




Erst die Milliardenstrafe für die französische Großbank BNP Paribas, jetzt Millionenforderungen gegen die deutsche Commerzbank: Amerikas Finanzaufseher machen Jagd auf europäische Banken und heften sich teure Skalps an den Gürtel. Während Europas Wirtschaftsvertreter vor amerikanischen Attacken auf das deutsche Finanzsystem warnen, dürfte die Mehrheit der krisengebeutelten deutsche Sparer und Steuerzahler heimlichen Applaus für die Wall-Street-Sheriffs spenden.
Der Tenor: Endlich räumt mal jemand richtig bei den Banken auf, denn sie haben uns die Krise eingebrockt. Vor dem Hintergrund der jüngsten Freisprüche für die Pleitebanker der HSH Nordbank, Landesbank von Hamburg und Schleswig Holstein, wirkt das kompromisslose Vorgehen der US-Behörden gegen Finanzsünder auf den ersten Blick erfrischend.
Nur leider hat die amerikanische Taktik nichts mit Gerechtigkeit zu tun. So steht die Commerzbank deshalb am Pranger, weil sie, soweit man bisher weiß, normale Geldgeschäfte für internationale Firmenkunden abgewickelt hat. Allerdings: Die Kunden saßen in mit den USA verfeindeten Staaten wie dem Iran oder hatten dorthin Geschäftsbeziehungen. Daher hat die Commerzbank laut Vorwürfen der US-Behörden das über diese Länder verhängte amerikanische Wirtschaftsembargo unterlaufen.
Natürlich müssen sich auch europäische Banken an amerikanische Gesetzte halten, wenn sie dort Tochterfirmen betreiben und ihre Zulassung nicht verlieren wollen. Doch ob die Vorwürfe der Behörden auch vor Gericht Bestand hätten, ist nicht klar. Denn offensichtlich ist es den Finanzaufsehern lieber, mit teuren Vergleichen hohe Summen zu kassieren, statt den mühsamen Weg durch die Instanzen zu beschreiten. Die Drohkulisse langwieriger zermürbender Prozesse mit ungewissem Ausgang treibt die Zahlungsbereitschaft der betroffenen Banken in die Höhe.
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Die kleine, aber feine Schweizer Privatbank Wegelin brach sogar zusammen, weil sie eine 74-Millionen-Dollar-Forderung der US-Aufseher begleichen musste. Die BNP Paribas dagegen kann offenbar trotz der astronomischen Dimension ihrer Strafzahlung weiter machen.
Auch der Commerzbank wird die im Raum stehende Strafzahlung nicht das Genick brechen. Aber wegen der knappen Gewinne und Rückstellungen wird der voraussichtliche Aufwand die Geschäftszahlen deutlich nach unten drücken. Derzeit werden für die Commerzbank Strafsummen in der Bandbreite von 500 bis 800 Millionen Dollar aufgerufen.
So werden geschickt Verhandlungspositionen für einen lukrativen Vergleich und weiteres Entgegenkommen aufgebaut. Von Mitarbeitern, die für die betroffenen Geschäfte verantwortlich waren, soll sich die Bank zwischenzeitlich schon getrennt haben, zudem könnte sie einen ständigen Aufpasser ins Haus geschickt bekommen.
Diesen hohen Druck können deutsche Finanzaufseher gar nicht erst aufbauen. Ihnen fehlt die Kompetenz, strafrechtlich bei den Banken zu ermitteln. Dafür müssen sie erst Staatsanwälte einschalten, wobei oft Zeit und Wissen verloren geht. Wenn Banker dann tatsächlich mal vor dem Strafrichter stehen, wie gerade im Fall HSH Nordbank, prüfen Juristen jeden Vorwurf akribisch. Der Ausgang lässt juristische Laien ungläubig staunen: Ja, die Angeklagten haben Verfehlungen begangen, aber nein, das Versagen war nicht gravierend genug für eine Verurteilung. Auch Gerechtigkeit kann manchmal wehtun.