
Es klingt nach einer guten Idee: Je mehr Versicherte ihr Geld in einen Topf werfen, um Mitgliedern ihrer Gemeinschaft bei Notlagen aus der Patsche zu helfen, desto sicherer wird das System für den Einzelnen und für alle. Nach dieser Logik will auch Brüssel die Rücklagen zusammenführen, die europäische Banken für den Fall der Pleite eines Kreditinstituts aus ihren Reihen bilden müssen. Verlieren Sparer beim Zusammenbruch einer Bank ihre dort gespeicherten Guthaben, sollen sie bald aus einem gemeinsamen europäischen Haftungstopf entschädigt werden.





Doch das Versicherungsprinzip nach dem Motto „Alle für einen, einer für alle“ lässt sich auf den europäischen Bankensektor nicht übertragen. Zu ungleich sind die Risiken im Moment verteilt. Banken aus dem derzeit relativ stabilen Deutschland fürchten nicht zu Unrecht, für Ausfälle von Instituten in europäischen Krisenländern herangezogen zu werden, sobald die Haftungstöpfe zusammengelegt sind.
Erschwerend kommt hinzu, dass in manchen Ländern solche Rücklagen noch nicht einmal gebildet wurden, obwohl schon seit Juli in der EU einheitliche Regeln für den Einlagenschutz gelten. Die Sicherungsfonds zu vergemeinschaften, hieße also, den zweiten Schritt zu machen, bevor der erste überhaupt richtig gesetzt ist. Die Folge: Länder, die beim Einlagenschutz hinterherhinken, würden sich dann vollends zurücklehnen. Sie könnten sich bequem darauf verlassen, im Notfall trotz fehlender eigener Mittel mit dem Geld der anderen Versicherten herausgepaukt zu werden.
Das zeigt, wie unpassend das Konzept einer gemeinsamen Haftungsunion für den Einlagenschutz in Europa zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist. Die deutschen Sparkassen und Volksbanken von diesem Konzept auszunehmen, macht es nicht besser. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat zwar in Aussicht gestellt, deutsche Sparkassen und Volksbanken von der Gemeinschaftshaftung für Spareinlagen auszunehmen. Aber dieser Vorschlag ist nicht wirklich ernst zu nehmen. Warum?
Junckers Taktik
Juncker ist sich als erfahrener Taktiker des Widerstands der deutschen Politik gegen die gemeinsame Einlagensicherung nur zu gut bewusst. Die vermeintlich soliden und braven Volksbanken und Sparkassen herauszulassen, könnte Berlins Widerstand brechen. Die beiden Bankengruppen verwalten rund die Hälfte der privaten Sparguthaben und vereinen damit ein Wählerpotenzial, auf das deutsche Politiker jederzeit Rücksicht nehmen müssen. Ohne diese Rücksichtnahme ließe sich die gemeinsame Einlagensicherung sowohl in Berlin als auch in Brüssel wesentlich leichter durchwinken.
Juncker begründet die Ausnahme damit, dass Volksbanken und Sparkassen sich in der Finanzkrise vorbildlich verhalten hätten – anders als solche Banker, die die Kardinaltugenden der Sozialen Marktwirtschaft nicht beachteten. Selbst wenn man die schädlichen Spekulationsgeschäfte der sparkasseneigenen Landesbanken während und vor der Finanzkrise außer Acht lässt, überzeugt dieses Argument nicht. Denn alle Banken brauchen eine funktionierende Einlagensicherung, auch solche, die scheinbar nur solide Geschäfte machen. Selbst bei vermeintlich sicheren Banken können Probleme entstehen, die vorher keiner hat kommen sehen, etwa, wenn schwarze Schafe unbemerkt Spekulationsgeschäfte einfädeln oder sich als sicher geglaubte Anlagen wie Staatsanleihen als Verlustbringer erweisen. Dann dient der Einlagenschutz als letztes Auffangnetz, bevor Steuergeld zum Einsatz kommt.
Die Juncker-Finte mit den Sparkassen und Volksbanken hat die Diskussion nun erstmal auf die Frage reduziert, ob Ausnahmen sinnvoll sind – was sie nicht sind. Das lenkt von der Frage ab, ob ein gemeinsamer europäischer Einlagensicherungsfonds überhaupt sinnvoll ist – was er nicht ist, weil er falsche Anreize setzt.