Personalchef Leithner Der Blitzableiter der Deutschen Bank

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Es geht um Taktieren und Verhandeln

Für Leithner geht es vor allem um Taktieren und Verhandeln, um die Suche nach Kompromissen. Darum, zum richtigen Zeitpunkt das richtige Maß an Transparenz zu schaffen. Nicht immer auf jedem Paragrafen zu bestehen, sondern die Themen möglichst schnell, unauffällig und kostengünstig abzuarbeiten. Die Fähigkeiten, heißt es in der Bank, habe er sich in seiner Zeit als Übernahmeberater antrainiert.

Große Auftritte sind nicht seine Sache

Ganz still und leise geht das nicht immer. Die Altlasten zwingen den Vorstand mitunter ins ungeliebte Scheinwerferlicht. Ende 2012 hat er dort seinen bisher größten Auftritt. Der Finanzausschuss des Bundestags will Licht ins Libor-Dunkel bringen. Eigentlich wollen die Parlamentarier Jain persönlich verhören, der sich aber für nicht zuständig erklärt. Leithner übernimmt. Und erledigt den Auftritt wie erwartet: Seine strahlend blauen Augen blicken durch die randlose Brille, er lächelt freundlich bis verlegen ins Publikum. Und sagt, dass er wenig sagen kann. Weil er wenig sagen darf. "Abgeordnete scheitern an Mauer-Bankern", lauten später die Überschriften.

Stärken und Schwächen der Deutschen Bank

Auftritte vor großem Publikum sind eh nicht so seine Sache, bei Kundenterminen hält er sich gerne an die vorbereiteten Präsentationen. Es ist vor allem die kalte, intellektuelle Brillanz, die Fähigkeit zur absoluten Konzentration, die Klienten beeindruckt. Und Mitarbeitern mitunter Angst macht. Schwächen erkennt er sofort, die Begeisterung der Kollegen in der Investmentbank für Markttrends konnte er nur schwer teilen. "Welche Sau treibt ihr heute wieder durchs Dorf?", habe er immer wieder halb skeptisch, halb spöttisch gefragt, erinnern die sich. Und schenkten ihm zum Geburtstag dafür einmal eine mit Marzipan-Schweinchen verzierte Torte.

Er weiß, dass er klüger ist

Leithner hat es nicht nötig, arrogant aufzutreten, weil er weiß, dass er klüger ist als die meisten seiner Gesprächspartner. Sein leichter österreichischer Akzent lässt ihn leutseliger wirken, als er ist. Dahinter verbirgt sich ein ungemein ehrgeiziger und durchsetzungsfähiger Banker. Als Investmentbanker hielt er am Wochenende morgens und abends im Halbstundentakt Telefonkonferenzen ab, unterbrochen durch ein paar Stunden Freizeit für seine drei Kinder. Den Teilnehmern gab er gerne mal Hausaufgaben bis Montag auf, sodass deren Freizeitplanung ins Wasser fiel.

Dass Leithner nicht nur nett kann und am Ende des Kulturwandels keine Basisdemokratie steht, haben auch die Betriebsräte begriffen. "Er wirkt vielleicht erst mal etwas naiv", sagt ein Arbeitnehmervertreter. Aber in der Sache kann er knallhart sein. So setzte er gegen den Widerstand der Arbeitnehmer das System der "Red Flags", der "Roten Karten" durch. Verstöße gegen die neuen Verhaltensregeln sollen künftig bis hinunter zum Filialmitarbeiter mit Verwarnungen geahndet und gespeichert werden.

Trotzdem sind die Arbeitnehmervertreter mit ihrem Hauptansprechpartner zufrieden. Selbst Skeptiker, so berichten Teilnehmer, waren nach seinem ersten Auftritt in der Betriebsratssitzung angetan. Schon weil er deutlich länger blieb als geplant. "Er hat ein offenes Ohr für uns und sich sehr gut und engagiert in die Personalthemen eingearbeitet. Er ist ein glaubwürdiger Vertreter des Kulturwandels", lobt ihn der Betriebsratsvorsitzende Alfred Herling.

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