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Skandalumwitterte Bank Spekulationen kosten JP Morgan 4,4 Milliarden Dollar

JP Morgan Chase hat im zweiten Quartal einen Handelsverlust von 4,4 Milliarden Dollar verzeichnet. Das ist doppelt so viel, wie erwartet. Schuld sind die Fehlspekulationen, mit denen die US-Bank Schlagzeilen machte.

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Die Testamente der Banken
Logo von JP Morgan Chase Quelle: dpa
Bank of America Die Bank of America bleibt im öffentlichen Teil ihres Testaments ähnlich vage wie die übrigen Institute. Sie spricht unter anderem von unbestimmten Käufern (darunter „nationale, internationale und regionale Finanzinstitute“), die im Falle einer Pleite Teile der Bank übernehmen würden. Der Steuerzahler müsse nicht zur Hilfe kommen. Quelle: REUTERS
CitigroupDie Bank unter Firmenchef Vikram Pandit beteuert, im Fall einer Pleite abgewickelt werden zu können. Und zwar in einer Weise, die kein systemisches Risiko berge, die die Finanzmärkte nicht in Aufruhr bringe und keine Milliarden von den Steuerzahlern notwendig mache. Quelle: dpa
Goldman Sachs Laut dem Notfallplan würde die Investmentbank „rasch“ Geschäftsteile oder Vermögenswerte verkaufen und damit eine Liquidation vermeiden. Der Branchenprimus nutzt derweil sein Testament auch, um die ganze Übung indirekt als sinnlos zu bezeichnen. „Die Umstände, die zu einem Kollaps einer für das System wichtigen Institution führen, werden wahrscheinlich andere sein als in diesen Annahmen vorgegeben“. Quelle: REUTERS
Logo von Morgan Stanley Quelle: dpa
BarclaysDie britische Großbank kommt für das Szenario ihres Untergangs im öffentlichen Teil des Testaments mit einer halben Seite aus. Darin heißt es unter anderem, die Notfallpläne seien so ausgeklügelt, dass im Falle einer Pleite eine Katastrophe auf den Finanzmärkten nicht zu erwarten sei. Quelle: REUTERS
Deutsche BankDie Deutsche Bank deutet an, dass die US-Regulierer im Erstfall die deutsche Bankenaufsicht BaFin umgestört operieren lassen sollten. Dann sei die im Notfall zu gründende Überbrückungsbank in der Lage, die US-Firmenteile mit Liquidität zu versorgen. Quelle: dpa

Die US-Großbank JP Morgan lässt die Katze aus dem Sack: Der spektakuläre Handelsskandal im Frühjahr hat vor Steuern ein Loch von 4,4 Milliarden Dollar gerissen. Das ist doppelt so viel, wie Vorstandschef Jamie Dimon zunächst eingeräumt hatte. Dennoch schaffte die Bank das Kunststück, ihren Quartalsgewinn im Vergleich zum starken Vorjahreszeitraum beinahe konstant zu halten - unter dem Strich verdiente das Institut mit knapp fünf Milliarden Dollar nur sieben Prozent weniger.

Analysten hatten das dem US-Branchenprimus nicht zugetraut. Allerdings machte sich JP Morgan einige Sondereffekte zunutze. So löste die Bank unter anderem einen Teil ihrer milliardenschweren Risikovorsorge für faule Kredite auf. Auch die Neubewertung eigener Schulden hübschte die Bilanz etwas auf. An der Wall Street überwog die Erleichterung. Die Aktie der Bank legte vorbörslich zwei Prozent zu. „Die Zahlen von JP Morgan sind nicht ganz so hässlich, wie es zu erwarten gewesen wäre, nach allem, was passiert ist“, sagte Peter Cardillo vom New Yorker Investmenthaus Rockwell Global Capital.

Allerdings muss das Institut die Ergebnisse des ersten Quartals wegen des Handelsschadens nach unten korrigieren: Der Gewinn fällt um eine halbe Milliarde Dollar niedriger aus. Zudem könnten weitere Belastungen aus den Fehlspekulationen hinzukommen, wie die Bank ankündigte. Im schlimmsten Falle wären das noch einmal 1,7 Milliarden Dollar. JP Morgan war lange Zeit der Musterschüler unter den amerikanischen Geldhäusern.

Wegen ihrer breiten Aufstellung mit Investmentbanking, Privatkundengeschäft und Vermögensverwaltung ließ die Bank - heute die größte nach Vermögenswerten in den USA - die Finanzkrise relativ schnell hinter sich und erwarb sich einen Ruf als guter Risikomanager. Doch mit dem Handelsskandal, der im Mai bekannt wurde, ist das Vertrauen vorerst verspielt. Damals wurde bekannt, dass Händler in der Londoner Abteilung „Chief Investment Office“ (CIO) ohne große Kontrollen gigantische Handelspositionen aufbauen konnten.

Bei mindestens einem der Mitarbeiter - Spitzname „der Wal“ - ging die Rechnung allerdings nicht auf. Pikanterweise entstanden die Verluste ausgerechnet in Absicherungsgeschäften, die eigentlich dazu dienen sollen, Einbußen im Handel zu begrenzen. „Der Wal“ hat JP Morgan inzwischen verlassen, wie am Freitag aus Finanzkreisen verlautete.

Die Fehlspekulationen sind auch für Vorstandschef Dimon eine Blamage, der sich einen Namen als erbitterter Regulierungskritiker gemacht hat. Er gelobte nun Besserung und warb bei Analysten und Investoren eindringlich um Vertrauen. „Die Firma hat ausführlich untersucht, was im CIO passiert ist“, erklärte er. Die Managementstrukturen seien überarbeitet und die Risiken in den Portfolien reduziert worden. Einige Teile, vor allem synthetische Wertpapierbestände, seien an die Investmentbank angedockt worden. „Es ist wichtig hervorzuheben, dass keinem Kunden ein Schaden entstanden ist“, betonte Dimon.

JP Morgan war die erste US-Bank, die ihre Zahlen vorlegte. In der kommenden Woche folgen die übrigen Schwergewichte wie Bank of America, Citigroup sowie die Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley. Die Deutsche Bank veröffentlicht ihren Quartalsbericht am 31. Juli - erstmals unter der Regie der beiden neuen Vorstandschef Anshu Jain und Jürgen Fitschen.

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