Die obersten Bankenaufseher der BaFin und der Bundesbank, Raimund Röseler und Joachim Wuermeling, haben in Gesprächen mit der WirtschaftsWoche Geldhäuser vor drohenden Belastungen aus Konjunkturproblemen und rasantem Zinsanstieg gewarnt. Röseler, Exekutivdirektor der Finanzaufsicht BaFin, sagte: „Wir befinden uns in einer ganz schwierigen wirtschaftlichen Lage mit Lieferengpässen, massiv gestiegenen Energiepreisen, extrem hoher Inflation und steigenden Zinsen. Diese Mixtur könnte sich zu einem perfekten Sturm für die Banken und Sparkassen zusammenbrauen.“ Joachim Wuermeling, im Bundesbankvorstand für die Bankenaufsicht zuständig, sagte der WirtschaftsWoche, er sehe „Wirtschaft und Banken in nächster Zeit vor allem vor drei Belastungen: der hohen Inflation, einer vorübergehenden Wirtschaftsschwäche und einer rasanten Zinswende“.
Die Aufseher forderten Bescheidenheit von den Eigentümern der Banken und Sparkassen. Röseler sagte: „Vor dem Hintergrund der ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Lage appellieren wir an die Eigner und Träger von Banken und Sparkassen, bei den Gewinnausschüttungen und Bonizahlungen bescheiden zu sein.“
Bundesbanker Wuermeling analysierte, die Zinswende im vergangenen Jahr habe „Begehrlichkeiten bei Eignern und Trägern von Banken und Sparkassen geweckt, weil die Zinswende die Erträge von Banken und Sparkassen perspektivisch steigen lässt“. Kurzfristig führe die „rasante“ Zinswende aber auch zu Schwierigkeiten, etwa Abschreibungen auf Wertpapiere. „Die Gewinne könnten daher bei einigen Instituten zunächst niedriger ausfallen als zu Beginn der Zinswende angenommen“, sagte Wuermeling. „Wir können den Trägern und Eignern nur raten, möglichst viel Kapital in den Instituten zu halten und wenig der erzielten Gewinne auszuschütten“, mahnte der Bundesbanker im Gespräch mit der WirtschaftsWoche.
Die Bundesbank hatte Ende vergangenen Jahres gewarnt, Sparkassen und Genossenschaftsbanken hätten 12,3 Milliarden Euro auf Wertpapiere abschreiben müssen. Der Grund dafür ist, dass die rasche Zinswende zu massiven Kursverlusten vor allem bei Anleihen geführt hat, die Banken und Sparkassen besitzen. Die Europäische Zentralbank hatte die Leitzinsen im vergangenen Jahr von 0 Prozent auf 2,5 Prozent angehoben.
Aus Sicht von Bundesbanker Wuermeling sind die „negativen Effekte“ der Zinswende, zu denen auch die Abschreibungen zählen, für „Banken und Sparkassen in der Regel zwar nicht existenzgefährdend, weiterer Abschreibungsbedarf kann aber bei einigen Banken die Eigenkapitalquoten empfindlich treffen“. BaFin-Aufseher Röseler sieht das ähnlich: „Wir sehen im Moment nicht, dass Sparkassen und Banken in der Breite durch Abschreibungen auf Wertpapiere in ihrer Existenz gefährdet wären.“
Bundesbanker Wuermeling sorgt sich jedoch, in einem Extremszenario könnten die Banken weniger Kredite vergeben. „Noch führen die negativen Effekte der Zinswende und die Abschreibungen auf Wertpapiere im Aggregat nicht dazu“, sagte er. Auch die Politik gehe davon aus, dass es zu keiner Kreditklemme komme. „Das stimmt in Summe auch“, sagte Wuermeling. Aber: „Bei hohen Verlusten im Bankensystem könnten Banken die Kreditvergabe einschränken.“ Zu solchen Verlusten könne es bei weiteren Abschreibungen auf Wertpapiere oder Kreditausfällen durch eine sich verschlechternde wirtschaftliche Lage kommen. „Wir werden uns deshalb im Laufe des Jahres sehr genau anschauen, ob in bestimmten Regionen Einschränkungen in der Kreditvergabe auftreten, damit die Finanzstabilität weiterhin gewährleistet ist“, sagte Wuermeling. Nach jetzigem Stand erwarte die Bundesbank aber auch keine regionalen Kreditklemmen.
BaFin-Aufseher Röseler treiben die Abschreibungen der Banken ebenfalls um. „Wir erwarten von den Banken und Sparkassen, dass sie Verluste aus Abschreibungen sauber und transparent ausweisen“, forderte er. Die Geldhäuser sollten sich dabei keine Fehler erlauben: „Wir werden die Abschreibungspraxis der Banken in den kommenden Monaten genau prüfen“, sagte Röseler.
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