Beiersdorf Nivea erlebt sein blaues Wunder

Die Traditionsmarke Nivea hat im 100. Jahr ihres Bestehens Falten und Altersflecken bekommen. Nun soll kräftig gestrafft werden.

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Nivea-Dosen im Beiersdorf-Werk Quelle: dpa

Ein attraktives junges Pärchen räkelt sich in der Morgensonne in einem Bett. Sie, blond im knappen Unterhemdchen. Er, mit nacktem Oberkörper und Drei-Tage-Bart. Sie fragt ihn, ob er sie liebt und er säuselt zurück: „Jedes Mal, wenn ich in dein Gesicht sehe.“  Im neuen TV-Spot für die Gesichtspflege-Produkte der Marke Nivea ist die Welt noch in Ordnung.

Beim Produzenten der weltberühmten Marke, dem Hamburger Beiersdorf-Konzern, ist das schon lange nicht mehr der Fall. Die Marke, die in diesem Jahr 100 Jahre alt wird, hat Falten bekommen. Die Jahrzehnte währende Erfolgsgeschichte ist unterbrochen, Rekordergebnisse wie in den Jahren zuvor können sich die Hamburger erstmal abschminken.

Weltmarke Nivea schwächelt

Beiersdorf, zu dem auch die Klebstoffmarke Tesa gehört, rechnet im laufenden Geschäftsjahr mit einem Nullwachstum, der Gewinn werde sogar voraussichtlich fallen, sagte Beiersdorf-Chef Thomas Quaas anlässlich der Vorlage des endgültigen Zahlenwerks für das Geschäftsjahr 2010. Eckdaten des Jahresabschlusses waren schon im Januar bekannt gegeben worden. Somit bot das eigentliche Zahlenwerk keine Überraschungen mehr. Das Nettoergebnis sank von 380 auf 326 Millionen Euro, belastet von Umbaukosten und Wertberichtigungen auf dem chinesischen Markt. Das Betriebsergebnis sank leicht von 587 auf 583 Millionen Euro. Ohne Sondereffekte legte es sogar leicht zu. Der Umsatz stieg um rund acht Prozent auf 6,2 Milliarden Euro.

Die Schwäche der Weltmarke Nivea hat mehrere Gründe. Hauptproblem ist jedoch das Kerngeschäft Körperpflege, also Duschgels, Cremes oder Shampoos. In diesem Segment hat vor allem Wettbewerber Henkel mit der Marke Syoss für erdrutschartige Umsatz- und Marktanteilsverschiebungen gesorgt. Syoss ist laut Henkel die erfolgreichste Einführung einer Haarpflege-, Styling- und Colorations-Marke der vergangenen zehn Jahre.

Kein Wunder also, das fast alle namhaften Wettbewerber im vergangenen Jahr teils kräftige Umsatzrückgänge hinnehmen mussten – nicht allein Nivea: So verlor Pantene von Procter & Gamble gut zehn Prozent Umsatz und Elvital von L’Oreal sieben Prozent. Besonders arg gebeutelt wurde freilich Nivea Hair Care: minus 16 Prozent. Einfacher wird die Lage auch in den kommenden Monaten nicht. Denn nun bläst auch noch Konsumgütergigant Procter & Gamble mit Wella Pro Series zum Angriff auf Syoss.  

Creme als Kernkompetenz

Noch ein wenig düsterer sieht es im Bereich der dekorativen Kosmetik aus, also im Geschäft mit Rouge, Kajal, Lippenstift und Co. Hier verlor im vergangenen Jahr sogar der Gesamtmarkt fast zehn Prozent seines Umsatzes. Nun zieht Beiersdorf die Konsequenzen: Die über Jahre forcierte Ausweitung des Markenangebots und die Spreizung der Marke Nivea in nahezu alle denkbaren Teilbereiche des Kosmetikmarktes soll gestoppt werden, zahlreiche Produkte und Produktserien wie Nivea Beaute sollen aus dem Sortiment gestrichen werden. Den Konzern wird das zum einen erheblichen Umsatz kosten. Zum anderen sollen bis 2012 rund 270 Millionen Euro in die Neustrukturierung gesteckt werden.  

Beiersdorf will sich bei Nivea wieder auf die Kernkompetenz Creme konzentrieren. „Im Dezember des vergangenen Jahres haben wir mit der Entscheidung für ein Maßnahmen- und Investitionspaket wichtige Weichen für den künftigen Erfolg von Beiersdorf gestellt. Im Jahr 2011 steht dessen konsequente Umsetzung mit der Fokussierung auf die Kernkompetenz von Beiersdorf, die Haut- und Körperpflege, im Mittelpunkt“, sagte Thomas Quaas. Den Ausblick für 2011 und das kommende Jahr beließ das von der Tchibo-Mutter Maxingvest kontrollierte Unternehmen unverändert.

Gestört wird ein ruhiger und konzentrierter Umbau der Marke und des Konzerns immer wieder durch hoch kochende Gerüchte: So wird immer wieder kolportiert, Procter & Gamble (Wella) wolle sich den Nivea-Hersteller einverleiben. Dabei wurden nicht selten Preise oberhalb der 50-Euro-Marke je Anteilsschein genannt. Aktuell notiert die Aktie bei rund 43 Euro. Zuletzt hieß es, dass die Familie Herz ihre über die Holding Maxingvest gehaltene 50-prozentige Beteiligung verkaufen könnte, um damit die Übernahme des Kaffeegeschäfts des US-Konkurrenten Sara Lee (Senseo) zu finanzieren und dieses mit Tchibo zu fusionieren.

Vielleicht liegen also bald Nivea und Wella kuschelnd in den Federn. Und auf die Frage der Wella-Flasche, ob die Nivea-Dose sie liebe, antwortet diese dann vielleicht: „Ja, jedes Mal wenn ich dein Geld sehe.“

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