Wölfe der Wall Street kommen Die Milliardenmaschine Goldman Sachs

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"Die meisten Unternehmen stehen gut da"

Was erwarten Sie für das Jahr 2015?

Fink: Fusionen und Übernahmen sowie die Kapitalmärkte dürften weiter aktiv laufen. Viele Unternehmen haben starke Bilanzen mit hohen Barreserven und suchen weltweit nach Wachstum. Die Aufnahme von Fremd- und Eigenkapital ist zu historisch attraktiven Konditionen und in großen Volumina möglich. Das alles steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass es keine weiteren größeren politischen Krisen gibt.

Kukies: Auch für unser Geschäft mit deutschen Banken, Versicherern und Fondsmanagern bin ich optimistisch. Sie haben zum Beispiel auf die Herausforderungen des Niedrigzinsumfelds reagiert und Themen wie die Investition in Infrastruktur und erneuerbare Energien angepackt. Die Banken in Deutschland stehen deutlich gestärkt da, die deutsche Fondsindustrie hat Themen wie Multi-Asset, also die Diversifikation über verschiedene Anlageklassen, früh erkannt und erzielt im europäischen Vergleich beachtliche Mittelzuflüsse.

So viel verdienten die Dax-Vorstände im Jahr 2013
Anshu Jain und Jürgen FitschenDas Beratungsunternehmen Towers-Watson hat für die Studie „Vorstandsvergütung im Dax 2013“ die Geschäftsberichte von drei Vierteln aller Dax-Unternehmen analysiert. Sie zeigt, wie das Einkommen deutscher Top-Manager im internationalen Vergleich einzuordnen ist. Nicht dabei ist unter anderem die Deutsche Bank, die ihren Bericht erst am 20. März 2014 vorlegte: Dem Führungsduo Anshu Jain/Jürgen Fitschen wurde das erste volle Geschäftsjahr an der Konzernspitze mit einem deutlichen Gehaltsplus auf jeweils rund 7,5 Millionen Euro versüßt. Quelle: dpa
Martin BlessingGanz anders als bei Jain und Fitschen sieht es bei Martin Blessing aus. Durch seinen Bonusverzicht kommt der Commerzbank-Vorstand lediglich auf ein Fixgehalt, welches bei 1,3 Millionen Euro im Jahr liegt. Damit ist Blessing der Geringverdiener im Dax. Quelle: dpa
Christoph FranzDer Vorstandsvorsitzende der Lufthansa AG, Christoph Franz, bekam 1,8 Millionen Euro an Direktvergütungen und ist damit der Geringverdiener im Dax. Im Schnitt verdienen die Vorstände der Dax 30 nämlich 5,3 Millionen Euro im Jahr. Quelle: dpa
Reinhard PlossDirekt darauf folgt mit 1,9 Millionen Euro der Vorstandsvorsitzender des Chipherstellers Infineon. "Der DAX setzt sich aus Unternehmen mit ganz unterschiedlichen Geschäftsmodellen, Branchen und Größen zusammen. Zu den größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland zählen etliche Firmen, die auch im internationalen Vergleich als ‚Schwergewichte‘ gelten können. Daher sind die teils großen Differenzen bei der Vorstandsvergütung nicht überraschend", erklärt Olaf Lang, Leiter des Beratungsbereichs „Talent & Rewards“ bei Towers Watson, das Ergebnis. Quelle: dpa
Norbert SteinerTrotz des schwierigen Jahres, das hinter K+S liegt, bekam der Vorstandsvorsitzende des Rohstoffkonzerns, Norbert Steiner, im vergangenen Jahr noch 2,1 Millionen Euro an Direktvergütungen. Der milde Winter hat dem Dünger- und Salzproduzenten im ersten Quartal einen kräftigen Umsatz- und Gewinnrückgang beschert. Quelle: dpa
Rice PowellFresenius hat das abgelaufene Geschäftsjahr mit dem höchsten Konzernergebnis der Unternehmensgeschichte abgeschlossen. Der Überschuss stieg um zwölf Prozent auf 1,05 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis von Fresenius Medical Care betrug rund 1,7 Milliarden Euro. Vorstandsvorsitzender Powell konnte sich deshalb über 2,3 Millionen Euro in der Lohntüte freuen. Quelle: dpa
Reto Francioni1,2 Millionen Euro mehr, nämlich insgesamt 3,5 Millionen Euro verdiente der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, Reto Francioni, im letzten Jahr. Das EBIT der Deutschen Börse betrug 739 Millionen. Quelle: dpa

Die hohe Bewertung von Aktien und Wertpapieren ist über weite Strecken eine Folge der lockeren Geldpolitik der Zentralbanken. Sehen Sie keine Preisblasen?

