Die Nord/LB zählt seit Langem zu Deutschlands Krisenbanken. Vor vielen Jahren war die Landesbank wegen fauler Schiffskredite in die Bredouille geraten, ihre Eigner mussten sie sogar vor dem Zusammenbruch retten. Seitdem unternimmt das Hannoveraner Geldhaus einen Sanierungsversuch. Ob dieser gelingt? WirtschaftsWoche-Recherchen zeigen jetzt: Es gibt offenbar weiter erhebliche Zweifel an der Nord/LB – ausgerechnet einige ihrer Eigner misstrauen der Sanierung.
Denn: Zahlreiche ostdeutsche Sparkassen haben ihre Anteile an der Landesbank im vergangenen Jahr abgeschrieben, haben also den Wert ihrer Beteiligung reduziert. Das geht aus den Jahresabschlüssen 2021 von Sparkassen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt hervor, die die WirtschaftsWoche ausgewertet hat. Zum Kreis der abschreibenden Sparkassen zählen die Institute in Rostock und Magdeburg. Bereits im Vorjahr hatten zahlreiche Sparkassen aus den beiden ostdeutschen Ländern ihre Anteile abgeschrieben. Die Wertminderungen betreffen die Rettungsgelder, mit denen die Sparkassen die Nord/LB erst 2019 gestützt hatten.
Die Sparkassen aus Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern halten zwar zusammen nur 3,1 Prozent der Nord/LB-Anteile, aber das offensichtliche Unbehagen einiger ihrer Eigner ist für die Landesbank dennoch ein Schlag. Das gilt insbesondere, weil die Ost-Sparkassen in ihren Jahresabschlüssen von einer „voraussichtlich dauerhaften Wertminderung“ der Anteile sprechen. Die Sparkasse Wittenberg bezeichnet ihren Anteil gar „als potenziellen Ausfallbetrag aufgrund einer Expertenschätzung“.
Zudem könnten die Abschreibungen einen Riss im Sparkassen-Lager offenbaren. Die mit knapp zehn Prozent an der Nord/LB beteiligten Sparkassen aus Niedersachsen haben ihre Anteile 2021 offenbar nicht abgeschrieben, nachdem sie sich noch im Vorjahr dazu entschlossen hatten, den Wert ihrer Rettungsgelder ebenfalls zu reduzieren.
Zu den Gründen für die Abschreibungen und den „voraussichtlich dauerhaften Wertminderungen“ wollten sich die Sparkassen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt ebenso wenig äußern wie die Beteiligungsgesellschaften, die für sie die Nord/LB-Anteile halten.
Vorsichtsprinzip bei der Nord/LB
Eine Sprecherin des ostdeutschen Sparkassenverbandes erklärte ohne Bezug zur Nord/LB, die in dem Verband organisierten Sparkassen agierten grundsätzlich „eher vorsichtig“. „Ihre Bilanzpolitik ist eher konservativ und folgt damit einem kaufmännischen Vorsichtsprinzip“, sagte die Sprecherin. Wieso dieses Vorsichtsprinzip bei der Nord/LB angebracht sein könnte, sagte sie nicht. Denn: „Wir äußern uns nicht zur Nord/LB“.
Eine Sprecherin des niedersächsischen Sparkassenverbandes erklärte ebenfalls, „Bewertungsfragen zur Nord/LB werden von uns nicht kommentiert“ – eine erstaunliche Aussage. Im Februar dieses Jahres hatte sich der Präsident des niedersächsischen Sparkassenverbandes, Thomas Mang, noch dazu im Interview mit der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ geäußert.
Er hatte darin erklärt, seine Mitgliedsinstitute würden „für 2021 keine erneute Wertkorrektur auf diese Beteiligung vornehmen“. Und weiter: „Wir bewerten alle unsere Beteiligungen immer sehr vorsichtig, deshalb halten wir die entsprechenden Werte auch niedrig – das haben wir bei der Nord/LB immer schon so gehandhabt“. Aus diesem Grund drückten die Abschreibungen im Vorjahr „kein Misstrauen aus“, sagte Verbandschef Mang damals der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Vielmehr glaubten seine Mitgliedssparkassen, „die neue Ausrichtung der Nord/LB kann – bei allen Mühen und Schwierigkeiten – funktionieren“.
Tatsächlich hatten die niedersächsischen Sparkassen ihre Anteile an der Nord/LB schon einmal abgeschrieben. Die Sparkasse Hannover etwa hatte damit bereits 2012 begonnen, wofür es gute Gründe gab. Die Landesbank litt damals bereits stark unter faulen Schiffskrediten, das Land Niedersachsen hatte kurz zuvor Geld für die Bank bereitgestellt. Als sich die Krise um den Jahreswechsel 2018/2019 zuspitzte, schrieben die niedersächsischen Sparkassen ihre Anteile gar komplett ab, ehe sie Rettungsgelder injizierten. Die Niedersachsen-Institute mussten damals auf einen Schlag Wertverluste von 400 Millionen Euro verdauen. Die „Börsen-Zeitung“ nannte den Vorgang einen „Kraftakt“ und spekulierte, einige Sparkassen könnten deshalb unter verschärfte Aufsicht des niedersächsischen Verbandes geraten.
Die Nord/LB wollte sich zu den Abschreibungen der Ost-Sparkassen nicht äußern.
Die meisten Anteile an dem Geldhaus hält das Land Niedersachsen (56,8 Prozent), zudem sind neben den Sparkassen aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern weitere Sparkassen aus dem gesamten Bundesgebiet, Landesbanken und das Land Sachsen-Anhalt (6,4 Prozent) an der Nord/LB beteiligt.
Als die WirtschaftsWoche im vergangenen Jahr über die Nord/LB-Abschreibungen der Sparkassen berichtete, sorgte das für Aufruhr, etwa in der Landespolitik von Sachsen-Anhalt.
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