BMW, Siemens, SAP Wie Deutschlands Konzerne von Trumps Steuerreform profitieren

Von wegen „America first“ – fast alle deutschen Konzerne profitieren von der US-Steuerreform. Das sind die Gewinner – und die wenigen Verlierer.

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Wie BMW, Siemens und SAP von Trumps Steuerreform profitieren Quelle: dpa

Düsseldorf In der Theorie klingt „America first“ so einfach: Donald Trump verspricht seinen Landsleuten niedrigere Steuern, um sie gegenüber ausländischen Wettbewerbern zu schützen. Im Visier steht vor allem Deutschland mit seinem hohen Exportüberschuss und den vielen exportstarken Industrieunternehmen.

In Richtung BMW schimpfte der amerikanische Präsident: „Wenn sie eine Fabrik in Mexiko bauen und Autos in die USA verkaufen wollen ohne eine 35-Prozent-Steuer, dann können sie das vergessen.“ Auch deshalb hatte Trump seinen Wählern die größte Steuerreform seit der Amtszeit von Ronald Reagan vor 30 Jahren versprochen. Und er hielt Wort, denn kurz vor Weinachten verabschiedeten Senat und Repräsentantenhaus die Reform.

Herzstück aus Sicht der Unternehmen ist die von 35 auf 21 Prozent gesenkte Körperschaftssteuer. Doch anders als vermutlich erhofft, begünstigt Amerikas Steuerreform keinesfalls nur amerikanische, sondern auch ausländische Unternehmen, sofern sie in Amerika produzieren. Größter Profiteur in Deutschland sind ausgerechnet eben jene von Trump so heftig kritisierten Autobauer mit ihren großen Produktionsanlagen in Spartanburg (BMW), Tuscaloosa (Daimler) und Chattanooga (VW).

Aber auch viele andere profitieren. Der Grund: Die Autobauer und fast alle anderen Großkonzerne wie Deutsche Telekom, Fresenius, Thyssen-Krupp und Siemens exportieren nicht nur Autos, Telefon-Dienstleistungen, Dialysegeräte, Stahl und Kraftwerke in die USA – sie produzieren sie auch in der größten Volkswirtschaft. Deshalb sparen auch sie amerikanische Steuern. Das zeigen Nachfragen des Handelsblatts bei den Unternehmen und die gerade begonnene Bilanzsaison. Ein Überblick über viele Profiteure – und wenige Verlierer:

Die größten Gewinner

Daimler fuhr 2017 einen Rekordgewinn ein: Nach Steuern fiel das Plus mit 23 Prozent auf 10,5 Milliarden Euro auch deshalb so deutlich aus, weil der Stuttgarter Autobauer rund eine Milliarde Euro nach Senkung der US-Körperschaftssteuer sparte. An seinem größten US-Standort in Tuscaloosa produziert Daimler seit 20 Jahren. Künftig sollen dort Elektrofahrzeuge vom Band laufen. Geplant ist außerdem der Bau einer Batteriefabrik. Insgesamt will Mercedes Benz eine Milliarde Dollar in die Erweiterung seines Engagements in der Region investieren und 600 neue Arbeitsplätze schaffen.

BMW rechnet noch, beziffert aber den positiven Effekt aus der Steuerreform zwischen 950 Millionen und 1,55 Milliarden Euro. Die Münchener produzieren seit gut 25 Jahren im amerikanischen Spartanburg und beschäftigen dort über 9.000 Menschen, weitere 1.000 Stellen sollen neu geschaffen werden.

Wer auch noch profitiert

Siemens: Konzernchef Joe Kaeser hat in Davos US-Präsident Donald Trump zur Steuerreform beglückwünscht. Aus gutem Grund: Im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahrs 2018 bescherten die gesenkten Unternehmenssteuern Siemens einen Sonderertrag von 437 Millionen Euro. Der Mischkonzern beschäftigt in den USA über das ganze Land verteilt in 50 Fabriken mehr als 50.000 Mitarbeiter, die für 17 Milliarden Euro Umsatz und damit gut ein Fünftel des Gesamtumsatzes stehen.

BASF: Europas größter Chemiekonzern profitierte im abgelaufenen Geschäftsjahr mit einem Zusatzgewinn von 400 Millionen Euro. Mit seinem starken Amerika-Geschäft wird BASF Jahr für Jahr Ersparnisse erzielen.

