Regeln für Wertpapiergeschäfte Commerzbank: „Die Kunden lehnen die Mifid ab“

Die Büros in der Zentrale der Commerzbank sind nach Sonnenuntergang beleuchtet. Quelle: dpa

Die Regeln mit dem sperrigen Namen „Mifid II“ sollen Anleger bei Wertpapiergeschäften besser schützen. Doch die Commerzbank zieht nach einem Jahr eine verheerende Bilanz.

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Commerzbank-Privatkundenchef Michael Mandel fordert eine Überarbeitung der seit einem Jahr geltenden Regeln für Wertpapiergeschäfte („Mifid II“). „Die Kunden lehnen die Mifid ab – und die Beratung ist durch das Regelwerk nicht besser geworden“, stellte Mandel im Gespräch mit den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX in Frankfurt fest. „Wir müssen zusehen, dass wir die Prozesse deutlich verbraucher- und kundenfreundlicher machen. Da besteht dringender Handlungsbedarf. Wir als Banken müssen dazu eine Diskussion mit den Regulatoren und Aufsehern führen.“

Die Regeln gelten in Deutschland seit dem 3. Januar 2018. „Mifid II“ ist die Kurzbezeichnung für eine EU-Richtlinie („Markets in Financial Instruments Directive“). Hauptziele sind Anlegerschutz und mehr Transparenz in den Märkten. Als Lehre aus der Finanzkrise 2007/2008 soll etwa der Turbohandel an der Börse stärker überwacht werden. Auch soll verhindert werden, dass Anlegern riskante Produkte verkauft werden, ohne sie ausreichend über mögliche Risiken aufzuklären.

Die neuen Vorgaben regeln unter anderem, dass jedes Telefonat eines Kunden mit einem Wertpapierberater einer Bank aufgezeichnet und für mindestens fünf Jahre archiviert wird. Im Falle möglicher Rechtsstreitigkeiten soll sich so leichter nachvollziehen lassen, ob der Berater ausreichend über Risiken aufgeklärt hat. Zudem erhalten Kunden seither vor der Entscheidung für ein Finanzprodukt eine genaue Aufstellung, wie viel sie das Produkt kostet.

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„Die Menschen in Deutschland haben Mifid abgewählt. Die Kunden verstehen nicht, was wir da beim Thema Anlageberatung regulatorisch machen müssen“, sagte Mandel. „Kunden versuchen alles, um die Mifid-Regulatorik zu umgehen.“ Die Commerzbank verzeichne fast 40 Prozent weniger Beratungsorders und etwa 60 Prozent weniger Telefonorders – bei insgesamt gleichbleibender Anzahl von Wertpapieraufträgen. „Viele Kunden suchen sich andere Wege, um Aufträge aufzugeben – zum Beispiel Online. Oder sie gehen in die Vermögensverwaltung“, schilderte Mandel.
„Es braucht Regulatorik, es braucht Verbraucherschutz. Aber auch Verbraucherschutz muss differenzieren“, betonte Mandel. „Es ist falsch, per se von Kunden auszugehen, die sich noch nie mit Wertpapieren beschäftigt haben.“

Viele Anleger schreckten die neuen Regeln eher ab – und das in einer Zeit, in der es auf dem Sparbuch keine Zinsen mehr gibt und die Wertpapierkultur gefördert werden müsste. Ziel müsse sein, Kunden besser über das Thema Wertpapiere aufzuklären, mahnte Mandel. „Angenommen, die Niedrigzinsphase würde noch Jahre anhalten, dann würden Kunden ansonsten durch ihr heutiges Anlageverhalten Milliarden an Kaufkraft verlieren.“

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