Umbau im Privatkundengeschäft Das riskante Experiment der Hypovereinsbank

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Mehrmals wollte die Bank, die seit 2005 zur italienischen UniCredit gehört, deshalb einen Konkurrenten kaufen, erhielt aber nie den Zuschlag. Deshalb probiert es Buschbeck nun auf die harte Tour. Dass er das kann, hat er bewiesen. In der Bankenwelt hat er einen Ruf wie der Trainer Felix Magath im Bundesliga-Fußball. Er gilt als harter Hund, der Leute ordentlich rannimmt. Als er das Geschäft der schwedischen SEB in Deutschland leitete, mussten die Angestellten einmal pro Woche Rechenschaft über ihre Verkaufserfolge ablegen. Das machte die SEB zum abschreckenden Beispiel für übertriebenen Vertriebsdruck.

Zehn wichtige Tipps fürs Geldanlagegespräch
Ein Mann hält eine Check-Liste in den Händen Quelle: Fotolia
Staßenschilder warnen Fußgänger vor herabfallenden Steinen Quelle: dpa
Alternativen einfordernOft präsentieren Berater ihren Kunden nur ein Produkt – nach dem Motto „Das habe ich nur für Sie ausgewählt“. Nicht selten sind das die Produkte, für die der Berater die höchste Provision bekommt, aber eben nicht die für den Kunden passenden Anlagen. Sparer sollten unbedingt Alternativen einfordern, um vergleichen zu können. Genauso ist es wichtig, nicht nur eine Bank nach guten Anlagen zu fragen. Gehen Sie lieber zu mehreren Geldinstituten und vergleichen die Angebote. Quelle: Fotolia
Eine Dame in einem Beratungsgespräch Quelle: Fotolia
Ein Mann schaut durch eine Lupe Quelle: Fotolia
KostenrechnungHohe Gebühren fallen auch dann an, wenn der Kunde nicht in Wertpapiere investiert. Bei Bausparverträgen etwa verlangen Banken in der Regel einen Prozent der Bausparsumme als Abschlussgebühr. Anleger sollten eine genaue Übersicht einfordern, auf der alle anfallenden Gebühren und Provisionen aufgeführt sind. Wer ein kompliziertes Produkt wie einen Bausparvertrag nicht braucht, sollte sich nicht scheuen, nach einfacheren Anlagen wie einem Banksparplan zu fragen. Quelle: Fotolia
Ein Beratungsgespräch Quelle: Fotolia

Allerdings berichten Weggefährten, dass Buschbeck es bei der HVB nun etwas lockerer angehen lässt. Deren Kunden sind anspruchsvoller, legen mehr Wert auf Beratung. Ein Konzept, das nur auf schnelle Abschlüsse setzt, funktioniert da nicht.

Buschbeck will deshalb nun auch mehr als Techniker denn als Schleifer glänzen, will beim Banking via Internet und Smartphone ganz vorne mit dabei sein. Ständig präsentiert er etwas Neues: Demnächst stellt die HVB ein besseres Sicherheitskonzept für mobile Bankgeschäfte vor.

Aber auch in den Filialen soll es innovativ vorangehen, wenn auch unaufdringlich. „Wir wollen sie nicht zu Technik-Kathedralen machen. Sie finden dort nichts, was dem Kunden nicht nutzt“, sagt Buschbeck. So gibt es auf jedem Schreibtisch ein sogenanntes Signpad, mit dem die Kunden Dokumente digital unterschreiben können. Das spart den Ausdruck auf Papier.

Besonders große Stücke hält Buschbeck auf die Beratung per Videoschaltung. Über den Bildschirm können Experten so jederzeit bei Fachthemen weiterhelfen, auch wenn sie nicht vor Ort sind. Die Bank spart Kosten und verspricht dem Kunden gleichzeitig eine noch qualifiziertere Beratung. Drei Jahre hat die HVB das Konzept getestet, nun kommt es überall zum Einsatz.

Auch in Berlin. Um zu zeigen, wie gut es klappt, knipst Filialleiterin Hesse den Bildschirm an. Dort erscheint dann Sandra Schenkhut. Sie ist blond, lächelt, trägt ein Headset und steht in einem Leipziger Bürobau vor einer Wand mit HVB-Logo. Schenkhut ist Expertin für Immobilienfinanzierungen, sie rechnet aus, ob sich ein Kunde eine eigene Wohnung wirklich leisten kann. Sie fragt, wie viel er verdient, wie viel er im Monat ausgibt, wie viel er gespart hat. Das wirkt ein wenig schematisch, ein wenig unpersönlich.

