Continental/Schaeffler Trügerische Ruhe durch doppelte Ablösung bei Continental

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Kritik an dem gescheiterten Handstreich gegen Continental-Chef Neumann übten Tui-Chef Frenzel, Nord/LB-Chef Dunkel und Ex-Dresdner Bank Vorstand Voss (von links) Quelle: Werner Schüring für WirtschaftsWoche, dpa

Für echte Entspannung würde die jüngst vom Aufsichtsrat – auch mit Zustimmung von Schaeffler – beschlossene Kapitalerhöhung für Continental sorgen. Doch Frankfurter Banker bezweifeln inzwischen, ob Anleger eine Kapitalerhöhung mit einem Schaeffler-Mann an der Continental-Spitze mitmachen würden.

Auch Schaeffler kann die Kapitalerhöhung wie geplant um bis zu 1,5 Milliarden Euro nicht nur freuen. Derzeit hält der Konzern rund 49 Prozent der stimmberechtigten Anteile an Conti, weitere 40 Prozent sind bei den Banken geparkt. Nach einer Kapitalerhöhung sänke der Anteil jedoch auf 30 bis 40, respektive knapp über 60 Prozent mit den geparkten Aktien.

Gerüchte um Staatsbürgschaft

Dass sich die Schaeffler-Eigentümer Maria-Elisabeth und ihr Sohn Georg gegen eine Kapitalspritze stemmen, sei dennoch „eine Mär“, tönt es aus dem unmittelbaren Umfeld der beiden. Sie von der Aktion zu überzeugen, habe gerade mal „zehn Sekunden“ gedauert. Aus dem Kreis der Conti-nahen Banken klingt das anders: Schaeffler habe im ersten Anlauf Neumanns Vorstoß für eine Kapitalerhöhung über bis zu 1,5 Milliarden Euro abgelehnt. Außerdem hatte Neumann Schaeffler in seinem Brief eine Blockadehaltung vorgeworfen. Umso überraschender wirkt, dass es in Herzogenaurach nun heißt, die Summe könnte vielleicht „sogar zu wenig sein“. Die eigentliche Größenordnung hänge von den Projekten und der Strategie ab, wie „aggressiv“ sich Continental künftig auf dem Markt bewegen wollte.

Wer die weiteren Milliarden in Continental stecken soll, darüber herrscht allerdings Stillschweigen. Der Verdacht, dass Mutter, Sohn oder Statthalter Koerfer deswegen demnächst beim Staat nach einer Bürgschaft oder sonstigen Hilfe fragen, kontert einer der Betroffenen auffällig kleinlaut: „Ich hoffe, nicht.“

Schaeffler ist Geldgebern ausgeliefert

Für Aufhorchen dürfte in Hannover allerdings eine ganz andere Botschaft aus Franken sorgen. Ihnen sei es „schnurz“, sagt einer der Schaeffler-Vertreter im Aufsichtsrat, der seinen Namen nicht in der WirtschaftsWoche lesen möchte, wo der künftige Konzernsitz von Continental sei – in Hannover oder in Herzogenaurach. Eine von den Niedersachsen befürchtete Verlagerung nach Süddeutschland sei „nicht kriegsentscheidend“. In einer Präsentation von Schaeffler-Geschäftsführer Geißinger am vorvorigen Donnerstag vor dem Aufsichtsrat klang das anders, wie Teilnehmer berichten. Geißinger habe keinen Zweifel gelassen, dass der Sitz der verschmolzenen Konzerne in Herzogenaurach sein solle.

Nur zwei Parteien könnten den Durchmarsch von Schaeffler in Hannover noch bremsen: zum einen die Banken, bei denen Continental und Schaeffler Milliarden Schulden haben. Sie müssen den gemeinsamen Schuldenberg abtragen. Schaeffler besitzt zwar die Aktienmehrheit an Continental, hat aber sämtliche Continental-Aktien verpfändet und mehr Schulden als Eigenkapital. Damit sind die Franken in der Hand ihrer Geldgeber. Zum anderen bleibt abzuwarten, ob Arbeitnehmervertreter und Kapitalvertreter, darunter Ex-Dresdner-Bank-Vorstand Bernd Voss, Nord/LB-Chef Gunter Dunkel und TUI-Chef Michael Frenzel, Neumanns designierten Nachfolger Degenhart wählen.

Ganz kampflos wird sich wohl auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) nicht ergeben, auch wenn Niedersachsen anders als an VW keine Anteile an Continental hält. Sollte der Streit weiter eskalieren, könnte aus der Übernahmeschlacht ein Politikum werden. Denn Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) lässt keinen Zweifel daran, dass er Schaeffler mit Staatshilfe unterstützen möchte. Schließlich gehe es um „zutiefst bayrische Interessen“.

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