
Ein breiter, akkurat gepflasterter Weg führt zur Fabrik von Mubea in der Nähe von Shanghai. Vor dem Eingang gedeiht ein großer Rasen, Palmen rascheln im Wind. Durch ein Fenster im ersten Stock des Bürotraktes geht der Blick hinunter in die lichtdurchflutete Fabrikhalle. Chinesische Arbeiter stehen an deutschen Maschinen und fertigen Achsfedern und Fahrwerkskomponenten für Autos. Der Boden ist gefegt, in einer Ecke haben Arbeiter Holzpaletten ordentlich gestapelt.
Das Werk von Mubea, einem Autozulieferer aus der Nähe von Olpe im Sauerland mit einem Jahresumsatz von rund 700 Millionen Euro, versprüht deutsche Idylle und Gründlichkeit, und das inmitten eines der größten Industriezentren Chinas. Mit den teils heruntergekommenen taiwanischen, aber auch japanischen Fabriken der Region, wo zuletzt Tausende Arbeiter in den Ausstand traten, hat das deutsche Werk nichts gemein.
„Wir stellen keine Zeichen von Unruhe bei unseren Arbeitern fest“, sagt Andrzej Wojcikowski, Geschäftsführer bei Mubea in China. Der Deutsche ist verantwortlich für rund 200 Arbeiter. In den kommenden ein bis zwei Jahren will er die Belegschaft verdoppeln, denn das Geschäft läuft gut. Der Umsatz in China ist 2009 um 50 Prozent gestiegen. Für 2010 rechnet Wojcikowski mit einem ähnlich starken Zuwachs. Mubea beliefert unter anderem Volkswagen und General Motors, und deren Absatzzahlen steigen derzeit mit hohen zweistelligen Raten.
Auto, Umwelttechnik, Werkzeuge
Rund 5000 Unternehmen aus Deutschland engagieren sich in China. Sie hatten bis Ende 2009 fast 17 Milliarden Euro im Reich der Mitte investiert, nicht eingerechnet die in China erwirtschafteten und reinvestierten Gewinne. Es sind größtenteils Autozulieferer wie Mubea, Hersteller von Umwelttechnik wie Nordex oder Werkzeugproduzenten wie der Motorsägenbauer Stihl, die in China expandieren, aber auch Konzerne wie VW, BASF und Siemens.
Doch während sich die Streiks vor allem bei japanischen Firmen in China immer mehr ausweiten – in der vergangenen Woche legten die Mitarbeiter des Autozulieferers Denso in Südchina, der auch Toyota beliefert, die Arbeit nieder –, herrscht in den deutschen Fabriken Friede, und es wird geklotzt. Offenkundig gehen die Unternehmen aus dem fernen Europa anders mit den Einheimischen um als ihre Konkurrenten aus dem asiatischen Kulturraum.
Bessere Arbeitsbedingungen bei europäischen Firmen
„Generell kann man sagen, dass Löhne, Zuschläge und die Arbeitsbedingungen bei europäischen Firmen in China besser sind als bei anderen“, sagt Geoffrey Crothall, Sprecher bei China Labor Bulletin in Hongkong (CLB). Die Nichtregierungsorganisation setzt sich von Hongkong aus für die Rechte chinesischer Arbeiter ein. In der Volksrepublik sind solche Verbände verboten.
Bernd Reitmeier, stellvertretender Geschäftsführer der deutschen Auslandshandelskammer in Shanghai, hat in typisch deutscher Gründlichkeit sogar schon „insgesamt rund 50 Faktoren“ zusammengetragen. Die sorgten dafür, sagt er, „dass deutsche Firmen in China weniger anfällig für Streiks sind als Unternehmen aus asiatischen Ländern“.