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Standard Chartered Britische Institute zeigen Euro-Banken kalte Schulter

Nicht nur die britische Regierung geht auf Distanz zu Europa. Auch die Großbanken von der Insel zeigen den hiesigen Instituten die kalte Schulter. So fährt Standard Chartered ihre Geschäfte auf dem Kontinent zurück.

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Die Skyline von London: Britische Banken meiden Europa. Quelle: dpa

London Als erste Großbank hat die britische Standard Chartered angekündigt, ihre Kreditbeziehungen zu Instituten in der Euro-Zone zu überdenken. „Wir haben uns das mal angeschaut und festgestellt, dass wir nicht mehr so stark vertreten sein müssen wie in der Vergangenheit“, zitierte die „Financial Times“ am Montag den Asien-Chef der Bank, Jaspal Bindra. „Das beträfe mehr als nur ein oder zwei Banken. Es ist angemessen zu sagen, dass wir insgesamt unser Engagement bei europäischen Banken reduziert haben.“

Wegen der Euro-Schuldenkrise leihen sich die Banken derzeit untereinander kaum mehr Geld, weil sie sich angesichts drohender Abschreibungen auf Staatsanleihen gegenseitig misstrauen. Sie parken ihr überschüssiges Geld lieber bei der Europäischen Zentralbank - trotz niedriger Zinsen.

Standard Chartered kappt laut Bindra zwar keine bestehenden Kreditverbindungen, überdenkt aber eine Verlängerung des Engagements bei Fälligkeit. Dabei hat die Bank dem Bericht zufolge vor allem die Geldhäuser im Visier, die möglicherweise Kapitalbedarf haben.

Im Gegenzug würden chinesische Banken als Geschäftspartner interessanter. „Wir haben unser Engagement bei einigen der staatseigenen chinesischen Banken erhöht, weil das ja quasi-staatliche Anlagen sind und keine privaten Investments“, zitierte die Bank den Manager. Das Institut selbst war zunächst nicht erreichbar.


Kaum noch frische Euro

Top-Banker sorgen sich vor allem um die Refinanzierung ab einer Laufzeit von zwei Jahren. „Die Bereitschaft von Investoren, sich längerfristig in Banken zu engagieren, ist nicht sehr ausgeprägt“, sagte Deutsche-Bank -Chef Josef Ackermann vergangene Woche. Ohne Hilfen der EZB sähe die Lage noch dramatischer aus.

Die europäischen Banken bekommen am Kapitalmarkt kaum noch frische Euro. "Derzeit kann sich praktisch keine Bank ohne Sicherheiten Geld leihen, erst recht nicht längerfristig", sagte ein Banker. Selbst wenn die Institute Sicherheiten bieten, finden ihre Anleihen kaum noch Käufer.

Deshalb suchen sie nach neuen Möglichkeiten, die Europäische Zentralbank (EZB) anzuzapfen.

Die Notenbank hat Banken in der Euro-Zone bislang rund eine halb Billion an Geldern zur Verfügung gestellt, um einen Liquiditätsengpass zu vermeiden. Die europäischen Regierungen hoffen, dass nach den geplanten Kapitalstärkungen der Institute das Vertrauen zurückkehrt.

Das "Wall Street Journal" berichtete von Plänen der Banken, Vermögenswerte untereinander zu tauschen und diese dann als Sicherheiten bei der EZB zu hinterlegen. Details sind bislang noch nicht bekannt.


Offene Worte von Top-Bankern

Die innovative Art der Geldbeschaffung ruft allerdings die Aufseher auf den Plan. So fürchtet etwa der britische Regulierer FSA, dass die Tauschgeschäfte dazu führen könnten, dass, sollte sich die Krise zuspitzen, auch die Versicherer mitgerissen würden. Sie stehen bei diesen Swap-Geschäften nämlich häufig auf der Gegenseite.

Würde eine Bank, die sich Anlagen bei einem Versicherer geliehen hat, in die Pleite rutschen, würde das auch den Versicherer schwächen. Die FSA hatte bereits im Juli einen Richtlinienentwurf für die Swaps entwickelt. Einige Großbanken hatten daraufhin fest geplante Tauschgeschäfte wieder abgesagt.
Wie ernst die Lage ist, beweist Unicredit-Chef Federico Ghizzoni. In der italienischen Zeitung "Corriere della Sera" kündigte er an, die EZB drängen zu wollen, eine größere Auswahl von Vermögenswerten als Sicherheiten für EZB-Kredite zu akzeptieren.

Es gibt bestimmte Kriterien dafür, welche Wertpapiere als Sicherheiten durchgehen. Bisher akzeptieren die Notenbanker etwa Staatsanleihen, Pfandbriefe und einige Verbriefungen. Die EZB tauscht sich regelmäßig mit den Banken darüber aus, was als Sicherheit taugt - und was nicht.
Dennoch, Ghizzonis offene Worte sind ungewöhnlich für einen Banker. Viel zu verlieren hat er zwar nicht - die Risikoprämien für Anleihen seines Instituts befinden sich mittlerweile auf einem Niveau, das sonst nur hochriskante Anlagen vorweisen. Seine Forderung an die EZB allerdings zeigt, wie wichtig die Zentralbank derzeit als Kreditgeber ist, vor allem für italienische Banken.

 

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