ClickandBuy-Übernahme Wie die Telekom eine Bezahl-Kultur im Internet schaffen will

Mit dem Bezahldienst ClickandBuy verschärft Telekom-Chef René Obermann den Kampf gegen die Gratiskultur im Internet.

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ARCHIV - Eine Frau steckt am Quelle: AP

Charles Fränkl zählt zu den Globetrottern in der Telekommuni-kationsbranche. Der gebürtige Schweizer, der schon für E-Plus, Vodafone und AOL arbeitete, taucht meist dort auf, wo neue Wachstumsmärkte entstehen.

Seit zwei Jahren führt der 51-Jährige die Geschäfte des Online-Bezahlsystems ClickandBuy und schaut sich zunehmend in Übersee um. Gestern Brasilien, morgen Indien, Russland und China – überall, wo viele Menschen ein Handy besitzen und im Internet surfen, soll ClickandBuy Fuß fassen und mit der Online-Überweisung von Kleinstbeträgen den traditionellen Zahlungsverkehr ablösen.

Bald könnte Fränkl im Auftrag der Deutschen Telekom die Welt umrunden. Am Mittwoch will Konzernchef René Obermann einen Strategiewechsel im Internet-Geschäft (Arbeitstitel: „Strategie 2.0“) und seine Vision vom „vernetzten Leben und Arbeiten“ vorstellen. Dabei soll ClickandBuy offenbar eine Schlüsselrolle spielen. Dazu will die Telekom sich das Unternehmen, das ihr zurzeit nur zu rund 20 Prozent gehört, komplett einverleiben. Das Ziel ist ganz klar: ClickandBuy soll auf gar keinen Fall in die Hände von Unternehmen wie dem Internet-Giganten Google, Handy-Hersteller Nokia oder Unterhaltungselektronikriesen Apple fallen.

Kauf von ClickandBuy ist die letzte Chance für einen Einstieg ins Online-Geschäft

Obermanns Griff nach dem in Köln ansässigen Unternehmen, das inzwischen auch einen Firmensitz in London hat, ist der verzweifelte Versuch des Magenta-Konzerns, von künftigen Geschäften im Internet nicht endgültig ausgeschlossen zu werden. Denn die geplante Übernahme von ClickandBuy fällt zusammen mit zwei grundsätzlichen Weichenstellungen im Internet. Zum einen wird das Web, ausgelöst durch Edelhandys wie dem iPhone von Apple, endgültig mobil. Zum andern starten gerade die Verlage den groß angelegten Versuch, die Gratiskultur im Netz durch kostenpflichtige Angebote zurückzudrängen.

Beides erfordert Online-Bezahldienste wie ClickandBuy, die von zuvor eingezahlten Guthaben Kleinstbeträge überweisen, aber auch Lastschriften und Kreditkartenzahlungen abwickeln können und damit eine wichtige Vermittlerrolle im Internet übernehmen. Und: Mit ClickandBuy kommt die Deutsche Telekom auch in den Besitz einer Banklizenz, die für solche Geldtransaktionen erforderlich ist.

Für Analysten wie Dan Bieler vom ITK-Marktforschungsunternehmen IDC ist der Telekom-Vorstoß deshalb nicht nur logisch: „Abrechnung und Bezahlung sind Kernkompetenzen für Telekommunikationsanbieter – daraus müssen sie mehr machen als den monatlichen Versand von Telefonrechnungen.“

Web-Geschäfte vernachlässigt

Die erhoffte Übernahme von ClickandBuy ist zugleich überfällig – und Obermanns letzte Gelegenheit, auf diesem Gebiet langfristig mitzumischen. Denn bisher hatte der Telekom-Chef das trotz Krise stark wachsende Geschäft mit Web-Angeboten aller Art fast kampflos der Konkurrenz überlassen. Trotz Mahnungen aus den eigenen Reihen hatte sich Obermann in den vergangenen Jahren ganz auf den Verkauf von Anschlüssen und Handyverträgen konzentriert, um weitere Kundenverluste zu stoppen. Dadurch vernachlässigte die Telekom das Web-Geschäft und rutschte auf einen Marktanteil von gerade mal zehn Prozent ab. Tochtergesellschaften wie Immobilienscout 24 und Music-load steuern nur rund eine Milliarde Euro zum Konzernumsatz von knapp 65 Milliarden Euro bei.

Noch weiter fiel die Telekom im Geschäft mit Online-Bezahlsystemen zurück. Laut der jüngsten Internet-Studie des Hamburger Consultingunternehmens Fittkau & Maaß vom November des vergangenen Jahres rangiert PayPal weit vor der gesamten Konkurrenz: Neun von zehn Web-Nutzern aus Deutschland kennen die Bezahl-Tochter des Online-Auktionshauses Ebay, fast die Hälfte hat sie bereits für Zahlungen im Internet genutzt. Der Telekom-Zahldienst T-Pay dagegen rangiert mit einem Nutzungsgrad von rund drei Prozent weit abgeschlagen auf Rang sechs. 

Mit ClickandBuy würde Obermann im Geschäft mit kostenpflichtigen Internet-Angeboten einen Sprung nach vorn machen und mit einem Marktanteil von 15 Prozent auf Platz drei in Deutschland landen (siehe Grafik nächste Seite). Doch leicht wird es für den Bonner Riesen nicht, sich in der Spitzengruppe zu behaupten.

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