
Frankfurt Bei den Investmentbanken an der Wall Street, aber auch bei der Deutschen Bank, UBS , Credit Suisse und bei Nomura müssen Tausende Mitarbeiter gehen. Mit Erklärungen sind sie schnell bei der Hand: Unternehmen trauen sich in der Schuldenkrise keine Übernahmen oder Börsengänge mehr zu - das drückt die Gewinne und macht die Banker arbeitslos. Doch das gilt nur für die Großbanken. Denn in der Nische blühen kleinere Häuser wie Lazard und Rothschild , die sich auf die Beratung bei Übernahmen und Sanierungen spezialisiert haben. Ihnen geht es noch glänzend, Krise hin oder her.
Denn sie verzichten auf alles, was in schlechten Zeiten wie diesen anfällig ist: Große Kreditfinanzierungen, Gebühren aus Börsengängen und vor allem das Handelsgeschäft, das vom Wohl und Wehe der Finanzmärkte abhängt. Die „Boutiquen“ argumentieren damit, dass sie den Kunden nicht gleich auch den Kredit für die Übernahme verkaufen wollen, wenn sie sie bei einer Transaktion begleiten. „Viele Großbanken versuchen den Hebel über Produkte wie Kredite, Derivate und das Emissionsgeschäft anzusetzen“, sagt Alexander Doll, Co-Chef des Investmentbankings von Lazard in Deutschland. Die Kleinen werfen ihre persönlichen Kontakte in der Waagschale. Vielen Unternehmen engagieren die Rotschilds, Lazards & Co, damit sie den Großen auf die Finger schauen.
Zunehmend würden die reinrassigen Berater aber auch allein mit Transaktionen betraut, berichtet Doll. Das schlägt sich in den Zahlen zum Beratungsgeschäft nieder: Während sich Goldman Sachs im dritten Quartal hier mit einem leichten Plus zufriedengeben musste, legten die Erlöse der US-Investment-Boutique Evercore im dritten Quartal um 40 Prozent zu, bei Lazard stand immerhin ein Plus von 24 Prozent zu Buche. Dort macht das Beratungsgeschäft beachtliche 54 Prozent der Erlöse aus, bei den Großbanken sind es gerade drei bis acht Prozent.
Den Großen wurde zum Verhängnis, dass viele Anleger auf Tauchstation gingen. Im Anleihehandel, aber auch bei Emissionen von Aktien und Anleihen herrscht Flaute. Nicht einmal der robuste Handel mit Devisen und Rohstoffen konnte das wettmachen. Besserung ist nicht in Sicht. Früher konnten die Banker im Eigenhandel noch einiges rausreißen. Doch seit die Regulierer die Zügel angezogen haben, sind die Geldhäuser mehr und mehr von der Gunst der Kundschaft abhängig. Und die erteilt entweder Orders - oder eben nicht. „Es würde mich nicht überraschen, wenn wir bei den Großbanken im nächsten Jahr eine weitere Runde an Stellenstreichungen sehen“, sagt Equinet-Analyst Philipp Häßler.
Alles Probleme, die die Kleinen nicht haben. Deshalb müssen sie auch nicht im großen Stil Mitarbeiter vor die Tür setzen, wenn es mal nicht so gut läuft. Die auf Fusionen in der Energiebranche spezialisierte Evercore kündigte kürzlich sogar an, aggressiv Banker zu rekrutieren. Lazard ist vorsichtiger: „Natürlich müssen wir auch auf die Kosten achten“, sagt Doll. Aber von Entlassungen ist keine Rede. Er baut darauf, dass in nächster Zeit wieder mehr Sanierungen ins Haus stehen. Die Restrukturierung von Firmen ist das zweite Standbein von Lazard.
Und viele Übernahmen oder Börsengänge köcheln leise auf kleiner Flamme weiter. „Derzeit sind eine Reihe auch größerer Transaktionen mit deutscher Beteiligung im Gespräch“, sagt der Investmentbanker. Dazu zählen die für den Herbst geplanten, aber abgesagten Börsengänge von Osram und Evonik . „Man schaut sich unheimlich viel an, aber vieles verläuft im Sand“, sagt Joachim Spill, der das Fusions-Beratungsgeschäft von Ernst & Young in Europa leitet. Doch insgeheim scharren die Unternehmen weiter mit den Hufen: Im Oktober planten nach einer Umfrage von Ernst & Young weltweit 41 Prozent Zukäufe in den nächsten zwölf Monaten - im März waren es erst 38 Prozent.
Deshalb gibt sich auch Analyst Dieter Hein von Fairesearch gelassen: „In den Abgesang auf das Investmentbanking stimme ich trotzdem nicht ein. Es ist völlig normal, dass Banken hier Zyklen ausgesetzt sind.“ Jetzt gelte es eben durchzuhalten und möglichst viel Fett abzuschneiden.