Postbank Frühere Aktionäre können auf einen Geldsegen hoffen

Frühere Aktionäre fühlen sich getäuscht und haben auf der letzten Hauptversammlung der Postbank Schadenersatz gefordert. Ihre Chancen stehen nicht schlecht, wie Unterlagen zeigen, die unserer Redaktion vorliegen.

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Postbank Exaktionäre wollen 57 statt 30 Euro je Aktie einklagen. Quelle: imago images

Im kleinen Saal 120 des Kölner Landgerichts geht es an diesem Freitagmorgen immer wieder heiter zu. Lacher provozieren nicht etwa die spröden Details des verhandelten Verfahrens, sondern die Ausführungen eines offenbar mäßig vorbereiteten Anwalts der Großkanzlei Freshfields. Er vertritt die Postbank, und es läuft nicht gut für ihn. Mehrmals belehrt der Richter ihn an diesem frostigen Februartag über Grundlagen des Prozessrechts. „Es geht nicht um Glaubensfragen, sondern um das, was vorgetragen wird. Sonst wären alle Urteile sehr schnell gesprochen“, sagt der Richter. Und: „Ich glaube nicht, dass Sie uns das Verständnis für die Sachlage absprechen können.“ Da freut sich das Publikum.

Dabei geht es in dem Prozess eigentlich um eine ernste Sache – und um viel Geld. Frühere Aktionäre der Postbank haben gegen das Institut geklagt, weil sie sich zu Unrecht rausgedrängt fühlen. Bis Sommer 2015 hatte die Deutsche Bank mehr als 95 Prozent der Postbank-Aktien übernommen. Um das Institut komplett unter ihre Kontrolle zu bringen und von der Börse zu nehmen, zahlte sie den verbliebenen Anteilseignern eine Abfindung von 30 Euro pro Aktie.

Auf der letzten Hauptversammlung der Postbank 2015 beschwerten sich etliche Aktionäre deshalb zum Teil heftig. Einige beließen es nicht bei dabei und verlangen nun Schadensersatz.

Die teuersten Rechtsstreitigkeiten der Deutschen Bank

Ihre Chancen stehen offenbar gar nicht mal so schlecht. Das jedenfalls legen umfangreiche Unterlagen aus dem Prozess nahe, die der WirtschaftsWoche vorliegen. Demnach könnte die Deutsche Bank mit Unterstützung der Post deutlich früher als offiziell verkündet beherrschenden Einfluss auf die Postbank gewonnen haben. Gelingt der Nachweis eines solchen Zusammenspiels („Acting in Concert“), muss die Bank allen Aktionären einen Nachschlag zahlen – addiert wären dies im Extremfall wohl rund 1,5 Milliarden Euro.

Das wäre ein unerwarteter Schlag für die Deutsche Bank, die im Herbst 2008 bei der Postbank eingestiegen war. Drei Tage vor der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers feierte Vorstandschef Josef Ackermann die Transaktion als Meilenstein auf dem Weg zu einer solideren Deutschen Bank. Die Realität jedoch blieb hinter den Versprechungen zurück. Die eher halbherzig betriebene Kooperation beider Institute brachte weder bei den Kosten noch im Vertrieb durchschlagenden Erfolg. 2015 beschloss die Deutsche Bank, sich wieder von der Postbank zu trennen, brach das Projekt aber vor wenigen Wochen mangels Interessenten ab. Nun will sie das Bonner Institut integrieren.

Übernahme in Etappen

Es ist das Finale eines langen Wegs. Auf dessen erster Etappe hatte die Deutsche Bank der Post zunächst etwas weniger als 30 Prozent der Postbank-Aktien abgekauft. Sie blieb bewusst unter dieser Schwelle, weil sie sonst allen Aktionären ein Angebot hätte machen müssen. Gemessen am Durchschnittskurs der vergangenen Monate, hätte das bei ungefähr 57 Euro pro Aktie gelegen. Die Offerte holte die Bank im Oktober 2010 nach. Mittlerweile hatte sich der Aktienkurs der Postbank halbiert, Ackermann musste nur noch 25 Euro pro Aktie bieten.

Vielen Aktionären war das zu wenig. Als Erstes klagte im November 2010 die in Postbank-Aktien investierte Muttergesellschaft des Börsenbriefs „Effecten-Spiegel“. Die Forderung nach einem kräftigen Nachschlag stützte deren Anwalt darauf, dass die Deutsche Bank tatsächlich spätestens seit Anfang 2009 das Sagen bei der Postbank gehabt habe und den anderen Aktionären da schon ein Übernahmeangebot hätte machen müssen – für besagte 57 Euro pro Aktie.

Drohte der Postbank der Kollaps?

Die Anwälte der Deutschen Bank haben das stets bestritten. In einem ersten Schreiben argumentieren sie, dass es mit der Post lediglich Vereinbarungen zum gemeinsamen Vertrieb von Produkten und beim Einkauf, aber „keine Koordination“ und „keinen Einfluss auf die Stimmrechte“ der weiter von der Post gehaltenen Aktien gab. In den ersten Prozessen setzten sie sich damit durch. Doch der Bundesgerichtshof entschied, dass die Frage detailliert geklärt werden muss. Seitdem wird in Köln wieder verhandelt. Entschieden werden soll im Juni.

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