Covestro: Die ausgegliederte Bayer-Tochter erwartet einen positiven Sondereffekt von 85 Millionen Euro. Das sind rund zehn Prozent des Konzernüberschusses. Der Effekt ist im Prinzip dauerhaft – solange der Kunststoff-Spezialist in Amerika Gewinne erwirtschaftet. 2018 dürfte sich auf Grund der US-Steuerreform die Konzern-Gesamtsteuerquote um ein bis zwei Prozentpunkte reduzieren.

SAP: Vielen Dank für die Einladung - und vielen Dank, dass Sie all dieses Wachstum anregen“, entgegnete SAP-Chef Bill McDermott dem neben ihm am Tisch sitzenden US-Präsidenten Donald Trump beim Dinner in Davos. Die Walldorfer profitierten im abgelaufenen Quartal mit rund 200 Millionen Euro von Amerikas Steuerreform. Auch künftig dürfte SAP höhere Gewinne einfahren, weil in den USA weniger Körperschaftteuer fällig wird.

Fresenius Medical Care: Einen starken Effekt hat die Steuerreform auch beim Dax-Konzern Fresenius Medical Care (FMC). Der Dialysespezialist erzielt traditionell einen Großteil seines Umsatzes in den USA, hat dort große Firmen wie Renal Care übernommen. Das neue Abgabensystem bringe dem Unternehmen 2017 einen einmaligen Buchgewinn von rund 200 Millionen Euro ein, teilte die Tochter des hessischen Gesundheitskonzerns Fresenius mit. Entsprechend erhöhe sich der Nettogewinn.


Die Verlierer: Thyssen-Krupp, Deutsche Bank und Co.

Deutsche Bank: Des einen Freud, des anderen Leid: Trumps Reform verringert zwar die Steuerlast. Doch damit nimmt auch der Wert von Verlustvorträgen ab. Diese entstehen auf in Vorjahren angefallene Verluste, die nach und nach steuerlich geltend gemacht werden können. Das betrifft vor allem Banken, weil sie in der Vergangenheit viele Verluste angehäuft haben. Ursache dafür ist die Finanzkrise, in der die Institute riesige Verluste erwirtschaftet haben. Da nun die Steuer sinkt, fallen die bilanzierten Verlustvorträge niedriger aus – und führen deshalb jetzt zu höheren Belastungen. Die Steuerreform kostete die Deutsche Bank 2017 rund 1,5 Milliarden Euro – und führte dazu, dass Deutschlands größte Bank nach 2015 und 2016 auch 2017 rote Zahlen schrieb.

Allerdings: Geld fließt bei diesen nun korrigierten Verlustvorträgen keines, damit auch nicht weniger – sie sind nicht cashwirksam. Bei all diesen Einmaleffekten geht es „nur“ um veränderte Bilanzierungen.

Thyssen-Krupp: Auch Davos-Dinner-Teilnehmer Heinrich Hiesinger erwartet einen Geldregen aus Amerika - allerdings nach einem einmalig negativen Effekt. Dieser entsteht, weil der Stahlhersteller nach seinen gescheiterten Übernahmen in den vergangenen Jahren rote Zahlen schrieb. Die bilanzierten Verlustvorträge lassen sich nun steuerlich weniger stark geltend machen. Sie führen deshalb zu höheren, allerdings nicht Cash-wirksamen Belastungen.

Für das vergangene Quartal musste Thyssen-Krupp deshalb Wertberichtigungen von rund 100 Millionen Dollar vornehmen. Danach profitiert der Konzern, der mit Aufzügen, Autoteilen und dem Werkstoffhandel in den USA vertreten ist, von den niedrigeren Steuern. Vorausgesetzt, der Essener Konzern erwirtschaftet künftig in seinem Amerika-Geschäft Gewinne.

Heidelberg Cement: Der Baustoffriese muss nach eigenen Angaben latente Steuerforderungen auf Verlust- und Zinsvorträge im Konzernabschluss 2017 neu bewerten, was am Ende den Jahresüberschuss um etwa 200 Millionen Euro belasten wird.

Auch der Sportartikelhersteller Adidas rechnet mit einem kleineren negativen Einmaleffekt. Der Versicherer Allianz bezifferte ihn auf rund 160 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2017. Aber: Längerfristig überwiegen für alle Unternehmen, die in den USA produzieren oder ihre Leistungen anbieten, die Vorteile. So rechnet die Allianz künftig mit einer jährlichen Steuerersparnis von 400 Millionen Dollar – nach jetzigem Stand also 330 Millionen Euro. Und auch Thyssen-Krupp geht nach einmaligen negativen Effekten im abgelaufenen Geschäftsjahr künftig von höheren Erträgen aus, eben weil in den USA weniger Steuern fällig werden.

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