Privatbank Sal. Oppenheim Das Leben der Oppenheims nach dem Absturz

Seite 2/5

Wappennutzung verkauft

Graf Matthias von Krockow Quelle: AP

Der Schmerz über den Verlust sitzt tief, Zerwürfnisse sind offenkundig. Einige Gesellschafter, so ein Wegbegleiter, reden längst nicht mehr miteinander. Die Verbindung der Sippe zur Bank hat die neue Eigentümerin radikal gekappt. Als der seit 2010 amtierende Bankchef Wilhelm von Haller in der vergangenen Woche seinen 60. Geburtstag feierte, beehrte zwar viel Kölner Prominenz das Ereignis. Doch die früheren Oppenheim-Bankiers mussten bis auf wenige Ausnahmen wie Clemens von Wrede alle draußen bleiben.

Von Wrede ist als einziges nicht in die Machenschaften der Ex-Verantwortlichen verstricktes Familienmitglied als Brückenbauer zwischen neuer und alter Bankwelt weiter bei Sal. Oppenheim beschäftigt. Er hält Verbindungen zu besonders vermögenden Altkunden. Selbst das Archiv, das die Geschicke des Instituts und der Familie dokumentiert, gehört nun der Deutschen Bank. Oppenheim-Insider berichten, dass die Familie auch die Nutzung ihres Wappens, das in der Bank viele Kaffeetassen ziert, an die Deutsche Bank verkauft hat.

Institution wie Karneval

Aus erzwungener Entfernung blicken die Ex-Eigentümer mit großem Interesse auf die Entwicklung ihres früheren Besitzes. Denn sie haben mit der Deutschen Bank eine Vereinbarung geschlossen, die ihnen 2014 eine Nachzahlung auf den Kaufpreis in Millionenhöhe in Aussicht stellt. Dazu kommt es jedoch nur, wenn Sal. Oppenheim Gewinne schreibt und nicht zu hohe Verluste aus der Zusammenarbeit mit dem Troisdorfer Immobilienentwickler Josef Esch anfallen. Ob das gelingt, ist fraglich. Und so grummelt es im Clan, werden Vorwürfe gegen die früheren Verantwortlichen laut. Selbst juristische Scharmützel innerhalb der Familie sind nicht mehr auszuschließen.

Auch die feine Kölner Gesellschaft hat den Fall des Hauses Oppenheim noch nicht verkraftet. Die Bank war dort eine Institution wie Karneval und Dom. Als Wohltäter waren die Oppenheims ihrer Heimatstadt eng verbunden. Der Bau der ersten Eisenbahnlinien, die Entstehung des Botanischen Gartens und des Zoos gehen auf Initiativen der Oppenheims zurück. Auch bei der Gründung des Dombau-Vereins 1842 und beim Wiederaufbau der Universität nach dem Zweiten Weltkrieg war die Familie dabei. Dem Wallraf-Richartz-Museum schenkte sie Gemälde. Noch vor fünf Jahren schien es unvorstellbar, dass diese Beziehung einmal zu Ende gehen könnte.

Sal. Oppenheim

Missliche finanzielle Lage

Ex-Bankchef von Krockow zählt zu denen, die die Pleite am schwersten getroffen hat. Wo man auch hinhört, wird seine finanzielle Lage als misslich eingeschätzt. Denn er ging, so heißt es, tatsächlich mit gutem Beispiel voran und investierte einen Großteil seines Vermögens in geschlossene Fonds, die Sal. Oppenheim gemeinsam mit dem Immobilienentwickler Esch aufgelegt hatte. Für diese nahm auch er Kredite bei dem Institut auf, zudem bürgte er für Darlehen an die Quelle-Erbin und Oppenheim-Kundin Madeleine Schickedanz. Die Höhe der Verbindlichkeiten, so heißt es im Umfeld der Bank, dürfte sein Vermögen deutlich übersteigen.

Gelegentlich sehen ihn alte Bekannte noch in Frankfurter oder Kölner Restaurants mit einem seiner wenigen verbliebenen Vertrauten speisen, doch das gesellschaftliche Leben findet längst ohne den Fast-zwei-Meter-Mann statt. Im Förderkreis des Vereins Brühler Schlosskonzerte etwa hat ihn sein Nachfolger von Haller ersetzt. Und mit dem Aufsichtsratsvorsitz bei Fiat Deutschland hat der 63-Jährige, wie das Unternehmen bestätigt, im Februar sein letztes Amt aufgegeben.

"Gespenstische Auftritte"

In der Bank, für die er 25 Jahre arbeitete und die er mehr als ein Jahrzehnt führte, taucht von Krockow schon lange nicht mehr auf. Sein Büro durfte er nach der Übernahme nur wenige Wochen behalten, gelegentlich schaute er später noch als Kunde vorbei. Ein Mitarbeiter spricht von „gespenstischen Auftritten“. Die adligen Ex-Eigentümer der Bank, in deren Kreis von Krockow durch die Heirat mit Ilona Baronin von Ullmann aufrückte, gehen auf Distanz. In der Kirche blieben bei der Beerdigung von Krockows Mutter viele Plätze frei, es kamen kaum Angehörige der Stämme Ullmann und Oppenheim sowie der ehemaligen Miteigner Pferdmenges, Strasoldo und von Wrede.

Dabei steht von Krockow und anderen früheren Top-Managern die schwerste Demütigung noch bevor. Kurz vor Weihnachten 2011 erreichte sie die erste Anklage der Kölner Staatsanwaltschaft. Für die Betroffenen war das ein Schock. Bis dahin hätten sie den Verlust der Bank zwar bedauert, sich aber schuldlos gefühlt. „Sie haben die Realität völlig verleugnet“, sagt selbst ein Vertrauter von Krockows. Inzwischen gibt es noch eine weitere Anklage, und in Justizkreisen gilt als sicher, dass es nicht dabei bleiben wird. Gefängnis statt Luxusvilla? Viele Beobachter gehen davon aus, dass der bisherige Niedergang nur eine Teilstrecke auf dem Weg nach unten ist.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%