Razzia erhöht den Druck Deutsche-Bank-Aktie auf Rekordtief

Die Razzia bei der Deutschen Bank wurde am Freitag fortgesetzt. Quelle: AP

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt setzte ihre Razzia bei der Deutschen Bank am Freitag fort. Sowohl der aktuelle Vorstand als auch die Aktie geraten immer mehr unter Druck.

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Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat ihre Razzia bei der Deutschen Bank auch am Freitag fortgesetzt. Wegen des Umfangs des Materials konnten die Durchsuchungen wegen des Verdachts der Geldwäsche im Zusammenhang mit den „Panama Papers“ am Donnerstag nicht abgeschlossen werden, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt sagte. Da sich die Ermittlungen auf Vorfälle zwischen 2013 und dem laufenden Jahr beziehen, gerät auch das aktuelle Management unter Druck. Einem Insider zufolge wurden unter anderem die Büros sämtlicher Vorstände durchsucht. Die Aktie der Deutschen Bank setzte ihre Talfahrt fort und fiel zeitweise um 3,7 Prozent auf ein Rekordtief von 7,99 Euro. Die Finanzaufsicht Bafin wehrte sich gegen den Vorwurf, sie habe bei der Überwachung des größten deutschen Geldhauses versagt.

Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass Mitarbeiter der Deutschen Bank Kunden halfen, Offshore-Gesellschaften in Steuerparadiesen zu gründen. Dabei sollen Gelder aus Straftaten auf Konten der Deutschen Bank transferiert worden sein, ohne dass das Institut Geldwäscheverdachtsanzeigen erstattet habe. Deshalb hatten bereits am Donnerstag rund 170 Beamte der Staatsanwaltschaft, des Bundeskriminalamts, der Steuerfahndung und der Bundespolizei die Konzernzentrale und weitere Gebäude in Frankfurt und Umgebung durchsucht. Am Freitag war das Polizeiaufgebot vor den Doppeltürmen der Bank deutlich geringer als am Donnerstag. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass sich die Durchsuchung auch auf Vorstandsetagen erstreckte, äußerte sich aber nicht zu Details.

Die Ermittlungen kämen dabei rasch voran, erklärte der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankfurt, Albrecht Schreiber, am Freitag in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem Geldhaus. „Die Deutsche Bank kooperiert umfassend.“ Die Anfragen der Ermittlungsbehörden würden vorbehaltlos beantwortet. „Wir werden die Ermittlungen selbstverständlich weiter aktiv unterstützen und mit den Behörden konstruktiv zusammenarbeiten“, sagte der Rechtsvorstand der Deutschen Bank, Karl von Rohr.

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Die Deutsche Bank, die nach der Bewältigung zahlreicher teurer Skandale eigentlich nach vorne schauen wollte, kämpft nun mit einem Vorgang aus der jüngsten Vergangenheit. „Besonders irritierend ist, dass die Ereignisse zeitlich nicht sehr weit zurückliegen und auch in die Verantwortung heutiger Vorstandsmitglieder fallen“, sagte der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick. „Es geht hier also nicht um Altlasten.“

Durch die Razzia steigt der Druck auf Regulierungs-Vorständin Sylvie Matherat, die schon vor dem Fall in der Kritik stand. Matherat sitzt seit 2015 im Vorstand der Bank und soll die Kontrollmechanismen der Bank auf Vordermann bringen. Doch immer wieder bemängelten die Aufseher die unzureichenden Fortschritte des Geldhauses. Erst im September hatte die BaFin einen eigenen Aufpasser direkt im Institut installiert, weil sie mit den Vorkehrungen der Bank gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unzufrieden war – ein bis dato einmaliger Vorgang. Zuletzt war in einem Medienbericht über Matherats vorzeitige Ablösung spekuliert worden.

Auch am neuen Konzernchef Christian Sewing gehen die Ereignisse nicht spurlos vorbei. Sewing leitete vor seinem Amtsantritt im April fast drei Jahre lang das Privatkundengeschäft inklusive des Geschäfts mit vermögenden Privatkunden (Wealth Management). Davor hatte er als Leiter der Konzernrevision dafür zu sorgen, dass die internen Prozesse der Bank funktionieren.

Der Aufsichtsrat will am Dienstag zu einer regulären Sitzung zusammenkommen. Trotz der Razzia sei bislang kein vorgezogenes Treffen eines Ausschusses absehbar, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Das könne sich aber ändern.

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Politiker kritisierten auch die Finanzaufsicht. „Trotz Sonderprüfungen scheinen der BaFin die Vorfälle, die jetzt zur Razzia führten, nicht aufgefallen zu sein“, sagte Schick. Die Behörde wies die Vorwürfe zurück. „Es gibt hier eine klare Aufgabenteilung zwischen Aufsicht und Strafverfolgung, mit deren Vertretern wir selbstverständlich eng kooperieren“, sagte ein Bafin-Sprecher.

Die Bundesregierung betonte angesichts der Razzia bei der Deutschen Bank die Notwendigkeit des Kampfes gegen die Geldwäsche, äußerte sich aber nicht zum konkreten Fall. „Geldwäsche ist ein krimineller Akt“, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums am Freitag. Dieses Thema werde von der Regierung in Verbindung mit internationalen Partnern seit geraumer Zeit vorangetrieben.

Die Strafverfolger stützen sich bei ihren Ermittlungen auf Daten aus den sogenannten „Offshore-Leaks“ und „Panama Papers“. Bei letzteren handelt es sich um vertrauliche Unterlagen, die ein internationales Recherchenetzwerk im Frühjahr 2016 aufgedeckt hatte. Darin wurde enthüllt, wie Politiker, Sportfunktionäre, Milliardäre, Prominente und Kriminelle weltweit von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründete Briefkastenfirmen nutzen, um Steuern in ihren Heimatländern zu umgehen. Seit Sommer 2017 wertet das Bundeskriminalamt (BKA) die Dokumente aus.

Die Deutsche Bank wollte sich am Freitag nicht zu der Durchsuchung äußern. Am Donnerstag hatte ein Banksprecher gesagt, das Institut sei der Ansicht gewesen, dass den Behörden längst alle relevanten Informationen zu den „Panama Papers“ bereitgestellt worden seien. „Selbstverständlich werden wir eng mit der Staatsanwaltschaft in Frankfurt kooperieren, da auch uns daran gelegen ist, alle Verdachtsmomente aufzuklären.“

Ausgerechnet während der Durchsuchung am Donnerstag war Fed-Vizechef Randal Quarles zu Besuch bei Sewing, wie ein Fed-Sprecher bestätigte. Quarles, der bei der Fed für die Bankenregulierung zuständig ist, sei zu einem offiziellen Besuch in Frankfurt gewesen, um sich mit Aufsehern und Banken zu treffen, die in den USA aktiv sind. Das Treffen mit Sewing sei schon länger vereinbart gewesen und habe nichts mit der Razzia zu tun gehabt, sagte der Fed-Sprecher.

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