Sal. Oppenheim-Prozess Schickedanz fordert Milliarden

Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz verlor durch die Insolvenz von Arcandor fast ihr gesamtes Vermögen. Sie fordert Schadenersatz. Ihr Ehemann Leo Herl erhebt Vorwürfe gegen Ex-Verantwortliche der Bank Sal. Oppenheim.

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Deutschlands traditionsreichste Privatbanken
Mit ihrem Geld wurden Könige gewählt und Kriege finanziert. Privatbankiers haben zum Teil schon vor 500 Jahren große Vermögen verwaltet. Heute kümmern sich die exklusiven Geldhäuser hauptsächlich um die Gelder von betuchten Privatkunden. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Zahl der unabhängigen Institute in Deutschland von über 1300 auf rund ein Dutzend zurückgegangen. Und mit der Notübernahme von Sal. Oppenheim durch die Deutsche Bank verliert das prominenteste und finanzstärkste private Institut in Deutschland seine Unabhängigkeit. Foto: PR
Sal. OppenheimMit 40 000 Talern in bar und 50 000 Talern in Wertpapieren gründete der 17-jährige Salomon Oppenheim Jr. im Jahr 1789 ein Kommissions- und Wechselhaus in Bonn. 220 Jahre und zwei Umzüge später sitzt die Privatbank nun in Luxemburg und beschäftigt rund 4300 Mitarbeiter. Mit einer Bilanzsumme von 41,4 Milliarden Euro (Stand November 2009) zählt sie zu den größten unabhängigen Privatbanken Europas. Im Jahr 2008 schrieb die Bank zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg rote Zahlen. Foto: PR
Berenberg-BankUm ihr Vermögen müssen die persönlich haftenden Gesellschafter der Berenberg Bank nicht bangen: Eine Eigenkapitalrendite von 45,3 Prozent und ein Überschuss von 62 Millionen Euro im vergangenen Jahr (2010) dürfte sie ruhig schlafen lassen. Die Berenberg Bank nennt sich selbst die älteste Privatbank Deutschlands. Sie ging aus einem familiengeführten Hamburger Handelshaus hervor, das 1590 gegründet wurde. Sie verfügt über eine Bilanzsumme von 3,2 Milliarden Euro (2010) und verwaltet über 25 Mrd. Euro. Ende 2010 beschäftigte die "Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG" 977 Mitarbeiter an 17 Standorten. Größte Gesellschafter sind die Familie sowie die persönlich haftenden Gesellschafter. Foto: PR
Hauck & Aufhäuser PrivatbankiersKnapp acht Prozent von Hauck & Aufhäuser gehören dem Kuwaitischen Königshaus. Die Gründerfamilie Hauck hält ebenfalls ein Aktienpaket, rund 80 Prozent der Anteile sind im Besitz privater Unternehmerfamilien. Der Bilanzgewinn lag 2010 bei 9,1 Millionen Euro, die Bilanzsumme betrug 3,2 Milliarden Euro. Hauck & Aufhäuser beschäftigt derzeit rund 600 Mitarbeiter. Foto: PR
Bankhaus LampeDas Motto des Bankhaus Lampe lautet "Für Wenige Besonderes leisten". Dem bleibt die Bank auch treu: Wenige, dafür wohlhabende Kunden bilden das Klientel. Gegründet wurde das heute in Bielefeld ansässige Unternehmen 1852 in Minden. Mittlerweile hat das Bankhaus Lampe 580 Mitarbeiter an 12 Standorten, darunter Dresden, Hamburg, Berlin und München. Hatte das Institut 2007 noch 24 Millionen Euro Jahresüberschuss, schrieb es 2008 zwölf Millionen Euro Verluste. Foto: PR
Fürstlich Castell'sche Bank, Credit-Casse AGDie älteste Bank Bayerns wurde 1774 als "Gräflich Castell-Remlingen´sche Landes-Kredit-Casse" gegründet. Nach der Erhebung in den Fürstenstand und der Übernahme einer anderen Castell`schen Bank heißt das Institut heute "Fürstlich Castell´sche Bank, Credit-Casse". Der Hauptsitz ist mittlerweile in Würzburg. Die Bank befindet sich im alleinigen Besitz der Fürstenhäuser Castell-Rüdenhausen und Castell-Castell. Die Bilanzsumme liegt bei 1,1 Milliarden Euro (Stand November 2009). Beschäftigt werden 270 Mitarbeiter in 15 Filialen. Foto: PR
Merkur-BankDie Merkur-Bank engagierte sich in den 90er-Jahren in der Republik Mosambik, was ihrem damaligen Vorsitzenden Siegfried Lingel den Titel Honorarkonsul von Mosambik einbrachte. Gegründet wurde die Bank 1959 von Zanwel Horowicz zusammen mit seiner Frau und seinem Bruder. 1986 stieg dann eine Investorengruppe um Siegfried Lingel ein. Der Bilanzgewinn sank im Jahr 2008 auf 282 000 Euro im Vergleich zu 956 000 Euro in 2007. Foto: PR

Im Schadenersatzprozess von Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz hat ihr Ehemann Leo Herl Vorwürfe gegen ihren Ex-Vermögensberater Josef Esch und ehemalige Verantwortliche der Bank Sal. Oppenheim erhoben. Vor dem Kölner Landgericht sagte Herl als Zeuge, Schickedanz habe schon 2004 deutlich gemacht, dass sie ihren Aktienanteil am Handelsriesen KarstadtQuelle nicht weiter aufstocken wolle.

