Er und die anderen haben verdammt viel falsch gemacht, meinen jedenfalls die Staatsanwälte. Der Prozess konzentriert sich derzeit auf zwei Fehler aus dem Jahr 2008: eine zweifelhafte Immobilientransaktion in Frankfurt und den ebenso zweifelhaften Einstieg beim später in Arcandor umbenannten Karstadt-Konzern, den ihre damaligen Stammkunden Madeleine Schickedanz und Thomas Middelhoff regierten.
Gegen das adlige Bankdoppel laufen aber noch rund 20 weitere Ermittlungsverfahren, heißt es in Justizkreisen. Weitere Anklagen sind möglich.
Die fünf Angeklagten im Sal. Oppenheim-Prozess
... ist mit den Oppenheims verschwägert und war seit 1998 der Sprecher der vier persönlich haftenden Gesellschafter - und somit eine Art Vorstandschef. Kurz vor der Übernahme von Sal. Oppenheim durch die Deutsche Bank schied er 2009 aus. Seinem Anwalt zufolge übernimmt er im unternehmerischen Sinne die Verantwortung für seine Entscheidungen, sieht aber keine strafrechtliche Relevanz. Durch die Beinahe-Pleite habe auch er selbst den Großteil seines eigenen Vermögens verloren.
... war ebenfalls persönlich haftender Gesellschafter. Der frühere Wirtschaftsprüfer kam 2002 zu Sal. Oppenheim, war ab 2004 für das Risikomanagement verantwortlich. Vier Jahre später wurde er vorübergehend Aufsichtsratschef beim später pleitegegangenen Karstadt-Mutterkonzern Arcandor. Im Strafprozess hat er sich als einen erst spät Hinzugekommenen „ohne Führungsanspruch“ dargestellt. Im Nachhinein werte er seinen Wechsel zu Sal. Oppenheim als „Fehler“.
... war Chef des Investmentbankings. In den Krisenjahren machte das Investmentgeschäft Riesenverluste. Auch er hat im Strafverfahren seine Rolle als eher klein dargestellt.
... war der Namensträger im früheren Topmanagement, er ist Ururururenkel des Bankengründers. CvO war zuständig für das exklusive Privatkunden-Geschäft. Er wollte das Geldhaus in Krisenzeiten radikal verkleinern, um die Unabhängigkeit zu wahren. Das dafür nötige Kapital fehlte aber. Janssen und Pfundt sagten im Strafprozess aus, die eigentliche Macht habe bei CvO und dem Grafen gelegen. Doch von Oppenheim selbst sah sich nach eigener Aussage zunehmend von Entscheidungsprozessen abgeschnitten.
... ist ein Immobilienunternehmer aus Troisdorf bei Bonn. Zusammen mit der Bank legte der gelernte Maurerpolier Dutzende Fonds auf. Im Prozess präsentierte er sich als Außenstehender, der in die inneren Bankvorgänge nicht einbezogen gewesen sei. Dagegen schilderten ihn Zeugen wie der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff und die Großaktionärin Madeleine Schickedanz als zentralen Entscheidungsträger.
Die Banker sollen ein Gebäude in Köln zu teuer gekauft und für den Bauauftrag der neuen Zentrale in Luxemburg zu viel gezahlt haben. Angeblich statteten sie den von ihnen 2009 an der Arcandor-Spitze abgelösten Middelhoff mit einem viel zu üppigen Beratervertrag aus und dessen Nachfolger Karl-Gerhard Eick mit einer zu hohen Antrittsprämie. Außerdem sollen sie die ihnen damals gehörende BHF-Bank gedrängt haben, ihnen mit einem Notkredit aus der Patsche zu helfen. Fragwürdig sind zudem Kredite, die sie günstig und in großem Stil bei ihrer eigenen Bank aufnahmen. Es geht da immer um Untreue zulasten des ihnen anvertrauten Instituts.
Schwerreiche Kunden fühlen sich betrogen
Auch rund zehn Kunden, die die Bank einst mit Jagdgesellschaften und Poloturnieren umschmeichelte, haben ihre einstigen Vermögensverwalter angezeigt. Es sind die richtig Reichen, nur sie durften in die rund 70 Immobilienfonds einzahlen, die Sal. Oppenheim mit dem Bauunternehmer Esch aufgelegt hatte. Die Beteiligungen versprachen hohe Renditen, und da sie die Anleger mit Krediten finanzierten, konnten sie noch Steuern sparen. Etliche Fonds laufen schlecht, die Kunden fühlen sich betrogen.
Rund ein Dutzend Kunden wollen deshalb Geld zurück, auf maximal 1,1 Milliarden Euro beziffert die Deutsche Bank die Forderungen in ihrem Geschäftsbericht. Ob die Kläger damit durchdringen, ist offen, die Gerichte haben unterschiedlich entschieden.
Mit den Fonds wuchs Eschs Einfluss
Esch, immer wieder Esch, der Name ist aufs Innigste mit dem Niedergang der Bank verbunden. Die Beziehung zu dem gelernten Maurer begann noch zu der Zeit, als Alfred von Oppenheim und der frühere Bundesbank-Chef Karl Otto Pöhl in der Bank das Sagen hatten. Sie legten gemeinsam einen ersten Fonds auf, einen zweiten und dann immer mehr. Mit dem wachsenden Fondsgeschäft wuchs auch der Einfluss Eschs im Bankhaus. Vor allem mit von Krockow war er aufs Allerengste verbunden, die beiden waren Freunde fürs Leben und noch mehr: Schon 1993 erteilte der Banker dem Bauunternehmer eine Generalvollmacht, die sogar über seinen Tod hinaus gelten sollte.
Dieser Esch sitzt vor Gericht jetzt in der hintersten Bank, stabil und stramm, er nimmt immer mal wieder einen kräftigen Schluck Cola Light, die man ihm nicht ansieht, der Anzug spannt, eine tiefe Nackenfalte teilt den kahlen Schädel. Ihm haben sie alle vertraut, die Milliardäre und auch der alte Adel, neben von Krockow stellten sein Schwager Georg Baron von Ullmann und dessen Mutter Karin dem ehemaligen Polier umfassende Vollmachten aus.