Der Ärger mit der Finanzaufsicht BaFin hinterlässt erneut Spuren bei Deutschlands wichtigstem Finanz-Start-up N26: Nach WirtschaftsWoche-Informationen hat die Onlinebank den Start eines Prestige-Projekts verschoben, das diese 2021 verwirklichen wollte. Konkret geht es um einen virtuellen Marktplatz für Finanzprodukte. Das Institut muss zuerst massive Mängel abarbeiten, die die Aufseher jüngst moniert hatten.
Der Finanzmarktplatz sollte der Onlinebank helfen, das Geschäftsmodell massiv zu verbreitern: Andere Finanz-Start-ups sollten daran andocken, um ihre Produkte den N26-Kunden zu offerieren. Mit dem Schritt hätte das Internet-Institut sein überschaubares Produktangebot auf einen Schlag stark ausweiten können und wäre zum Universalanbieter in Gelddingen geworden. Die Berliner offerieren derzeit im Wesentlichen Girokonten, dazu kommen einige wenige Kredit- und Versicherungsprodukte.
Aufsicht schickte N26 gleich zwei Aufpasser
Die Onlinebank braucht dringend neue Produkte, um zusätzliche Kunden in den Märkten zu gewinnen, in denen das Start-up schon aktiv ist. Die ursprüngliche Strategie, Nutzer durch die Expansion in immer neue Länder zu akquirieren, stößt seit Längerem an ihre Grenzen. Erst vor wenigen Wochen musste N26 den Rückzug aus den USA verkünden, die Berliner verlieren dadurch eine halbe Million Kunden. Zuvor hatte das Start-up bereits seinen Abschied aus Großbritannien vollziehen müssen.
N26 hatte 2021 mehrfach Ärger mit der BaFin. Die Aufseher hatten Probleme bei der Geldwäscheabwehr und im Risikomanagement ausgemacht und dem Start-up deshalb gleich zwei Aufpasser geschickt. Sie sollen kontrollieren, ob N26 die Mängel abarbeitet. Zudem beschränkte die BaFin die Zahl der Kunden, die das Institut künftig noch aufnehmen darf. Trotz der offenkundigen Probleme hatte N26 im Herbst frisches Kapital bei Investoren eingesammelt: Die Bank erhielt umgerechnet 800 Millionen Euro, um weiter zu wachsen. Der Unternehmenswert stieg im Zuge der Finanzierungsrunde auf fast acht Milliarden Euro an.
N26 nennt keine Details
Eine N26-Sprecherin sagte, das „Produktteam“ arbeite „weiterhin an der Diversifizierung des Bankingerlebnisses. Hierzu gehört auch die Entwicklung weiterer Produkte sowie das Angebot von Partnerprodukten, welche in der N26-App zusammengeführt werden.“ Beispiele für solche Angebote seien Versicherungen, die Nutzer in der App buchen könnten, und „in Zukunft auch Produkte im Investmentbereich.“ „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir weitere Details zum Launch erst im nächsten Jahr kommunizieren“, sagte die Sprecherin.
N26-Cogründer Valentin Stalf hatte den Finanzmarktplatz Ende 2020 im Podcast von WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli angekündigt. Viele andere junge Finanzfirmen, hatte Stalf erklärt, machten Kunden inzwischen Angebote, die früher nur von Banken offeriert worden sein. „Daher bauen wir nächstes Jahr einen Marktplatz auf, mit dem wir ganz viele der deutschen Start-ups, die tolle Produkte launchen, auch an eine Plattform binden wollen“, sagte Stalf. „Ich glaube, wir sprechen darüber, auf diese Plattform 30 ausgewählte Partner zu bringen, vielleicht einmal 60.“ Als Beispiele für die Angebote von anderen Fintechs nannte er Hypotheken- und Studentenkredite.
Mehr zum Thema: Mit viel Tamtam war N26 einst in den USA gestartet, jetzt stellt die Digitalbank das Geschäft ein. Der Schritt zeigt: N26 wird gehypt – und zwar völlig zu unrecht. Ein Kommentar.