UBS-Credit-Suisse-Deal Diese Bank hätte beinahe eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst

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Folgen für die Schweiz – und das lange Leiden der Credit Suisse

Hätte es Alternativen zur Notfusion gegeben?

Ja. Die Schweiz hätte die Credit Suisse selbst übernehmen können. Allerdings wollte die Schweizer Politik diesen Schritt offenbar nicht gehen. Denn dann hätte der Schweizer Staat in jedem Fall Steuergelder ausgeben müssen. Eine Garantie dagegen wird im besten Fall nicht gebraucht. Und die Finanzspritze von 100 Milliarden Franken muss offenbar zurückgezahlt werden.

Was bedeutet die Notfusion für die Schweiz?

Sie dürfte das Vertrauen in die Schweiz und deren Finanzplatz zerstören. Das liegt nicht nur daran, dass die Credit Suisse überhaupt in Schieflage geraten ist. Sondern auch an den Begleiterscheinungen der Notfusion. Die Schweiz entmachtet nämlich die UBS-Aktionäre, die der Fusion eigentlich zustimmen müssten, damit diese den Zusammenschluss nicht be- oder verhindern. Aktionäre mögen es jedoch gar nicht, wenn ihre Mitbestimmung ausgehebelt wird – mit der Folge, dass sie sich von der Schweiz abwenden könnten.

Zudem führt die Fusion zum Abbau von vermutlich Zehntausenden Stellen, weil die UBS viele Credit-Suisse-Angestellte nicht mehr braucht. So verfügen beide Banken über Filialen in der Schweiz, davon dürften nun viele geschlossen werden.



Wieso hat der Aktienabsturz der Credit Suisse zu einem Bank-Run geführt?

Ein stark fallender Aktienkurs spricht dafür, dass die Aktionäre das Vertrauen in eine Bank verlieren. In der Folge können auch rasch die Kunden das Vertrauen verlieren und ihre Gelder abziehen. Bei anderen Unternehmen, etwa aus der Industrie, hat ein plötzlicher Kurssturz der Aktie dagegen nicht so dramatische Folgen, weil sie über keine Kundeneinlagen verfügen.

Wieso kann ein Bank-Run zum Untergang eines Geldhauses führen?

Weil Geldhäuser nie alle Kundeneinlagen auf einmal ausbezahlen können. Geldhäuser wie die Credit Suisse können kurzfristig stets nur über einen Teil der Kundeneinlagen verfügen. Diesen Teil haben sie etwa auf Konten bei ihrer jeweiligen Zentralbank geparkt. Der Großteil der Einlagen ist jedoch langfristig gebunden. Die Banken verleihen diese Guthaben als Kredite an andere Kunden weiter; diese Darlehen kann keine Bank einfach so kündigen. Zudem investieren sie einen Teil der Kundeneinlagen auch in hoch sichere Anleihen. Normalerweise können Banken diese Anleihen problemlos verkaufen und die so erzielten Einnahmen an ihre Kunden weiterreichen. Bloß: Viele selbst sichere Anleihen haben jüngst Kursverluste verzeichnet – mit der Folge, dass die Credit Suisse bei einem Verkauf womöglich Verluste gemacht hätte. Sie hätte dann wohl nicht genügend Geld, um alle Kunden auszubezahlen.

Die Gründe für Schieflagen im Bankensystem sind andere als in der Finanzkrise, doch die Muster ähneln. Es geht derzeit um zwei Dinge: Vertrauen und Liquidität. Und ersteres ist komplizierter herzustellen. Ein Kommentar.
von Horst von Buttlar

Wieso ist es zum Kurssturz der Credit-Suisse-Aktie gekommen?

Dieser setzte ein, nachdem die schon seit Jahren angeschlagene Bank in der vergangenen Woche Mängel in ihrem Geschäftsbericht einräumen musste. Eine solche Aussage zerstört das Vertrauen in eine Bank. Kurz darauf weitete sich der Kurssturz zum Börsenbeben aus, weil Anleger die Aussage des saudi-arabischen Großinvestors der Credit Suisse als Misstrauensvotum interpretieren. Ein Vertreter des Investors, bei dem es sich um die Saudi National Bank handelt, hatte gegenüber einem Reporter erklärt, er werde aus vielen Gründen „auf keinen Fall“ weiteres Kapital in die Bank investieren.

Zwar nannte der Vertreter einen eigentlich nachvollziehbaren Grund dafür, nicht noch stärker bei der Bank zu investieren. Die Saudis müssten sich dann nämlich, führte der Manager aus, noch mehr Regeln unterwerfen, die für Investoren gelten. Aber die Sätze verunsicherten die Investoren. „Der Manager hätte sich auch anders äußern können“, meint Jan Pieter Krahnen, emeritierter Finanzprofessor an der Frankfurter Goethe-Universität. Der Investoren-Vertreter hätte etwa versichern können, alles dafür zu tun, frisches Kapital aufzutreiben, falls die Credit Suisse dieses benötigt.

Wie hängt der Untergang der Credit Suisse mit der Pleite der Silicon Valley Bank zusammen?

Die Pleite der Silicon Valley Bank führte zu einem Vertrauensverlust in das globale Bankensystem. Ausgerechnet in diese Situation platzte dann die Nachricht der Credit Suisse, es seien Mängel in ihren Berichten gefunden worden. Dies führte eben zu den bekannten Folgen.

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Wieso ist die Credit Suisse schon lange angeschlagen?

Die Bank war in mehrere Großskandale verwickelt, etwa in die Pleite des Hedgefonds Archegos und den Untergang des Finanzimperiums Greensill. In der Folge hat sie heftige Verluste eingefahren. Allein im vergangenen Jahr belief sich das Defizit auf umgerechnet mehr als sieben Milliarden Euro. Zwar hatte die Credit Suisse im Herbst eine Sanierung angekündigt. Allerdings kam dieses Vorhaben wohl zu spät, war das Vertrauen in die Bank doch damals bereits gefallen.

Lesen Sie auch: Die Rekonstruktion des Credit-Suisse-Niedergangs

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