Streit um Vergütung Lehman-Insolvenzverwalter will 800 Millionen Euro Honorar

Währen private Investoren, die auf Lehman-Zertifikate reingefallen sind, in die Röhre gucken, bekommt beispielsweise die Deutsche Bank 5,5 Milliarden Euro Entschädigung. Der Insolvenzverwalter der Lehman Brothers Bank, Michael Frege, will für seine erfolgreiche Arbeit sogar stattliche 800 Millionen Euro.

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Der Wirtschaftsanwalt und Lehman Brothers-Insolvenzverwalter Michael Frege Quelle: dpa

Während die Kleinsparer unter den Opfern der US-Pleitebank Lehman meist immer noch auf ihr Geld warten, streiten sich die großen Player um hunderte Millionen Euro. Michael Frege, Insolvenzverwalter der deutschen Lehman-Tochter, fühlt sich von Hedgefonds derart unter Druck gesetzt, dass er in der Diskussion um sein mögliches Mega-Honorar die Flucht nach vorne angetreten hat.

"Bei vernünftiger Betrachtung wird das Honorar zwischen 300 und 800 Millionen Euro liegen", sagte der Chef der Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle, Hubertus Kolster, der Nachrichtenagentur Reuters. CMS-Anwalt Michael Frege ist als Insolvenzverwalter der Lehman Brothers Bankhaus AG seit 2008 mit 70 weiteren Anwälten und 30 Insolvenz-Spezialisten mit der Milliardenpleite beschäftigt. 70 Millionen Euro Vorschuss hat der Verwalter vom Amtsgericht in Frankfurt bereits erhalten.

Auch wenn der Rahmen nicht ausgereizt werden sollte, bleibt nach Abzug der bereits beträchtlichen Kosten eine bislang für deutsche Insolvenzverwalter beispiellose Vergütung übrig. Für die Verwalter von Insolvenzen sieht die einschlägige Verordnung einen Prozentsatz der Insolvenzmasse - im vorliegenden Fall 0,5 Prozent oder 75 Millionen Euro - und reichlich Möglichkeiten für Aufschläge bei besonders komplizierten Verfahren vor. Aber immer entscheidet letztlich das Insolvenzgericht - wenn auch auf Vorschlag des Verwalters.

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15 Milliarden Euro Insolvenzmasse von Lehman in Deutschland

Das bisherige Rekord-Honorar von mehr als 30 Millionen Euro für Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg für die Abwicklung des Essener Handelskonzerns Arcandor hatte vor zwei Jahren Schlagzeilen gemacht - schon damals gab es Diskussionen um Millionen-Vergütungen für die jeweiligen Insolvenzverwalter, während tausende Jobs gestrichen wurden. Michael Frege stößt bald in ganz andere Dimensionen vor. In dem komplexen Lehman-Verfahren handelt der persönlich haftende Frege natürlich nicht allein, die hinter ihm stehende Großkanzlei CMS Hasche Sigle hat nach eigenen Angaben in den vergangenen vier Jahren bereits Dienstleistungen für mehr als 200 Millionen Euro erbracht. Rund 100 Anwälte und Insolvenzexperten seien durchgehend mit der Causa befasst gewesen, erklärt der CMS-Manager-Partner Hubertus Kolster. Dieser und weiterer Aufwand muss aus der Vergütung bestritten werden, über deren genaue interne Aufteilung sich der Kanzlei-Chef aber ausschweigt.

Bei der deutschen Lehman-Tochter ist besonders viel zu holen, weil sie im Hauptverfahren um die Lehman-Mutter in den USA durch Freges Vermittlung besonders üppig bedacht worden ist. Die Insolvenzmasse der Frankfurter Lehman Brothers Bankhaus AG ist bereits auf 15 Milliarden Euro angewachsen und dürfte genügen, die Ansprüche der Gläubiger zu mehr als 60 Prozent zu befriedigen. "Wir können sehr sicher sein, dass wir auf eine Insolvenzquote von 60 Prozent plus x kommen werden. Ein Rahmen von 80 Prozent scheint im Bereich des Möglichen", sagte der CMS-Chef.

