
Bernhard Simon gibt sich pragmatisch. Trotz eines „knapp zweistelligen Minus beim Umsatz“, ist der Chef des Logistikunternehmens Dachser „äußerst dankbar für 2009“. Das Jahr habe ihm gezeigt, dass die Wege nicht nur nach oben führen, Demut wichtig sei und er sein Geschäft hier und da neu ausrichten müsse, etwa bei der Nachwuchsarbeit. Simon führt das Familienunternehmen aus Kempten in dritter Generation. Im Deutschland-Geschäft ist Dachser mit mehr als zwei Milliarden Euro Umsatz bereits die Nummer vier — hinter der Deutschen Bahn, der Post und Kühne+Nagel.
Dass Dachser zum Teil besser durch die Krise fuhr als Wettbewerber und auf Kurzarbeit verzichten konnte, liegt an der ausgewogenen Ausrichtung des Geschäfts: Lebensmittelindustrie und Baumärkte sind die wichtigsten Kunden — beide Branchen sind weniger hart von der Krise betroffen. Vorteile bringt auch, was Simon den „Königsweg“ nennt: Dachser übernimmt für die Kundschaft nicht nur die komplette Lagerhaltung, Dachser-Softwareentwickler übernehmen die Anpassung der IT-Systeme an die Informationstechnik der Kunden.
DHL fertigt Türen für Audi
Solche Geschäftsmodelle zählen nach Ansicht der Unternehmensberatung Arthur D. Little (ADL) durchaus zu den Gewinnern der Krise. „In der Zukunft werden vor allem Logistikunternehmen profitieren, die spezialisierte Serviceleistungen anbieten“, sagt Ralf Baron, Partner bei ADL. Ein strategischer Vorteil könne darin bestehen, sich auf Branchen zu fokussieren und für Unternehmen nicht nur reine Transportleistungen, sondern die komplette Steuerung der Logistikprozesse zu übernehmen. Im Idealfall übernehmen sie für ihre Kunden die Logistik als Generalanbieter, in dem sie für alle Fragen einziger Ansprechpartner sind und den Pool sämtlicher Sub-Unternehmer koordinieren.
Voraussetzung für diese sogenannten Lead-Logistics-Provider-Konzepte ist eine umfangreiche Expertise in der Kontraktlogistik: Dabei übernehmen die Dienstleister neben dem Transport auch weite Teile der Vorproduktion. Pionier Fiege, ursprünglich Spediteur, stanzt beispielsweise Bleche für den Hubschrauber-Produzenten Eurocopter, Kurierversender DHL fertigt Türen für Audi.
Dem Bereich Kontraktlogistik gehört nach Expertenansicht die Zukunft. Das Umsatzvolumen in Europa schätzt die Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Technologien der Logistik-Dienstleistungswirtschaft auf rund 340 Milliarden Euro – nur ein Viertel davon ist bereits an Logistiker ausgegliedert, den Rest übernehmen die Produzenten in Eigenregie. Das Potenzial ist also riesig.
Der reine Transport von Waren und Gütern hingegen wird es „weiterhin schwer haben“, glaubt Berater Baron. Allein der Schienengütertransport der Deutschen Bahn verlor 2009 knapp 25 Prozent Umsatz, die Luftfracht zehn Prozent, die Containerschifffahrt 13 Prozent. Drei, vier Jahre werde es dauern, bis das Containeraufkommen in den Nordseehäfen wieder den Stand von 2008 erreicht hat, meint Detthold Aden, Vorstandsvorsitzender des Bremer Hafenbetreibers BLG.
Langfristig, darin sind sich alle Experten einig, geht der Trend zur Globalisierung weiter. Dabei gilt eine Faustregel: Wächst die Wirtschaft um ein Prozent, steigen Welthandel und Transportmengen um drei Prozent. Die Stimmung dürfte sich also wieder aufhellen.