Wirtschaft im Weitwinkel

Gibt es eine Zukunft für die europäischen Banken?

Deutschland scheint aktuell das Brennglas für die Schwäche des europäischen Bankensektors zu sein. Gleich zwei Banken standen in der letzten Woche im Mittelpunkt des Börsengeschehens. Was muss geschehen, damit sich die Lage im europäischen Bankensektor stabilisiert und eine mittelfristige Besserung möglich wird?

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Krise-des-europäischen-Bankensektors Quelle: dpa

Bei der Deutschen Bank löste die Androhung einer 14 Milliarden US-Dollar-Strafe durch das US-Justizministerium heftige Turbulenzen aus. Die Commerzbank kündigte eine abermalige Restrukturierung an. Sie will ihre Ertragskraft stärken. Die Belastungen für die europäischen Banken sind aber nicht nur in Deutschland zu spüren. Alle EU-Länder sind betroffen.

Es lassen sich im Wesentlichen drei Gründe für die Belastungen der europäischen Banken ausmachen: die niedrigen Zinsen, die regulatorischen Anforderungen sowie neue Wettbewerber, die sogenannten Fin-Techs. In Deutschland werden die Belastungen zusätzlich noch durch eine zu große Zahl an Banken verschärft. Schuld daran ist die Struktur des deutschen Bankwesens. Die Dreigliedrigkeit des deutschen Bankensektors (Sparkassen, Genossenschaftsbanken und private Banken) führt zu einer besonders hohen Zahl an Banken. Dazu kommt, dass viele ausländische Banken in Deutschland Fuß fassen wollen, da hier das Kreditgeschäft als attraktiv gilt und man entsprechend ein Stück vom Ertragskuchen abhaben möchte.

Durch die drei Belastungsfaktoren werden die Schwächen der Geschäftsmodelle offenbar. Diese Defizite sind ablesbar an der Ertragsschwäche der Banken. Die Wirkungskanäle der Belastungsfaktoren sind dabei völlig unterschiedlich. Die niedrigen Zinsen und Renditen belasten hauptsächlich die Margen der Banken, während die regulatorischen Kosten sich wie ständig steigende Fixkosten auswirken. Alleine für Deutschland rechnen wir durch die regulatorischen Anforderungen mit rund 10 Milliarden Euro Mehrkosten pro Jahr.

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Deutsche Bank Quelle: dpa
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Schloss Sanssouci in Potsdam Quelle: dpa
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Die Fin-Tech-Unternehmen andererseits vergrößern den Wettbewerb um potentielle und bestehende Kunden. Auf diese Unternehmen können sich traditionelle Banken nur langsam einstellen. Fin-Techs haben einfachere Geschäftsmodelle und unterliegen dadurch zum Teil einfacheren regulatorischen Auflagen. Zudem sind die Unternehmen sowohl von der IT-Struktur, wie auch von der Businessstruktur sehr wendig und können sich schnell auf sich ändernde Wettbewerbs- und Anforderungsprofile einstellen. Aktuell sind diese Unternehmen eine große Herausforderung für die traditionellen Banken. Generell sind die Fin-Techs aber Teil des normalen Wirtschaftskreislaufs und aus industriepolitischer Sicht sollten diese Unternehmen sich am Ende günstig auf die Effizienz des Bankensektors auswirken.

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Während die Fin-Techs also ein normaler Teil des Wirtschaftszyklus sind, sind die niedrigen Zinsen und die regulatorischen Kosten außergewöhnliche Belastungen für die Banken. Diese außergewöhnlichen Belastungen haben zur Folge, dass die Geschäftsmodelle der Banken mit einer enormen Geschwindigkeit gestresst werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die europäischen Banken besonders Anfällig für diese Art der Belastungen sind. Denn die europäischen Banken stellen für die Bankgeschäfte ihre Bilanz zur Verfügung. Als Gegenmodell kann man die US-amerikanischen Banken sehen, hier werden die Kredite nicht auf die eigene Bilanz genommen, sondern stattdessen über den Kapitalmarkt weitergegeben. Beide Modelle haben ihre Berechtigung und sind historisch gewachsen. Jedoch, in Europa hat sich das gegenwärtige System über lange Zeit bewährt und es lässt sich nicht leicht verändern, da die gesamte Wirtschaftsstruktur darauf aufgebaut wurde. So würde es z.B. den heutigen Mittelstand, ohne das Bankensystem, in der jetzigen Form nicht geben.

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