Bankenkrise Zitterpartie Bad Bank

Die Regierung hat nach Monaten endlich den Weg für die Bilanzbereinigung bei deutschen Kreditinstituten frei gemacht. Heute hat der Bundestag das überarbeitete Gesetz für das Bad-Bank-Modell beschlossen: Unklar ist weiterhin, ob es gegen die Bankenkrise hilft, und was es die Steuerzahler kostet.

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Wegweiser Bad Bank Quelle: lekcets - Fotolia.com

Der Bundestag hat heute mit den Stimmen von Union und SPD die Gesetzespläne zur Errichtung sogenannter Bad Banks verabschiedet. Die Zustimmung des Bundesrats soll nächste Woche erfolgen, voraussichtlich am 10. Juli. Die Zustimmung gilt als sicher. Zuvor hatten sich die Regierungsparteien darauf verständigt, sowohl Privatbanken als auch Länder und Sparkassen als Eigentümer der Landesbanken stärker zu entlasten als zunächst geplant. 

Wegen der Finanzkrise müssen die Banken derzeit ihre Schrottpapiere kontinuierlich abschreiben, was ihre Bilanzen in bedrohliche Schieflagen bringen kann. Für die ausgelagerten Papiere und Geschäftsfelder sollen die Alteigentümer weitgehend geradestehen, der Staat gibt Garantien ab. Damit wird Eigenkapital der Banken frei und erleichtert die Kreditvergabe. Mögliche Verluste sollen über Jahrzehnte gestreckt und aus den künftigen Gewinnen der Institute abgestottert werden. Die Commerzbank und die Postbank haben bereits erklärt, der Auffanglösung für toxische Papiere grundsätzlich offen gegenüberzustehen. Vom dem staatlichen Angebot können nicht nur Privatbanken, sondern auch öffentlich-rechtliche Institute, vor allem die kriselnden Landesbanken, profitieren.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wies Vorwürfe zurück, es werde ein neues Milliarden-Paket auf den Steuerzahler abgewälzt. Auf die Kritik von Sparkassen erwiderte er: „Der jetzige Zustand der Sparkassen ist der am höchsten risikobehaftete“. Die Haftungsregeln bei Verlusten seien für Sparkassen begrenzt. Eine weitere Entlastung würde auf den Bund abgewälzt. Steinbrück mahnte erneut dringend eine Neuordnung der Landesbanken an. „Der Problemdruck wird sie dahin bringen und die europäische Kommission auch.“ Wenn ein Institut glaube, es bleibe auch in drei bis vier Jahren bei dem jetzigen Geschäftskonstrukt, dann wäre das der größte Irrtum.

Für Privatbanken gilt laut Entwurf mit dem 30. Juni 2008 ein früherer Stichtag für die Bewertung ihrer „Giftpapiere“ bei der Auslagerung in die Bad Bank. Je früher der Stichtag, desto wertvoller die Papiere und umso größer das in die Bad Banks ausgelagerte Volumen. Damit erhöht aber zugleich das Risiko höherer Verluste zum Ende der Auslagerung. Das Gesamtvolumen „strukturierter Wertpapiere“ in Bilanzen deutscher Banken wird auf bis zu 230 Milliarden Euro geschätzt.

Sparkassen wiederum sollen nicht mehr komplett für das Verlustrisiko bei Landesbanken haften, sondern in Höhe ihrer Gewährträgerhaftung. Sie sollen nicht überfordert werden. Die SPD hat außerdem die Pflicht zu einem „Stresstest“ für die Institute durchgesetzt, die die „Bad-Bank“-Hilfe nutzen wollen. Auch soll die Auflagen wie beim Bankenrettungs-Fonds Soffin gelten, wonach die Gehälter der Vorstände auf 500.000 Euro begrenzt, Bonuszahlungen gestrichen sowie Ausschüttungen gesperrt werden können.

