Trotz Gewinnsprung im dritten Quartal Commerzbank führt Strafzinsen für Privatkunden ein

Die Commerzbank senkt trotz gutem drittem Quartal ihre Jahresprognose. Quelle: dpa

Die Commerzbank geht für das Jahr 2019 von einem leichten Gewinnrückgang aus. Das Sparprogramm, das den Trend umkehren soll, sieht auch Negativzinsen für Privatkunden vor.

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Die Commerzbank verlangt in Zukunft auch von großen Privatkunden Strafzinsen. „Wir haben zahlreiche Privatkunden angesprochen“, sagte Finanzchef Stephan Engels am Donnerstag in einer Telefonkonferenz. Man beginne jetzt, Maßnahmen umzusetzen. „Das Potenzial ist sehr groß.“ Bislang habe die Commerzbank so gut wie keinem Privatkunden Strafzinsen in Rechnung gestellt. „Wir fangen jetzt mit Kunden mit hohen Einlagen an.“ Engels ließ offen, ab welcher Einlagenhöhe die Strafzinsen genau gelten sollen, die Rede war von Kunden mit „deutlich mehr als einer Million Euro“ auf dem Bankkonto. „Bei privaten Kunden kehren wir die Treppe von oben, wir sind da im Moment aber noch weit weg von irgendeiner Annäherung an die Grenze von 100.000 Euro“.

Bei Firmenkunden erhebt die Commerzbank ab einer bestimmten Einlagenhöhe bereits seit langem Strafzinsen und passt diese nun an die gesunkenen Zinsen an. „Wir überprüfen auch die Freibeträge“, sagte Engels. Zudem wolle die Commerzbank mit Preiserhöhungen und einer Anpassung des Produktangebots einem zu hohen Zufluss von Einlagen entgegenwirken. Seit 2014 müssen Geldinstitute Strafzinsen zahlen, wenn sie Gelder bei der Europäische Zentralbank (EZB) parken. Diesen sogenannten Einlagesatz hatte die EZB zuletzt auf minus 0,5 Prozent gesenkt. Da kein Ende der lockeren Geldpolitik der EZB absehbar ist, sind die Marktzinsen in den vergangenen Monaten weiter unter Druck geraten.

Die Commerzbank will damit dem Abwärtstrend beim Konzernüberschuss entgegen wirken. Man glaubt nicht mehr an eine Gewinnsteigerung in diesem Jahr – trotz eines überraschend guten dritten Quartals. Der Frankfurter MDax-Konzern kassierte am Donnerstag das Ziel, den Konzernüberschuss 2019 leicht zu steigern. Der Vorstand erwartet nun, dass der Überschuss unter den 865 Millionen Euro aus dem vergangenen Jahr landen wird.

„Wir stellen bewusst den langfristigen Erfolg über kurzfristige Renditeziele“, ließ Konzernchef Martin Zielke dazu mitteilen. „Wunschdenken ist angesichts niedriger Zinsen, Konjunktureintrübung und geopolitischer Unsicherheiten nicht angesagt.“

Ein zusätzlicher Grund für die pessimistischere Prognose ist nach Angaben des Instituts, dessen größter Anteilseigner seit zehn Jahren der deutsche Staat ist, dass die Bank im vierten Quartal mit einer „deutlich höheren Steuerquote“ rechne.

Schon bei der Vorlage der Halbjahreszahlen Anfang August hatte Zielke eingeräumt, es werde „deutlich ambitionierter“, die angepeilte Gewinnsteigerung zu erreichen. Neben dem Zinstief werden die Institute auch durch notwendige Investitionen in die Digitalisierung belastet. Von dem Ziel, die Erträge – also die gesamten Einnahmen – 2019 zu steigern, hatte sich das Management bereits verabschiedet.

Wie die Geschäfte im Sommer gelaufen sind, hatte die Bank schon Ende Oktober mitgeteilt: Der Überschuss kletterte zum Vorjahreszeitraum um rund 35 Prozent auf 294 Millionen Euro. Dies jedoch vor allem dank des Verkaufs der Tochter Ebase. Auch gesunkene Kosten und weniger Vorsorge für faule Kredite schlugen sich positiv nieder.

Im Tagesgeschäft lief es ebenfalls besser als vor Jahresfrist: Die Erträge legten um zwei Prozent auf knapp 2,2 Milliarden Euro zu. Der operative Gewinn erhöhte sich um knapp 30 Prozent auf 448 Millionen Euro. Die Zahl der Privat- und Unternehmerkunden stieg um 141.000 auf 11,2 Millionen. Im Jahr 2023 sollen es mehr als 12 Millionen sein.

Weil im Frühjahr der Versuch einer Fusion mit der Deutschen Bank scheiterte, muss die Commerzbank sich weiterhin alleine beweisen. Doch der Wettbewerb um Privatkunden und Mittelstand in Deutschland ist hart, die Wachstumsmöglichkeiten sind begrenzt. Und die Aussichten sind trüb: Die Konjunktur schwächelt, die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Negativzinsen für geparkte Gelder verschärft und die Zinswende auf unbestimmte Zeit verschoben.

Ende September hatte der Vorstand seine Strategie vorgestellt, mit der das Geldhaus wetterfest gemacht werden soll: Unter dem Strich sollen 2300 weitere Stellen gestrichen werden. Ende September hatte die Bank auf Vollzeitbasis 40.400 Mitarbeiter. Zudem wird jede fünfte der etwa 1000 Filialen geschlossen. Die Online-Tochter Comdirect will die Commerzbank komplett übernehmen, bis einschließlich 6. Dezember läuft dort ein Übernahmeangebot an die übrigen Aktionäre.

Die gebeutelten Commerzbank-Aktionäre dürfen dabei zumindest wieder auf eine Mini-Dividende hoffen. Für 2018 gab es eine Gewinnausschüttung von 20 Cent je Anteilsschein. Es war das zweite Mal seit der Rettung mit Steuermilliarden in der Finanzkrise 2008/2009, dass die Commerzbank Dividende gezahlt hat. Für 2019 dürfen die Anteilseigner auf eine Ausschüttung in vergleichbarer Höhe hoffen.

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