5,5 Milliarden Euro für die Deutsche Bank

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Einen ersten Abschlag hat es schon gegeben. Die größten Anteile gehen an die Bundesbank und die Einlagensicherung, aus der die meisten Anleger längst entschädigt worden sind. Rund 5,5 Milliarden Euro dürfte aufgrund eines Sicherungsrechts allein die Deutsche Bank bekommen, wie Kolster sagte. Einer der größten Gläubiger ist auch der Insolvenzverwalter der US-Muttergesellschaft Lehman Brothers. Um den Rest buhlen unter anderem Hedgefonds. Für die Forderungen gegen das insolvente Lehman Brothers Bankhaus gebe es einen regelrechten Markt, Banken hätten ihre Forderungen mit hohen Abschlägen an spekulative Investoren verkauft. "Der Kauf von Forderungen an den Insolvenzverwalter hat sich für die Hedgefonds schon jetzt ausgezahlt", betonte Kolster.

Gläubiger mit Insolvenzverfahren "hochzufrieden"

Nach Darstellung Kolsters haben Hedgefonds damit gedroht, die Vergütungsfrage zu skandalisieren, um Frege unter Druck zu setzen. „Die Gläubiger, die von Anfang an dabei gewesen sind, sind alle hochzufrieden mit dem Verfahren. Der Druck kommt von den Hedgefonds, dies sich später eingekauft haben und die ihre bereits erzielten Wertzuwächse noch optimieren wollen.“ Die Amerikaner erwarteten eine bevorzugte Behandlung ihrer Interessen, während nach deutschem Insolvenzrecht alle Gläubiger gleich zu behandeln sind.

Im Kontrast dazu stehen die rund 50.000 deutschen Privatleute, die vor dem Lehman-Crash für geschätzte 700 Millionen Euro die vermeintlich sicheren Zertifikate der späteren Pleite-Bank gekauft haben. Die Papiere stammten meist von der niederländischen Lehman-Tochter und unterlagen nicht der Einlagensicherung. Das Insolvenzverfahren in Amsterdam stockt, bislang konnten die Anleger noch nicht einmal ihre Ansprüche anmelden. Nur wenige wurden von ihren Hausbanken entschädigt. „20 Prozent plus X“ können die an Bord Gebliebenen erhoffen, sagt der Bankenjurist Markus Fleck von der NRW-Verbraucherzentrale. Der Verbraucherschützer kann indes an dem möglichen Millionen-Honorar für die CMS-Anwälte nichts Unanständiges entdecken: „So sind halt die Vorschriften.“

"Frege soll keine Erfolgsprämie bekommen"

Dennoch regt sich dort nun Widerstand gegen das Honorar für Frege, der seit diesem Jahr auch den Versandhändler Neckermann abwickelt. "Die Gläubiger werden sich gegen die Forderung zur Wehr setzen", sagte ein Vertreter der Hedgefonds, der nicht genannt werden wollte. "Frege sollte keine Erfolgsprämie bezahlt bekommen, zumal er auch einige schlechte Entscheidungen gefällt hat, indem er Vermögenswerte unter dem Marktwert verkauft hat." Mehr als 250 Millionen Euro seien ihm nicht zuzubilligen.

Freges Kanzlei-Chef Kolster macht eine andere Rechnung auf. Für die bisher geleisteten Arbeitsstunden allein könnte CMS eine Rechnung von 215 Millionen Euro stellen, und dabei werde sich das Insolvenzverfahren rund zwei bis drei Jahre hinziehen - wenn die Gläubiger am 29. November dem Insolvenzplan zustimmen, sonst deutlich länger. "Dem großen Aufwand steht auch ein großer finanzieller Erfolg gegenüber", betonte Kolster. Diskussionen mit den Hedgefonds lehne der Verwalter ab: "Wir sind rechtlich gar nicht in der Lage, Vereinbarungen mit den Gläubigern zu treffen, das Honorar wird vom Gericht festgelegt." Nach einem von CMS in Auftrag gegebenen Gutachten stünden dem Verwalter bis zu 800 Millionen Euro zu. "Aber wir wollen keine Maximalposition durchsetzen, sondern mit Augenmaß und Vernunft an die Sache herangehen", sagte Kolster. Die Gläubiger haben ein Gegengutachten vorgelegt, das "nur" auf 200 Millionen Euro kommt.

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