Das Regelwerk sieht drei Möglichkeiten vor, wie sich Banken von Schrottanleihen sowie von Geschäftsfeldern trennen können, die ihre Sanierung behindern:

Zweckgesellschaften

Die SPV-Modell (“Special Purpose Vehicle“) genannte Variante richtet sich vornehmlich an Privatbanken, steht aber auch öffentlich-rechtlichen Instituten offen. Die Geldhäuser können Zweckgesellschaften gründen, auf die sie strukturierte Wertpapiere übertragen. Die Bilanz der Kernbank wird dadurch entlastet, das zur Absicherung bisher erforderliche Eigenkapital wird frei, die Bank hat wieder mehr Eigenmittel zur Unterlegung von Krediten. Nach Expertenschätzung könnten Schrottpapiere im Gesamtvolumen von bis zu 230 Milliarden Euro ausgelagert werden.

Die auslagernde Bank muss sich einem Stresstest durch die Bankenaufsicht unterziehen und Auflagen akzeptieren, zum Beispiel einen Gehaltsdeckel für Vorstände von 500.000 Euro. Bewertungsstichtag für die Papiere ist der 30. Juni 2008. Auf Druck der EU gibt es einen Wertabschlag von zehn Prozent, der aber mit den seitherigen Bewertungskorrekturen in der Bilanz verrechnet werden kann. Die Aufsicht kann zudem einen weiteren Abschlag verlangen - das Ergebnis ist der Fundamentalwert. Die Differenz zum bisherigen Buchwert muss die Bank in bis zu 20 Jahresraten an die Zweckgesellschaft abstottern. Bleibt nach dem Auslaufen der Papiere ein Verlust übrig, stehen die Aktionäre mit einer Kürzung ihrer Dividende dafür gerade. An die Stelle der Schrottpapiere in der Bankbilanz treten stabile Schuldverschreibungen der Zweckgesellschaft, die vom Bund garantiert werden: Geht die Bank pleite, haftet der Staat.

Bundes-Aida

Das zweite Modell zielt vornehmlich auf die Landesbanken ab. Die Institute können beim Bankenrettungsfonds SoFFin eine Abwicklungsanstalt gründen. In diese „Anstalt in der Anstalt“ (AIDA) können sie Risikopositionen und nicht-strategische Geschäftsbereiche ausgliedern. Dort werden sie über die Jahre abgewickelt, ohne fortlaufend die Bilanz der Kernbank zu belasten. Die muss sich ebenfalls einem Stresstest unterziehen. Die Landesbanken sollen die Bundes-Aida nur nutzen dürfen, wenn sich die beteiligten Bundesländer zu einer Neuordnung des Landesbankensektors bereit erklärt haben. Die EU-Kommission muss die Einrichtung einer Aida genehmigen. Gewöhnlich macht sie dabei harsche Auflagen. Für ihre Verluste haften die Eigentümer der Landesbanken: Bundesländer, Private und Sparkassen. Letztere allerdings nur bis zur Höhe der von ihnen übernommenen Gewährträgerhaftung. Sind die Verluste, die auf sie entfallen, höher, wird der Fehlbetrag vom Bund vorfinanziert. Er muss in den Folgejahren aber aus den Bank-Gewinnen rückerstattet werden.

Landes-Aida

Auf Druck der Länder wird zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt, eine Aida nicht unter dem Dach der Soffin einzurichten, sondern separat nach Landesrecht. Die finanzielle Verantwortung tragen dann aber vollständig die Bundesländer, der Bund beteiligt sich nicht, hat aber auch keinen Einfluss.

Kommunen kritisieren Bad-Bank-Pläne

Die Kommunen machen weiter mobil gegen die Pläne zur massiven Entlastung der Landesbanken von Risikopapieren. Vor den abschließenden Beratungen des Bundestages über den Gesetzentwurf warnten sie erneut vor einer Überforderung der Sparkassen. In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten die Kommunal-Verbände heute in Berlin die mit dem Bad-Bank-Modell geplanten Haftungsregeln für Sparkassen bei möglichen Verlusten. Die jüngsten Korrekturen zu Gunsten der Sparkassen als Landesbank-Eigentümer halten die Kommunen wie auch der Sparkassenverband DSGV für unzureichend. Union und SPD haben weitere Nachbesserungen aber ausgeschlossen.

Die Privatbanken hingegen begrüßten den Beschluss. „Das Gesetz ist ein wichtiger Baustein, um einer möglichen Kreditklemme in den nächsten Monaten vorzubeugen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Manfred Weber. Jede Bank werde jetzt „verantwortungsvoll prüfen, ob und inwieweit sie von der Möglichkeit Gebrauch machen sollte“.

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