Stresstest Deutsche Banken schneiden schlechter als der Durchschnitt ab

Auch sieben deutsche Banken mussten sich dem Stresstest unterziehen. Quelle: dpa

Mit einem Jahr Aufschub wegen der Corona-Pandemie haben Europas Aufseher die großen Geldhäuser wieder unter Stress gesetzt. Durchgefallen ist beim Krisentest keiner. Doch gerade die deutschen Institute schneiden schlecht ab.

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Die sieben deutschen Banken im Stresstest der Bankenaufsicht EBA haben in der Gesamtschau schlechter abgeschnitten als der Durchschnitt in Europa. Am härtesten traf das hypothetische Krisenszenario unter den hiesigen Geldhäusern die Deutsche Bank, wie aus am Freitag veröffentlichten Daten hervorgeht.

Demnach würde die harte Kernkapitalquote des größten deutschen Geldhauses im Fall eines Wirtschaftseinbruchs gepaart mit diversen weiteren Stressfaktoren von gut 13,6 Prozent Ende 2020 auf gut 7,4 Ende 2023 sinken. Kernkapital ist ein Puffer für Krisenzeiten.

„Selbst in einem noch verschärften ungünstigen Szenario beweist die Deutsche Bank ihre Widerstandsfähigkeit in einer möglichen Wirtschaftskrise“, kommentierte der Finanzvorstand der Deutschen Bank, James von Moltke. „Das Ergebnis ist auch deshalb ermutigend, weil die im ersten Halbjahr 2021 deutlich gestiegenen Gewinne in diesem Stresstest noch nicht berücksichtigt wurden.“

Die Commerzbank, die mit 13,2 Prozent Kernkapitalquote in den Test gegangen war, rutschte im Krisenszenario auf 8,2 Prozent ab. Der Frankfurter MDax-Konzern hatte noch vor dem inzwischen laufenden Konzernumbau in der Jahresbilanz 2020 eine Milliardenabschreibung gebucht und mehr Geld für mögliche Rückschläge in der Corona-Krise zurückgelegt. „Die Commerzbank hat komfortable Liquiditäts- und Kapitalpuffer. Das gibt uns genügend Spielraum für unsere Transformation“, erklärte Risikovorstand Marcus Chromik am Freitag.

Bestes deutsches Institut im EBA-Test war die Volkswagen Bank, die auch im schärfsten Stressszenario noch 15,48 Kernkapitalquote aufwies. Das genossenschaftliche Spitzeninstitut DZ Bank landete mit 10,21 Prozent genau im europäischen Durchschnitt.

Nach Ansicht der Bundesbank haben die deutschen Banken in den Stresstests ihre Widerstandsfähigkeit bewiesen. „Die deutschen Institute haben sich auch unter großem Stress als robust erwiesen. Sie würden die hohen Kapitalanforderungen selbst in einer schweren Wirtschaftskrise durchgehend erfüllen“, bilanzierte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling am Freitagabend. „Selbst im harten Krisenszenario des Stresstests halten die meisten deutschen Institute mehr Kapital als die Aufsicht verlangt.“

Insgesamt sind die Banken in Europa laut Krisentest in Summe trotz Einbußen bei ihren Kapitalpuffern auch für erhebliche wirtschaftliche Schocks gerüstet.

Zwar würden die Institute in einem hypothetischen Krisenszenario insgesamt fast ein Drittel ihrer Kapitalpuffer einbüßen. Dennoch bliebe der EU-Bankensektor insgesamt über einer Marke von 10 Prozent bei der harten Kernkapitalquote als Puffer für mögliche Rückschläge.

Die Aufseher hatten die Geldhäuser auf Basis ihrer Bilanz des Corona-Krisenjahres 2020 durchrechnen lassen, wie stark Kapitalpuffer bis Ende 2023 schrumpfen würden, wenn Pandemie und Wirtschaftsflaute sich zuspitzen würden und die Konjunktur in der EU kumuliert um 3,6 Prozent einbrechen würde.

Zusätzlich wurde in dem als besonders hart geltenden Stresstest ein ganzes Bündel ungünstiger Entwicklungen angenommen: steigende Arbeitslosenquote, Einbruch der Immobilienpreise, stark sinkende Auslandsnachfrage, weiter fallende Marktzinsen.

In diesem hypothetischen Krisenszenario würde der EU-Bankensektor nach EBA-Berechnungen in Summe 265 Milliarden Euro an Kapitalpuffer einbüßen. Die harte Kernkapitalquote als Puffer für Krisen würde von 15,0 Prozent Ende 2020 auf 10,2 Prozent Ende 2023 sinken.

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38 der 50 Institute im EBA-Test sind Banken aus dem Euroraum und fallen somit unter die Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB). Parallel zu dem EBA-Test nahm die EZB-Bankenaufsicht weitere 51 direkt von ihr beaufsichtigte Banken aus dem Euroraum unter die Lupe.

Hauptgrund für das Zusammenschmelzen der Kapitalpuffer in dem hypothetischen Krisenszenario wäre nach EBA-Angaben ein Anstieg von Kreditausfällen. Auch das anhaltende Zinstief lastet auf den Bilanzen. Die EBA wies darauf hin, dass Banken, die vor allem in ihrem Heimatmarkt aktiv sind, im Stressszenario stärker getroffen wurden.

Durchfaller gab es beim diesjährigen Test nicht. Geldhäuser, die schlechter abgeschnitten haben, müssen aber damit rechnen, dass ihnen Aufseher auftragen, Kapitalpuffer zu verstärken, und ihnen für die Ausschüttung von Dividenden Grenzen setzen.

Seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 überprüfen Aufseher weltweit mit solchen Stresstests regelmäßig, wie anfällig Banken im Krisenfall wären. Unumstritten sind solche Tests und die Ableitungen daraus nicht, denn welche Risiken in den hypothetischen Szenarien wie stark gewichtet werden, liegt letztlich in der Hand der Aufseher.

Eigentlich sollte die neue Auflage des europäischen Bankenstresstests schon 2020 durchgeführt werden. Doch um den Instituten mitten in der Coronakrise nicht noch weitere Aufgaben aufzubürden, verschob die EBA die Prüfung um ein Jahr.

Mehr zum Thema: Der große EZB-Stresstest soll heute Aufschluss darüber geben, wie gut die Banken auf eine weitere Corona-Eskalation vorbereitet sind. Doch die Aussagekraft ist begrenzt, mahnt der frühere Bundesbankvorstand Dombret.

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