Viele Kunden der Postbank müssen künftig für ihr Girokonto Geld bezahlen. Die größte Privatkundenbank Deutschlands kündigte am Freitag eine Neuausrichtung ihrer Kontolandschaft und ein verändertes Preismodell an. Hintergrund sind die anhaltend niedrigen Zinsen, die auf die Ergebnisse drücken. Das Marktumfeld mache es immer schwerer, mit dem Girokonto Geld zu verdienen, begründete Postbank-Vorstand Susanne Klöß den Schritt. In den vergangenen Monaten hatten bereits einige Banken und Sparkassen Gebühren erhöht.
Erstmals führt die Postbank nun ein Online-Konto mit einer monatlichen Grundgebühr von 1,90 Euro ein. Ein flexibles Konto mit einem Entgelt von 3,90 Euro gibt es für Kunden, die ihre Bankgeschäft sowohl online als auch in Filialen abwickeln wollen. „Es wird bei uns aber nach wie vor ein kostenloses Girokonto geben“, sagte Klöß der Deutschen Presse-Agentur. So bleibt für junge Kunden die Kontoführung ebenso kostenlos wie für Kunden im Komfortkonto und mit einem Geldeingang von mindestens 3000 Euro monatlich. Wer diese Grenze nicht erreicht, aber das „Sorglos-Paket“ bucht, zahlt 9,90 Euro pro Monat.
Dazu will die EU-Kommission Europas Banken verpflichten
Die EU-Kommission will die Banken in der EU zu mehr Service und Transparenz gegenüber den Kunden verpflichten. Außerdem soll jeder EU-Bürger das Recht bekommen, ein Girokonto zu eröffnen.
Der EU-Kommission zufolge leben etwa 30 Millionen EU-Bürger über 18 Jahren ohne Konto - Osteuropa ist besonders betroffen. Allein in Bulgarien und Rumänien hat jeder zweite keinen Zugang zu Bankdienstleistungen - und damit keinen Zugang zum normalen Alltagsleben. In Deutschland geht die Zahl der Menschen ohne Konto nach verschiedenen Schätzungen in die Hunderttausende. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagt, dass den Betroffenen "enorme Mehrkosten" aufgebürdet würden, weil jede Einzahlung Geld koste. Zudem könnten Menschen ohne Konto Geld nur bar empfangen und keine Käufe im Internet tätigen.
Die EU-Kommission hat ihre Hoffnungen auf eine Selbstregulierung der Bankenbranche begraben. Eine unverbindliche Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 2011 zur Einrichtung eines Basiskontos für alle habe kaum Fortschritte gebracht.
Das angestrebte Konto für alle soll ein Guthabenkonto sein, dass nicht überzogen werden kann. Die Banken müssen dann jeden Kunden akzeptieren - unabhängig von dessen Schulden oder Einkommen.
Von den Plänen profitiert praktisch jeder, der ein Girokonto hat oder aber gerne eines hätte. Wer bereits ein Konto besitzt, kann sich künftig über vergleichbare und transparentere Kontogebühren sowie einen vereinfachten Wechsel von Bank zu Bank freuen.
Alle Banken sollen künftig ihre Kunden über die angefallenen Gebühren der vergangenen zwölf Monate informieren. Dazu gehören neben Kontoführungsgebühren auch Überziehungszinsen oder die Portokosten für die Nachsendung von Kontoauszügen. Unabhängigen Online-Vergleichsportale sollen es leichter machen, die Angebote der Geldhäuser zu vergleichen.
Wechselwillige Kontoinhaber sollen in Zukunft nur noch den Vertrag unterschreiben müssen. Die Banken sollen dann binnen zwei Wochen das Guthaben auf das neue Konto überweisen, Daueraufträge übermitteln und das alte Konto auflösen. Bei der Kontoeröffnung im EU-Ausland soll das genauso möglich sein, die Banken sollen dann aber vier Wochen Zeit bekommen, das organisatorische zu klären.
Abgeschafft in der neuen Konto-Struktur der Postbank wird der monatliche Mindesteingang von 1000 Euro, ab dem die Kontoführung bislang gratis gestellt worden war. Postbankkunden, die diese Grenze nicht erreichten, mussten bislang 5,90 Euro zahlen. „Wir werden künftig deshalb eine große Anzahl von Kunden haben, die weniger für die Kontoführung bezahlen“, betonte Klöß.
Die Postbank, derzeit noch eine Tochterfirma der Deutschen Bank und auf dem Sprung an die Börse, hatte vor knapp 20 Jahren erstmals Gratis-Girokonten eingeführt. Das Institut und ihre Tochterfirmen zählen über 14 Millionen Kunden, davon unterhalten mehr als 5 Millionen ein Girokonto.
Die Kontoführung sei immer schon eine Dienstleistung der Bank gewesen, doch durch die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sei ihr die Möglichkeit der Quersubventionierung genommen worden, sagte die Postbankmanagerin weiter. Die Niedrigzinspolitik der EZB hat Banken und Sparkassen in die Bredouille gebracht. Der Leitzins liegt inzwischen bei null Prozent. Parken Banken Geld bei der Notenbank, müssen sie außerdem 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen.