenen vier Wände. Hausbauer können sich zu historisch günstigen Konditionen Geld leihen. Nach Angaben des Bankenverbandes BdB sind Hypothekendarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung derzeit zu Effektivzinsen von durchschnittlich etwa 1,4 Prozent zu haben. 2007 lagen sie noch bei mehr als fünf Prozent.
Billiger ist es auch geworden, das eigene Konto zu überziehen. Vor fünf Jahren lagen die Dispozinsen nach Angaben der Finanzberatung FMH im Schnitt noch bei 11,26 Prozent. Mittlerweile sind es demnach durchschnittlich 9,51 Prozent.
Seit Jahren ist günstiges Notenbankgeld der zentrale Treibstoff für die Börsen. Aktionäre können von steigenden Kursen profitieren. Zuletzt wagten sich die eher börsenscheuen Deutschen wieder stärker an den Aktienmarkt. Knapp 9,01 Millionen Menschen besaßen nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts im vergangenen Jahr Aktien und/oder Anteile an Aktienfonds - das ist der höchste Stand seit 2012.
Mit der Ausgabe von Anleihen finanziert die öffentliche Hand - neben Steuereinkünften - einen Großteil ihrer Ausgaben. Am Montag fiel die sogenannte Umlaufrendite, die ein durchschnittliches Maß für die „Verzinsung“ von Staatspapieren mit einer Laufzeit von drei bis 30 Jahren ist, in Deutschland erstmals seit der Gründung der Bundesrepublik in den negativen Bereich. Der Bund „verdient“ in einer solchen Situation somit an seiner eigenen Schuldenaufnahme, anstatt den Gläubigern - den Käufern der Anleihen - einen Zins zu zahlen.
Stand: 7. Juni 2016
Setzt der Baseler Ausschuss seine Pläne durch und führt weltweite Vorschriften für derartige interne Modelle ein, könnten die Kapitalanforderungen der deutschen Banken laut Schätzungen des Bundesverbands der deutschen Banken (BdB) um bis zu 50 Prozent steigen.
Entsprechend groß ist die Kritik. Eine so deutliche Erhöhung wäre "angesichts der realen Risiken völlig unangemessen und würde die Fähigkeit der Banken drastisch einschränken, die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen", klagt Michael Kemmer, der Hauptgeschäftsführer des BdB, im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Bei der Deutschen Bank könnten die Marktrisiken dadurch um 40 Prozent steigen, sagte Vorstandschef Cryan. "Das verunsichert unsere Investoren und erschwert uns, verlässlich zu planen." Kemmer hofft deshalb darauf, dass der Baseler Ausschuss die Regeln noch mal entschärfen könnte.
So verständlich die Kritik aus Sicht der Banken ist, die Institute dürfen sich nicht dahinter verstecken. Denn ob sie wollen oder nicht brauchen vor allem die deutschen Institute den regulatorischen Ansporn, um ihre Reformen weiter voranzutreiben. Gerade in den vergangenen Monaten haben einige Institute zunehmend mehr Risiken in Kauf genommen, um ihre Margen anzutreiben und gleichzeitig die Risikovorsorge dank der entsprechenden Konjunktur abgebaut.
Läuft die Wirtschaft dann mal nicht mehr so rund, drohen gefährliche Schieflagen durch Kreditausfälle, der Kreis würde sich schließen und die nächste Krise wird durch noch niedrigere Zinsen und noch mehr Regulierung eingedämmt. Das kann auch nicht im Interesse der Banken sein.