Daraufhin sei ihr später eine „Strohfrau-Konstruktion“ angeboten worden. Aus KarstadtQuelle wurde 2007 Arcandor, der Konzern ging 2009 Pleite - und Schickedanz verlor nach ihren Angaben fast ihr gesamtes Vermögen.

Herl (71) war mehrere Jahre Aufsichtsratsmitglied im Arcandor-Konzern. Seine Frau, Ex-Milliardärin, fordert in einem der größten Schadenersatzprozesse der deutschen Justizgeschichte insgesamt 1,9 Milliarden Euro von 14 Beklagten - darunter von Esch, ihrer damaligen Hausbank und deren Ex-Führung.

Zu Prozessbeginn Ende 2012 hatte ihr Anwalt vorgetragen, die Beklagten hätten Schickedanz' Milliardenvermögen gegen ihren Willen riskant angelegt und verschleudert. Die Beklagten weisen die Vorwürfe zurück und fordern, die Schickedanz-Klage solle abgewiesen werden. Der Vorsitzende Richter Stefan Singbartl hatte zu Prozessbeginn im Dezember 2012 durchblicken lassen, die Argumentation der Klägerin erscheine ihm nicht sehr überzeugend.

Die Geschichte von Sal. Oppenheim

Herl stellte Esch als treibende Kraft dar, aber auch den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, der am kommenden Montag in Köln als Zeuge aussagen soll. Er glaube, der Vorschlag sei gemeinsam von Esch und Middelhoff gekommen, Schickedanz solle als Strohfrau zusätzliche Aktien erwerben, aber tatsächlich nur ihren Namen dafür geben, sagte Herl. Sal. Oppenheim als ihre damalige Hausbank werde den Kauf finanzieren und Schickedanz kein Risiko tragen, so gab Herl den angeblichen Deal wieder.

Esch habe ihnen diesen Vorschlag unterbreitet und sie seien davon ausgegangen, dass das mit der Bank abgestimmt sei, schilderte Herl als erster Zeuge in der am Dienstag begonnenen Beweisaufnahme. Die Strohfrau-Abmachung, dass die Großaktionärin also „nicht auf eigene Rechnung“ und „nicht auf eigene Gefahr“ agiere, finde sich auch in dem sogenannten „Rotterdam Papier“ wieder, also schriftlich, erklärte Herl. Esch habe ihnen beiden, Herl und Schickedanz, dieses Dokument am 3. April 2005 am Flughafen Rotterdam zur Unterschrift vorgelegt.

Nach Herls Aussage war es 2004/2005 Ziel von einigen der Beklagten, durch zusätzliche Aktienkäufe die Mehrheit bei KarstadtQuelle zu erlangen, dann den restlichen Aktionären ein Übernahmeangebot zu machen und eine neue Gesellschaft zu gründen.

Schickedanz sollte Herl zufolge mit 30 Prozent an einem Mehrerlös beteiligt werden. Ursprünglich habe sich seine Frau ganz aus KarstadtQuelle zurückziehen und alle Aktien verkaufen wollen - und auf einen Erlös von 500 Millionen Euro gehofft.

Im März 2014 hatte Herl in Köln bereits als Zeuge in einem Strafprozess ausgesagt: Das frühere Bank-Führungsquartett und Esch müssen sich dort teils wegen Untreue, teils wegen Beihilfe dazu verantworten. Alle fünf weisen die Vorwürfe zurück. Damals hatte Herl ebenfalls betont, seine Frau habe ihre Arcandor-Aktien lange vor der Insolvenz verkaufen wollen.

Schickedanz selbst hatte als Zeugin in dem Strafverfahren gesagt, sie sei von früheren Bank-Verantwortlichen und Esch getäuscht und fehlgeleitet worden. Am Dienstag erschien Madeleine Schickedanz nicht vor Gericht.

Schickedanz hatte auch mittels Darlehen von Sal. Oppenheim immer wieder Geld in KarstadtQuelle/Arcandor gesteckt. Die einst größte europäische Privatbank Sal. Oppenheim stand 2009 ebenfalls vor dem Ruin und ist jetzt - stark verkleinert - eine Deutsche-Bank-Tochter.

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