Paydirekt Der Kampf ums Bezahlen im Internet

Paydirekt soll Verbrauchern beim Online-Einkauf eine Alternative zu Lastschrift und Kreditkarte bieten. Doch ein Jahr nach dem Start kommt der Zahldienst der deutschen Banken nur schleppend voran. Im Weihnachtsgeschäft geht es nun ums Ganze.

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Das Logo des Onlinebezahldienst Paydirekt. Quelle: dpa

Wenn in den kommenden Wochen das Weihnachtsgeschäft anläuft, beginnt im Handel die wichtigste Zeit des Jahres. Millionen Deutsche ordern Geschenke - gerne auch im Internet. Dabei eine Rolle spielen will erstmals auch Paydirekt, der gemeinsame Zahldienst der deutschen Banken.

Millionen Kunden sollen mit ihm schnell, einfach und sicher im Internet einkaufen. Nach einmaliger Registrierung können sie in der Regel per Eingabe von Benutzername und Passwort zahlen. Der Vorteil: Die fälligen Beträge werden vom hinterlegten Girokonto abgebucht, die Daten bleiben bei der Hausbank und auf Servern in Deutschland.

Paydirekt soll für Verbraucher eine Alternative zum Kauf per Lastschrift oder Kreditkarte sein - und Banken helfen, im boomenden Online-Handel Kunden zu binden. So dürfte der Umsatz im Internet laut dem Handelsverband HDE dieses Jahr um elf Prozent wachsen, mehr als vier Mal so stark wie der im Einzelhandel insgesamt. Für die Banken hat Paydirekt strategische Bedeutung. Mit dem Dienst wollen sie dem US-Konkurrenten Paypal die Stirn bieten, der schon seit Jahren in Deutschland aktiv ist.

Welche Zahlungsmittel Europäer bevorzugen
Das Geschäft mit dem Versenden von Geld über Smartphone-Apps lockt jetzt auch etablierte Banken an. Die Deutsche Kreditbank (DKB) kooperiert dafür mit dem Startup Cringle. Pro Monat kann ein Nutzer bis zu 100 Euro über die Cringle-App verschicken, abgewickelt wird die Zahlung per Lastschrift von der DKB. Pro Transaktion werden 20 Cent fällig, zum Start wurde die Gebühr auf 10 Cent gekappt. Das neue Angebot trifft bereits auf Wettbewerb im Markt. So bietet der Online-Bezahldienst PayPal seit Juli das Versenden von Geld über seine Smartphone-App in Deutschland an. Für Kunden, die ihren PayPal-Account mit einem deutschen Bankkonto verknüpft haben, ist das Angebot kostenlos, bei Kreditkarten wird eine Gebühr fällig. In vielen europäischen Ländern tun sich moderne Bezahlsysteme jedoch noch so schwer... Quelle: dpa
ÖsterreichOhne Bargeld geht in Österreich gar nichts. 86 Prozent bezahlen an der Kasse in bar, 12 Prozent mit EC-Karte. Eine Kreditkarte kommt nur in einem Prozent der Fälle zum Einsatz. Auf sonstige Alternativen wie Schecks, PayPal, Lastschrifteinzug oder Ähnliches entfällt insgesamt nochmal ein Prozent.Quelle: Deutsche Bundesbank; Europäische Kommission; Deloitte (Stand: 2014) Quelle: dpa
PolenIn Polen werden 80 Prozent der Bezahlvorgänge an der Kasse bar beglichen. Eine EC-Karte nutzen –ähnlich wie in Österreich – 13 Prozent der Bevölkerung. Immerhin werden auch drei Prozent der Bezahlvorgänge durch Kreditkarten abgewickelt. Auf die alternativen Zahlungsmittel entfallen vier Prozent. Quelle: dpa
DeutschlandAuch die Deutschen haben ihr Geld beim bezahlen lieber in fester Form in der Hand – in 79 Prozent der Fälle wird bar bezahlt. Zwölf Prozent der Käufe werden mit der EC-Karte beglichen, weitere sechs Prozent per mit Lastschrifteinzug, Scheck und anderen alternativen Zahlungsmethoden. Quelle: dpa
ItalienZwar ist Bargeld mit 69 Prozent noch immer das beliebteste Zahlungsmittel in Italien, aber auf Platz zwei kommen auch schon alternative Zahlungsmittel mit 17 Prozent. So sind Schecks, Kundenkarten, PayPal und andere Alternativen zusammen genommen bei den Italienern beliebter als die EC-Karte mit neun Prozent und die Kreditkarte mit sechs Prozent. Quelle: dpa
Sagrada Familia Quelle: AP
London Tower Bridge Quelle: dpa

