Umbau im Privatkundengeschäft Das riskante Experiment der Hypovereinsbank

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Raum für drastische Szenarien

Seit die Umbaupläne bekannt sind, muss Buschbeck erklären, dass es um einen Befreiungs- und keinen Kahlschlag geht, dass er kein Totengräber, sondern ein Erneuerer ist, dass die Bank 300 Millionen Euro für die Modernisierung ausgibt. „Auch wenn wir deutlich Kosten sparen, senden wir ein klares Zukunftssignal“, sagt er. „Die Filiale ist und bleibt ein zentraler Beratungspunkt. Sie behält einen hohen Stellenwert, wir passen unser Netz aber an das veränderte Kundenverhalten an.“

Das macht den Banken schwer zu schaffen. Die Kosten für Mieten und Personal sind unverändert hoch, aber ähnlich wie im Einzelhandel erledigen Kunden ihre Geschäfte immer öfter online statt vor Ort. Hinzu kommen immer neue Vorschriften zum Schutz der Sparer, die Kreditinstitute teuer und aufwendig umsetzen müssen.

Zahl der Hochverdiener bei Banken nach EU-Land

Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken erhöht den Druck noch weiter. Sie sorgt dafür, dass der für das Ergebnis im Filialgeschäft entscheidende Zinsüberschuss fällt. Der ergibt sich im Wesentlichen aus der Differenz zwischen den Zinsen, die eine Bank für Einlagen zahlt, und denen, die sie für von ihr eingesetztes Geld bekommt. Vergibt sie dieses als Kredit, kassiert sie kaum noch etwas, kauft sie einigermaßen solide Wertpapiere, bringen die auch nur wenig ein. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen lag zuletzt bei 0,9 Prozent.

All das wird sich so schnell nicht ändern. Deshalb gibt es Raum für drastische Szenarien. Gerade erst haben die im Privatkundengeschäft einflussreichen Berater von Bain & Company in einer Studie vorgerechnet, dass deutsche Banken ihre Kosten in den kommenden Jahren um 25 Milliarden Euro drücken müssten, um ausreichend profitabel zu bleiben.

Der Weg dahin klingt brutal: 11 000 von derzeit noch 37 000 Zweigstellen müssten schließen, 125 000 von aktuell 630 000 Bankbeschäftigten sich einen neuen Job suchen. Der Umbruch sei vergleichbar mit dem der Stahlindustrie im vergangenen Jahrhundert, urteilen die Bain-Berater.

Das sind keine abstrusen Fantasien abgehobener PowerPoint-Artisten. Als die obersten deutschen Finanzaufseher jüngst die Ergebnisse des Stresstests der EZB vorstellten, mussten sie keine Durchfaller verkünden, machten aber deutlich, dass die Banken nicht einfach so weitermachen können wie bisher. Sie müssten mehr verdienen und dafür mehr sparen. „Dabei können sie an ihr vergleichsweise üppiges Filialnetz denken“, sagt der zuständige Bundesbankvorstand Andreas Dombret.

Dass nun ausgerechnet die HVB zum großen Schlag ausholt, ist kein Zufall. Das Institut aus München zählt zwar im Geschäft mit deutschen Unternehmen zu den ersten Adressen, ist bei Sparern und Hausbauern aber eine ziemlich kleine Nummer. Die HVB-Privatkunden sind im Durchschnitt zwar recht wohlhabend, es gibt aber auch nur gut vier Millionen von ihnen. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank kommt zusammen mit ihrer Tochter Postbank auf 24 Millionen. Wirklich flächendeckend ist die HVB nur in Bayern und Teilen Norddeutschlands vertreten.

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