Briefverkehr Zweiter Angriff auf die Post

Nach den Pleiten durch den Mindestlohn starten die Konkurrenten der Deutschen Post einen zweiten Anlauf. Pin & Co. setzten diesmal auf das Internet: Hybrid-Post heißt das neue Angebot.

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Eine PIN-Mitarbeiterin fährt Quelle: dpa

Das geheime Treffen steigt am kommenden Donnerstag in Berlin. Dort, in der Straße Alt-Moabit 91, direkt gegenüber dem Bundesinnenministerium, residiert Pin Mail. In der Zentrale des Berliner Briefdienstes wollen Manager regionaler Zustelldienste sich gegen die Deutsche Post verbünden. Mit von der Partie sind Briefdienste aus dem Stuttgarter Verlagskonzern Georg von Holtzbrinck, darunter Firmen wie Arriva aus Freiburg und Main-Post Logistik aus Würzburg. Prominentester Teilnehmer ist ein Vertreter der holländischen TNT Post . Das Ziel der Runde: Für die Briefzustellung in Deutschland soll eine neue Ära beginnen – und die Deutsche Post möglichst viel Geschäft verlieren.

Im Zentrum des Schlachtplans steht die Nutzung des Internets, um den Transport von Geschäftspost zu vereinfachen, zu beschleunigen und damit drastisch zu verbilligen. Dazu wollen sich die Angreifer einer neuen Computersoftware namens Pawisda bedienen. Die hilft, elektronische Daten – etwa Rechnungen oder Versicherungsmitteilungen – erst in der Zustellregion in echte Briefe umzuwandeln, damit sie dort nur noch kuvertiert und ausgetragen werden müssten. Das würde enorm Kosten sparen.

Der zweite Versuch, die Post zu attackieren

Für die alternativen Postdienstleister in Deutschland ist es der zweite große Versuch, den Marktführer in seinem profitabelsten Geschäft anzugreifen, der Briefzustellung. Seit Jahren kämpfen die Unternehmen gegen die Übermacht der Deutschen Post, die mit einem Marktanteil von mehr als 90 Prozent unangefochten die Spitzenposition verteidigt und Milliarden verdient. Bislang scheiterten alle Versuche an den hohen Kosten beim Transport und der Aufrechterhaltung eines überregionalen Netzes bei geringer Sendungsmenge. Der erste große Versuch, unter dem Dach von Pin und Axel Springer Verlag ein deutschlandweites Zustellnetz aufzuziehen, wurde 2008 durch die Einführung des Mindestlohns in etwa auf Post-Niveau abgewürgt.

Doch mithilfe des Zwitters aus Elektronik und Papier wittern Konkurrenten, die meist als kleine regionale Unternehmen ihre Briefboten durch nahe gelegene Städte und Kreise schicken, ihre Chance, der bundesweiten Zustellung von Briefen jetzt doch entscheidend näherzukommen. Hybrid-Post heißt die Kombination im Branchenjargon. Die Deutsche Post bietet das schon seit Jahren Großversendern wie Versicherern oder Telefongesellschaften an. Neu an dem System der Wettbewerber ist nun, dass sie den Service auch anderen Kunden anbieten.

Schon tausend Briefe pro Tag

Die Speerspitze der Bewegung ist Pin Mail, ein Überbleibsel des zerbrochenen Springer-Reichs, das durch die Briefträger in grünem Outfit stadtbekannt wurde. Im Juli startete Pin ein Briefportal im Internet, bei dem Kunden Word-Dokumente, PDF-Dateien, Anhänge und Firmenlogos hochladen und als Brief in Papierform an den Empfänger schicken lassen können. Obwohl das Portal erst wenige Wochen offen ist, „bekommen wir so rund 1000 Sendungen pro Tag“, sagt Oliver Tim Hänel, Mitglied der Geschäftsleitung. Mindestens die Hälfte der Sendungen stammen von Neukunden – für Hänel „ein Erfolg“. Weiterer Vorteil: Diese Briefe müssen nicht mehr beim Versender abgeholt werden.

Noch steckt der Markt für Hybrid-Post am Anfang, doch Experten erwarten einen Durchbruch. Zwar verfügen Großunternehmen schon längst über IT-Lösungen, mit denen sie Rechnungen und Werbepost digital steuern und drucken lassen. Doch dabei handelt es sich um Serienbriefe. Individuelle Briefe, die 50 Prozent der Sendungsmenge in Deutschland ausmachen, werden immer noch häufig per Hand ausgedruckt und eingetütet.

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