Neuer Aufsichtsratschef Wer soll es bei der Commerzbank richten?

Jutta Dönges, Chefin der Finanzagentur des Bundes, soll einen Nachfolger für den Aufsichtsrat der Commerzbank suchen. Quelle: dpa

Das Institut braucht dringend einen neuen Aufsichtsratschef, Personalberater sollen den nun finden. Wen sie ansprechen könnten.

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Es war doch so nett – wenn man den Berichten früherer Spitzenkräfte der Commerzbank glauben kann. Während sich die Vorstandsgremien anderer Konzerne in internen Machtkämpfen aufrieben, galt die oberste Ebene der Commerzbank als braves Harmonie-Biotop – bis dann vor gut vier Wochen der Finanzinvestor Cerberus mit Kritik der härtesten Sorte hineinplatschte. Vor gut einer Woche kündigten mit Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann und dem Vorstandsvorsitzenden Martin Zielke dann die beiden wichtigsten Manager ihren Abschied an, bei einer Aufsichtsratssitzung am Mittwoch konnte sich das Kontrollgremium auf keine Neubesetzungen einigen.

Jutta Dönges, Chefin der Finanzagentur des Bundes, soll nun einen Nachfolger für den Aufsichtsrat suchen, Gespräche mit Personalberatern sollen bereits laufen. Wenn der neue Chefkontrolleur bestimmt ist, wird ein neuer Vorstandschef bestimmt, der dann eine neue Strategie festzurrt. Das alles kostet Zeit und verlängert die Phase der Unsicherheit. Zur Beschleunigung des Ganzen deshalb hier externe Vorschläge, die in den nächsten Wochen die Runde machen – und es dann vermutlich doch nicht werden:

Martin Blessing

Wäre die maximal konsequente Wahl, in einem Institut, das seine Führungsposten zuletzt fast immer mit Leuten besetzt hat, die schon mal Führungsposten bei dem Institut hatten. Zwischen 2008 und 2016 Chef der Bank, setzte ihr Ziele, denen die Mitarbeiter in den Jahren danach größtenteils vergeblich hinterherliefen. Ging als Vorstand zur Schweizer UBS, galt dort sogar als möglicher kommender Vorstandschef, musste aber nach nur drei Jahren schon wieder gehen. Außer einem Sitz im Aufsichtsrat der Danske Bank ist seitdem keine Berufstätigkeit übermittelt. Als Aufsichtsratschef würde er Kontinuität sichern – und seinen Posten in ein paar Jahren freundschaftlich an Martin Zielke übergeben.

Dorothee Blessing

Obwohl schon immer mindestens so erfolgreich wie ihr Mann, immer ein wenig in dessen Schatten. In Artikeln konsequent als „Frau des Commerzbankchefs“ bezeichnet, in der WirtschaftsWoche später sogar einmal als „Frau des Ex-Commerzbankchefs.“ Könnte endgültig ans Licht treten, aufräumen, was unter anderem ihr Mann liegen gelassen hat und allen Diskussionen über die Zusammensetzung der Topgremien deutscher Unternehmen dadurch eine ganz neue Dimension verleihen. Hat bei der Großbank JP Morgan jedoch einen (auch finanziell) deutlich attraktiveren Job – und fühlt sich zudem im Hintergrund wohl.

Andreas Dombret

Anders der Deutschamerikaner. Angeblich immer im Gespräch, wenn ein gehobener Posten in der Finanzindustrie zu vergeben ist – böse Zungen meinen, dass auch er selbst dafür sorgt. Hat nach dem Ende seiner Amtszeit als oberster Bankenaufseher der Bundesbank einige durchaus beachtliche Mandate gesammelt, der ganz große Wurf war nicht dabei. Kennt sich mit Regulierung aus, ist in Berlin vernetzt, war selbst Banker und soll auch noch gut mit den Leuten von Cerberus können. Könnte den Job also tatsächlich machen – wenn er nur etwas seltener Kandidat für eine Leerstelle gewesen wäre.

Gerd Häusler

War als Chef und Aufsichtsratschef der nach der Finanzkrise am Boden liegenden Bayern LB einigermaßen erfolgreich. Ganz früher sogar mal Vorstand der Dresdner Bank – könnte also eine Art sehr späte Heimkehr vollziehen. Hat stets sehr weit über den Tellerrand geblickt, fühlte sich eher auf der Weltbühne zu Hause als im von Landespolitik und Sparkassen dominierten Tagesgeschäft. Könnte der angeblich so richtungslosen Bank zumindest eine Vision vermitteln. Ob das reicht?

Manuela Better

Hat Erfahrungen mit hoffnungslosen Fällen. Übernahm die Führung der Hypo Real Estate, als sich der männliche Chef über Nacht vom Acker machte, ackerte sich unermüdlich durch deren Trümmer und verkrachte sich schließlich 2014 mit den zuständigen staatlichen Stellen. Zuletzt Risikovorstand bei der Deka. Würde bei den angeblich locker vergebenen Krediten der Commerzbank sicher genau hinschauen, käme aber eher in Frage, wenn Bund und Bankführung endgültig die Geduld verlieren und das Institut in die Abwicklung schicken sollten. Bei aller Verzweiflung – so weit ist es wohl noch nicht.

Hans-Jörg Vetter

Hat bei der Stuttgarter LBBW bewiesen, dass er Krisenbanken kompromisslos auf ein lebensfähiges Level runterfahren kann. War den Eignern sogar eine Ausnahme von der eigentlich vorgesehenen Gehaltsgrenze wert. Galt schon 2018 als möglicher Aufsichtsratschef, war aber nicht wirklich im Rennen. Seitdem ist der Aufräumbedarf sicher nicht kleiner geworden.

Klaus-Peter Müller

Rheinischer Kumpeltyp, mehr als 50 Jahre bei der Commerzbank, davon zehn Jahre (bis 2018) Aufsichtsratschef. Gilt als Verkörperung und Urheber des „Prinzips Commerzbank“ – und damit auch des Niedergangs: Mit den von ihm vorangetriebenen Übernahmen von Eurohypo und Dresdner Bank übernahm sich das Institut und hat sich seitdem nicht wirklich erholt. Trotz allem bestens vernetzt, als Ehrenvorsitzender nicht weit vom Aufsichtsrat entfernt. Mit ihm würde die Geschichte wieder an ihren Ursprung zurückkehren – und könnte von vorne anfangen.

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