Sparkassen Ein klarer Fall von Selbstbedienung

Sparkassen-Funktionäre werden fürstlich bezahlt: Zahlen aus Bayern zeigen, wie großzügig die Chef-Gehälter der öffentlich-rechtlichen Institute sind. Die Regeln geben sich die Nutznießer kurzerhand selbst.

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Geheime Gehaltsregeln: Sparkassenfiliale in Bayern. Quelle: imago images

In Miesbach hat die Politik durchgegriffen. Die acht Verwaltungsräte, die die örtliche Kreissparkasse im Auftrag des oberbayrischen Städtchens mit seinen 11.000 Einwohnern kontrollieren, bekommen weniger Geld, insgesamt 89.000 Euro jährlich.
2012 kassierte der damals neunköpfige Verwaltungsrat 187.000 Euro für sein Wächteramt. Der Landrat begründet die Halbierung mit „Kostenbewusstsein“.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Der Einschnitt ist vor allem eine politische Reaktion auf die Sparkassenaffäre in dem Voralpenkreis 2014.

Bei deren Aufklärung kam eine ganze Liste von Skandalen ans Licht. Dazu gehören teure Geschenke der Sparkasse an Mitglieder ihres Verwaltungsrats, eine gesponserte Geburtstagsfeier für den damaligen Landrat oder Auslandsreisen für Kommunalpolitiker auf Sparkassenkosten, ebenso Renovierungen des Landratsbüros und eines Sitzungssaals für Kommunalpolitiker. Der Staatsanwalt ermittelt bis heute.

Brutto-Durchschnittsgehälter nach Branchen
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Der Fall Miesbach nährt die Kritik an den Bezügen der Funktionäre der sich gern als bodenständig darstellenden Sparkassen. Und die ist berechtigt, wie eine Berechnung einer Bürgerinitiative aus Landsberg am Lech zeigt. Deren Gründer Rainer Gottwald analysierte die Bezahlung der Vorstände bayrischer Sparkassen auf Basis bisher unveröffentlichter Richtlinien des Sparkassenverbands. Die Ergebnisse:

  • Die Summe der Vorstandsbezüge ist 2014 auf 54,2 Millionen Euro gestiegen, rund neun Prozent mehr als 2012.
  • Nur bei 16 der 71 bayrischen Sparkassen bewegten sich die Vorstandsgehälter 2014 innerhalb des vom Sparkassenverband selbst gesteckten Rahmens. Die übrigen 55 Institute zahlten mehr.
  • Auffällig ist etwa die Sparkasse Würzburg, deren Vorstände mit 1,5 Millionen Euro pro Jahr insgesamt rund ein Viertel mehr bekommen, als sie sollten. Auch in Landsberg am Lech wird die Leitung der Sparkasse großzügig bedacht, sie erhält zwölf Prozent mehr, als es die Verbandsvorschriften vorsehen. Die Institute bestreiten das und werfen der Bürgerinitiative vor, mit unvollständigen Daten zu rechnen.

Fusionen lassen Vergütungen steigen

Bei der Prüfung der Gehaltsregeln kam auch ans Licht, dass Fusionen zwischen Sparkassen keine Vergütungen einsparen, sondern diese sogar um bis zu zehn Prozent steigen lassen können. Denn laut Regelwerk werden die Daten der fusionierenden Häuser einfach addiert. Die Vergütungen richten sich nach Bilanzsumme, Kreditvolumen und Summe der Kundenwertpapiere. Beispiel ist der geplante Zusammenschluss der Sparkassen von Neu-Ulm und Günzburg, wo die beteiligten Vorstände bis zum Ruhestand im Amt bleiben wollen. Ihre Gehälter sollen nach der Fusion stufenweise steigen.

Der bayrische Sparkassenverband und die betroffenen Institute weisen die Kritik allerdings zurück. „Die Vergütung aller bayrischen Sparkassenvorstände und die Entschädigung aller bayrischen Verwaltungsratsmitglieder liegt innerhalb der Höchstgrenzen der Vergütungsrichtlinien“, sagt eine Sprecherin. Dies werde bei der Prüfung der Jahresabschlüsse kontrolliert, Abweichungen würden, falls nötig, beanstandet.

Das mag sein, nachvollziehbar für Bürger und Lokalpolitiker wird die Vergütungspraxis ihrer Sparkassen dadurch aber nicht. Grund ist, dass die Bemessungsgrundlage der Gehälter nicht vollständig veröffentlicht wird. Der Wert der für Kunden verwahrten Wertpapiere etwa wird mit Verweis auf Wettbewerbsgründe unter Verschluss gehalten. In der Berechnung der Bürgerinitiative wurden die fehlenden Werte notgedrungen gleich null gesetzt.

Die gescholtenen Sparkassen können deshalb ihren Kritikern leicht vorwerfen, mit unvollständigen Daten zu arbeiten. Die Sparkasse Würzburg etwa begründet mit diesem Argument, dass die rund 1,5 Millionen Euro für ihr Vorstandsteam sogar unterhalb des regulären Niveaus liegen.

Das aber kaschiert den eigentlichen Skandal: Die Vergütungsregeln wurden von einer Kommission verabschiedet, die vor allem aus Verwaltungsräten und Sparkassendirektoren besteht. Damit haben die Nutznießer ihr Salär zum großen Teil selbst bestimmt.

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