Kukies: Die Bewertungen europäischer Aktien sind im historischen Vergleich weit davon entfernt. Gerade im Hinblick auf ihre Dividendenrendite können sie sogar interessante Investitionen sein. Auch bei Unternehmensanleihen sehe ich keine Blase.

Hochzinsanleihen von Unternehmen mit schwacher Bonität verzinsen sich heute zum Teil mit nur noch zwei Prozent. Das ist doch keine realistische Bewertung des Ausfallrisikos mehr.

Kukies: Wenn sich zehnjährige Bundesanleihen mit sehr niedrigen 0,6 Prozent verzinsen, strahlt dies auf alle Anlageklassen aus. Absolut sind die Renditen damit sehr niedrig. Den Aufschlag für riskantere Unternehmensanleihen mit überschaubarer Laufzeit halte ich allerdings für fair. Die meisten dieser Unternehmen stehen gut da, die Weltkonjunktur läuft trotz erhöhter Unsicherheit stabil.

Die Finanzierungen von Unternehmensübernahmen durch Finanzinvestoren sind so großzügig wie vor der Finanzkrise. Hier haben Sie und Ihre Kollegen offenbar nichts gelernt.

Fink: Das sehe ich anders. Der Schock der Finanzkrise ist sehr präsent. Für unsere Generation war das die große berufliche Zäsur, sie wirkt überall fort. Viele der heute Verantwortlichen in der Bankenwelt können sich noch sehr gut daran erinnern, wie sie mit Milliardenkrediten ohne Sicherheiten in die Krise geraten sind. Keine Finanzierung wird heute mehr so strukturiert, dass sie bei den ersten Krisenanzeichen problematisch wird. Auch die Verkäufer machen heute sehr klare Vorgaben an einen Investor, bevor sie ihm ein Unternehmen und dessen Mitarbeiter anvertrauen.

Regulierer bemühen sich, das Finanzsystem stabiler zu machen, um Krisen zu vermeiden. Welche Themen bewegen Sie derzeit besonders?

Kukies: Derzeit ist die Frage zentral, wer in einer Krise Liquidität bereitstellen könnte. Das hat es früher so nicht gegeben, weil die Welt an immer liquide Märkte glaubte – zu Unrecht, wie sich dann gezeigt hat.

Wenn die nächste Krise kommt, ist Goldman Sachs wieder als Erster ausgestiegen und verdient am Untergang kräftig mit.

Kukies: Auch wir können nicht mit Sicherheit vorhersagen, wie sich die Märkte entwickeln, aber wir legen viel Wert auf sehr sorgfältig geführte und laufend angepasste Risikomodelle. Außerdem bilanzieren wir nach „Mark-to-Market“-Regeln. Das heißt: Wir achten genau darauf, dass wir den Verkehrswert unserer Aktiva stets marktgerecht bewerten.

Ihre Kritiker schreiben Ihre frühe Reaktion weniger den Modellen zu als Ihren Beziehungen zu Politik und Notenbanken. Dort sitzen viele Ex-Mitarbeiter, die Ihrem alten Arbeitgeber angeblich gerne mal einen Gefallen tun.

Fink: Solange es Goldman Sachs gibt, wird es Verschwörungstheorien geben – mögen sie noch so abwegig sein. Wir werden unsere Klienten im öffentlichen Sektor und in allen anderen Wirtschaftszweigen weiter gewissenhaft betreuen. Wir wissen, dass wir uns ihr Vertrauen jeden Tag neu erarbeiten müssen.

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