Doch auch wenn die Bundesbank Paydirekt als „sicheres und effizientes Zahlverfahren“ lobte: Ein Jahr nach dem Start kommt es nur schleppend voran. Das liegt auch am holprigen Start. Während Privatbanken wie Deutsche Bank, Commerzbank, Hypovereinsbank (HVB) sowie die Volks- und Raiffeisenbanken von Anfang mitmachten, zögerten die Sparkassen. Die HVB preschte vor und schaltete am Paydirekt am 3. November 2015 frei. Doch um viele Händler für das damalige Weihnachtsgeschäft zu gewinnen, war es zu spät. Die Sparkassen mit ihren vielen Privatkunden folgten erst im April.

„Paydirekt befindet sich immer noch in der Aufbauphase“, sagt Oliver Hommel, Zahlungsverkehrsexperte beim Beratungsunternehmen Accenture. Betrachte man die Marktanteile der Zahlverfahren im deutschen Online-Handel, habe sich seit dem Start des Dienstes wenig verändert.

Nun soll Paydirekt aufholen. „Im Weihnachtsgeschäft wollen wir ein bedeutsamer Anbieter sein“, kündigte Geschäftsführer Niklas Bartelt an. Indes ist der Abstand zu Paypal groß. Die Amerikaner haben hierzulande mehr als 50 000 Online-Händler unter Vertrag und über 16 Millionen Kunden. Paydirekt zählt hingegen nur 750 000 Klienten. Sie können erst bei gut 300 Händlern einkaufen - etwa Süßigkeiten, Koffer und Elektronikartikel. Bekannte Anbieter sind relativ wenige darunter. Das schmale Angebot gilt als große Schwäche.

So digitalisieren Banken ihr Geschäftsmodell

Immerhin kommt Paydirekt nun etwas voran. „25 Top-Händler haben zugesagt, Paydirekt anzubieten“, sagt Bartelt. „Eine signifikante Zahl davon wird zum Weihnachtsgeschäft angeschlossen.“ Unter den neuen Anbietern seien die Fanshops der Fußball-Bundesligisten Mönchengladbach und Köln, die Elektronik-Händler Technikdirekt und Comtech, die Versandapotheke DocMorris sowie der „Bild“-Shop des Axel Springer Verlags. Seit kurzem dabei sei der Fotodienstleister Cewe. „Mit weiteren großen Händlern stehen Gespräche kurz vor dem Abschluss“, sagt Bartelt.

Handelsexperten meinen, Paydirekt habe seine Anlaufschwierigkeiten überwunden. „Die Chancen, dass sich der Dienst etabliert, ist da“, sagt Ulrich Binnebößel vom Handelsverband HDE. Paydirekt müsse aber bei Privatkunden bekannter werden und Händler mit wettbewerbsfähigen Konditionen überzeugen. Auch hier will Bartelt ansetzen: „Anfang Dezember werden wir mit den Banken eine Werbeaktion in Filialen und im Online-Banking starten, um Privatkunden zu gewinnen.“

Zahlungsverkehrsexperte Hommel sieht indes die Voraussetzungen für einen Durchbruch skeptisch. Der Markt für Online-Zahldienste sei sehr gefestigt. So zahlten die Deutschen am liebsten per Rechnung oder Paypal, es folgten Lastschrift und Kreditkarte. „Wenn ein neuer Anbieter nicht einen echten Mehrwert bietet, hat er es schwer, sich durchzusetzen“, sagt er. Zwar habe Paydirekt mit über 50 Millionen Girokonten hierzulande eine große potenzielle Kundenbasis. „Der Dienst braucht aber einen klaren Zusatznutzen und einen langen Atem.“

Derweil nimmt schon ein neuer Trend Fahrt auf - der zum mobilen Bezahlen. Immer mehr große Ketten bieten kontaktlose Kartenzahlungen an der Ladenkasse an, bei niedrigen Beträgen ohne PIN-Code. Und die Technologie-Riesen Samsung, Google und Apple bauen kontaktlose Zahlverfahren via Smartphone auf. „Paydirekt sollte schnell den Sprung zu einem mobilen Verfahren schaffen“, glaubt Hommel.

Geschäftsführer Bartelt will sich nicht drängen lassen. Man arbeite an der Weiterentwicklung in Richtung mobilem Zahlen. „Wir lassen uns aber Zeit, um eine ausgereifte Lösung zu präsentieren.“

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