Aber immerhin funktioniert es. Kaum ein Experte bezweifelt, dass solche Technologien eine wichtigere Rolle spielen werden. Die Frage ist nur, ob schon genug Kunden reif dafür sind, um den Filialschwund in der Fläche zu kompensieren. „Der Weg der HVB ist mutig. Er ist an sich richtig und nachvollziehbar, kann aber etwas zu früh kommen“, sagt Oliver Mihm, Chef der Beratung Investors Marketing in Frankfurt. „Für viele Kunden ist die Filiale immer noch der wichtigste Bezugspunkt zu ihrer Bank.“

Diese Länder haben die meisten Bankfilialen
SchweizSpätestens seitdem das gefährliche Geschäftsmodell von Zypern, ein überdimensionierter Banksektor, der das Geld ausländischer Sparer anlockt, gescheitert ist, stehen vor allem kleine Staaten mit großen Banken in der Kritik. Auch die Anzahl der Bankfilialen kann ein Indikator dafür sein, welche Rolle die Finanzindustrie in einem Land spielt. Allerdings weisen einige Länder allein aufgrund niedriger Bevölkerungszahlen eine hohe Filialdichte auf. Der Internationale Währungsfonds (IWF) gibt jährlich Daten darüber heraus, wie viele Bankfilialen ein Land je 100.000 Einwohner vorweisen kann. Für das Jahr 2011 hat es die Schweiz dabei gerade so in die Top Ten geschafft, mit 51 Filialen je 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: Deutschland kommt gerade einmal auf 15 Filialen je 100.000 Einwohner. Quelle: dpa
IslandDas was Zypern in den letzten Wochen durchmachte kennt Island gut. Dem dortigen Bankensystem wurde die Finanzkrise 2008 zum Verhängnis. Von der Pleite der größten isländischen Bank Kaupthing waren auch zahlreiche ausländische Sparer aus Großbritannien und den Niederlanden betroffen. Wie sich einer solche Krise auf das Bankensystem auswirken kann, zeigt ein Blick auf die Zahl der Bankfilialen. Während Island zu Spitzenzeiten 2004 auf 90 Filialen je 100.000 Einwohner kam, sind es mittlerweile nur noch 52. Quelle: dpa
BulgarienAuch Bulgarien liegt was die Bankfilialen angeht weit vorne, 58 Niederlassungen kommen auf 100.000 Einwohner. Allerdings gilt das Land dank niedrigem Defizit als stabil. Zuletzt wurde spekuliert, ob Russlands Sparer ihr Geld jetzt von Zypern nach Bulgarien verlegen. Quelle: dpa
PeruEtwas überraschend ist auch das südamerikanische Peru in der Liste der Länder mit den meisten Bankfilialen sehr prominent vertreten. Auf 58 Filialen je 100.000 Einwohner kommt das Andenland, welches vor allem für seine von den Inkas erbauten Ruinenstadt Machu Picchu bekannt ist. Quelle: dpa
PortugalMit Portugal taucht auf Platz Fünf des Rankings der erste Euro-Krisenstaat auf. 64 Bankfilialen entfallen auf 100.000 Einwohner. Die Krise hat das Land derweil noch längst nicht überstanden, erst in der vergangenen Woche gingen zahllose Portugiesen auf die Straßen, um gegen die dortige Sparpolitik zu demonstrieren. Quelle: dpa
MongoleiAuch wenn das Bild es nicht vermuten lässt, die Mongolei gehört zu den Ländern mit der höchsten Dichte an Bankfilialen je Einwohner. Auf 100.000 Einwohner kommen 66 Filialen. Das mag allerdings auch daran liegen, dass das asiatische Land zwar viermal so groß ist wie Deutschland, aber insgesamt nur rund 3,18 Millionen Einwohner hat. Damit gilt die Mongolei als einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. Quelle: REUTERS
ItalienMit Italien ist ein weiterer südeuropäischer Wackelkandidat in den Top-Fünf vertreten. 66 Bankfilialen je 100.000 Einwohner kann der Staat vorweisen. Zuletzt sorgte vor allem die Bank Monte dei Paschi für Wirbel, die älteste Bank der Welt. Unter anderem sollen sich Manager bereichert haben und Kommissionen kassiert haben. Die Affäre um das Geldinstitut forderte sogar bereits ein Opfer, Kommunikationschef David Rossi beging Selbstmord und hinterließ eine Nachricht. "Ich habe Mist gebaut", war dort zu lesen. Quelle: dpa

So zeigt eine aktuelle Studie von Investors Marketing, dass rund ein Fünftel der Kunden Bankgeschäfte immer noch ausschließlich über die Filiale abwickelt. Für 70 Prozent ist sie der wichtigste Weg zur Kontaktaufnahme mit der Bank, 80 Prozent nutzen sie zum Abschluss von Finanzprodukten und für ausführliche Beratungsgespräche.

Das ist auch eine Generationenfrage. So nutzen zwar 80 Prozent der Kunden unter 40, aber nur ein Drittel der über 60-Jährigen das Internet für Bankgeschäfte. Dabei sind die Älteren an sich interessant: Sie haben vielleicht wenig Ahnung von Computern, dafür aber oft ordentlich Geld.

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