Ukraine-Krieg Raiffeisen prüft Verkauf oder Abspaltung von Russland-Geschäft

Die Bank reagiert auf die Kritik. Quelle: REUTERS

Die österreichische Bank plant einen Verkauf oder eine Abspaltung von ihrem Russland-Geschäft. Die Abspaltung würde einige Monate dauern. Beim Verkauf stellt sich die Frage, ob es einen Käufer gibt.

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Die Raiffeisen Bank International (RBI) verfolgt für ihr Russland-Geschäft nunmehr zwei Optionen: Einen Verkauf oder eine Abspaltung der umstrittenen Einheit. Beide Möglichkeiten würden zu einer Entkonsolidierung aus dem Konzern führen, sagte Bankchef Johann Strobl am Donnerstag auf der Hauptversammlung. Gleichzeitig wies der Manager darauf hin, dass ein Ausstieg aus dem Land nicht einfach sei. „Es ist kein Spaziergang, es gilt viele Hürden zu überwinden“. Bis wann nun mit einer Entscheidung zu rechnen sei, ließ der RBI-Chef weiter offen. Er bat einmal mehr um Verständnis, dass die Prüfung äußerst komplex sei.

Eine Lösung des Russland-Dilemmas ist damit weiter nicht in Sicht. Bereits seit über einem Jahr erklärt die Bank, sie prüfe alle Optionen bis hin zu einem Verkauf der russischen Tochter, die ihr größter Einzelertragsbringer ist. Zuletzt wuchs jedoch der Druck auf die RBI, sich konkret zu äußern. Kritiker warfen dem Wiener Institut vor, es wolle den Krieg in der Ukraine „aussitzen“.

Die RBI ist der größte westliche Kreditgeber in Russland und wichtig für den internationalen Zahlungsverkehr. Im Vorjahr erzielte der Konzern einen Nettogewinn von rund 3,6 Milliarden Euro, wobei zwei Milliarden Euro aus dem Russland-Geschäft stammten. Gewinne dürfen aus Russland derzeit aber nicht ausgeschüttet werden.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) pochte Insidern zufolge auf einen Plan, wie das Bankgeschäft dort aufgegeben und die Risiken bewältigt werden könnten. Zudem ist das Geldhaus ins Visier der US-Sanktionsbehörde OFAC geraten, die von der RBI einige Fragen zu ihrem Russland-Geschäft beantwortet haben will. Risikochef Hannes Mösenbacher erklärte dazu, dass die Fragen allgemeiner Natur wären. „Es gibt keine konkrete Transaktion, auf die hingewiesen wird“, betonte er. Der OFAC sei es aber wichtig, dass man das Schreiben mit hoher Priorität behandle.

Verkauf der russischen Tochter gestaltet sich schwierig

Ein Verkauf des Russland-Geschäfts ist laut Strobl äußerst schwierig. Man sei aber in Gesprächen mit zwei Interessenten, räumte er ein. Er erklärte dazu, bei einem Verkauf brauche man zunächst einen Verkäufer, der nicht sanktioniert sei. Weiter sei die Zustimmung von mindestens fünf Behörde nötig.

Darüber hinaus brauche es ein Angebot mit einem Kaufpreis, der den Vorstellungen der Bank entspricht. „Das Präsidentenoffice bestimmt den Kaufpreis, der höchstens 50 Prozent des Wertes sein kann, den ein russischer Gutachter festsetzt“, sagte Strobl. Danach müsse man noch eine „Auswanderungssteuer“ in Höhe von zehn Prozent des Kaufpreises an den russischen Staat abliefern.

Eine Abspaltung würde etwa vier bis sieben Monate dauern und bedürfe der Zustimmung der Aktionäre. Dabei würden die RBI-Aktionäre dann zwei Aktien besitzen, eine für die RBI und eine zweite für das Russlandgeschäft. Das abgespaltene Geschäft könnte dann an der Wiener Börse gelistet sein.

Aktionäre bezweifelten die Umsetzbarkeit der Optionen und fragten den RBI-Chef, warum man es nicht offen ausspreche, dass ein Ausstieg derzeit nicht möglich sei. Strobl antwortete: „Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass wir es derzeit nicht für machbar halten, dann werden wir das öffentlich sagen.“

Die Präsenz in Russland werde man jedenfalls nicht leichtfertig aufgeben, sagte RBI-Aufsichtsratchef Erwin Hameseder in seiner Eröffnungsrede. Die Schadensminimierung habe oberste Priorität. Kritik übte Hameseder daran, dass der Bank „unmoralisches Verhalten“ vorgeworfen werde. „Wir seien der Verlockung des Geldes erlege und würden uns am Krieg bereichern wollen, völlig absurd“, so Hameseder. „Solche Vorwürfe sind inhaltlich ebenso falsch wie moralisch überheblich“.

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Er betonte, dass sich die meisten westlichen Unternehmen nicht aus Russland zurückgezogen hätten, darunter die Bank of America oder die italienische UniCredit. Bei einem Verkauf sei zudem zu bedenken, dass damit die russische Staatskasse gefüllt werden würde, sagte Hameseder. Der Aufsichtsratchef räumte ebenfalls ein, dass ein Verkauf äußerst schwierig sei. „Der Marktwert unserer Beteiligung, für die sich in der aktuellen Lage kaum ein wünschenswerter Käufer finden lässt, ist drastisch gesunken.“

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