Corporate Health Award Vorfahrt für die Gesundheit

Beim „Corporate Health Award“ wurden Unternehmen ausgezeichnet, die vorbildlichen Einsatz für ihre Beschäftigten zeigen. Ein Trend: Die Gesundheitsmanager nutzen zunehmend Kennzahlen, um die Programme maßzuschneidern.

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Vorbildliche Firmen unterstützen Mitarbeiter auch außerhalb des Betriebs. Quelle: Imago

Köln Die Sicherheit der Mitarbeiter steht an erster Stelle. Nach dieser Devise handelt Hewlett Packard Enterprise (HPE) in Deutschland – und das auch außerhalb des Firmengeländes. Zwar ist beim IT-Dienstleister die Zahl der Unfälle im Betrieb schon kontinuierlich gesunken. Doch Sorgen macht der Weg zur Arbeit: Die Zahl der Unfälle jener Mitarbeiter, die mit dem Fahrrad pendeln, ist seit Jahren konstant geblieben.

HPE steuert nun gegen. Ein ganzes Maßnahmenpaket soll helfen, radfahrende Kollegen zu schützen. „Denkbar sind Fahrkurse, Aufklärungskampagnen zur Fahrsicherheit und Rabattaktionen für den verbilligten Einkauf von Sicherheitszubehör fürs Rad“, sagt Peter Fath, verantwortlich für Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit bei HPE.

Mit dem genauen Blick auf die Statistik steht HPE für einen Trend im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Verstärkt nutzen besonders größere Firmen Daten als Basis für ihr Handeln. „Jedes Dax-Unternehmen und rund 70 Prozent der Großunternehmen und Mittelständler erheben Kennzahlen“, berichtet Thomas Olbrecht, Leiter der Sozial- und Marktforschung beim Beratungsunternehmen EuPD Research. Sein Appell: „Jetzt geht es darum, diese Zahlen in geeignete Maßnahmen umzumünzen.“ Generell sieht er Nachholbedarf bei Kleinunternehmen: „Ein Großteil von ihnen entscheidet über ihr betriebliches Gesundheitsmanagement noch aus dem Bauch heraus.“

Analyse statt Intuition – das ist eine Stärke der Gewinner des diesjährigen „Corporate Health Award“, den EuPD Research gemeinsam mit dem Handelsblatt, der Tüv Süd Akademie und der ias-Gruppe am Donnerstag zum achten Mal vergeben hat. Zu den Ausgezeichneten zählt HPE, das heute vorbildlich beim Einsatz digitaler Kanäle ist.

Dort stehen in anonymisierten Onlinechats Experten bereit, um zu Themen wie Schlafstörungen oder Stressbewältigung Ratschläge zu geben. Ein Vorteil des Digitalangebots: Mitarbeiter können es unabhängig vom Aufenthaltsort nutzen, sagt Fath: „Selbst dann, wenn sie beim Kunden sind.“ Schon seit rund 20 Jahren betreibt HPE ein professionelles betriebliches Gesundheitsmanagement.

Wie können Unternehmen handeln, die hier Neuland betreten? Viele harte Kennzahlen etwa zum Alter der Mitarbeiter, zum Krankenstand oder der Anzahl von Wiedereingliederungen liegen in der Regel vor. „Ausgehend von solchen Zahlen, können erste Maßnahmen abgeleitet werden“, erläutert Olbrecht. Sogenannte weiche Kennzahlen lassen sich zudem über Umfragen gewinnen, die das persönliche Wohlbefinden oder die Zufriedenheit am Arbeitsplatz ermitteln.


Gesundheitsindex bündelt Zahlen

Hohen Einsatz zeigt hier die „Wohngemeinschaft für Senioren“, Sieger in der Kategorie Gesundheit & Sozialwesen. Das Unternehmen betreibt in Filderstadt drei Häuser und einen ambulanten Pflegedienst. Zweimal pro Jahr bittet es die Mitarbeiter um eine Selbsteinschätzung – abgefragt werden etwa das Verhältnis zu Kunden und Vorgesetzten oder die Qualität der eigenen Arbeit.

Für Geschäftsführer Klaus Ziegler sind die Ergebnisse ein wichtiger Indikator für das Betriebsklima. Ist ein Mitarbeiter unzufrieden und entsprechend unmotiviert, kann das Folgen für die gesamte Belegschaft haben. „Die anderen fühlen sich dann nicht wohl, und das kann den Krankenstand erhöhen“, sagt Ziegler. Gezielt fördert er deshalb das Gemeinschaftsgefühl und organisiert etwa Besuche von Kulturevents oder Weinverkostungen.

Eine Studie der Krankenkasse AOK belegt die Bedeutung des Betriebsklimas für das Wohlbefinden: Danach hat jeder vierte Beschäftigte, der hier unzufrieden ist, auch gesundheitliche Probleme. Bei Arbeitnehmern, die ihre Firma positiv sehen, sind es weniger als zehn Prozent.

Eine Personalentwicklungssoftware unterstützt das betriebliche Gesundheitsmanagement der Wohngemeinschaft für Senioren. Sie koordiniert Termine und hilft bei der Auswertung – so wird die Teilnehmerzahl automatisch erfasst. Das lässt Rückschlüsse zu, wie gut die Angebote angekommen.

„Weiche Faktoren werden noch nicht genügend berücksichtigt“, sagt Experte Olbrecht. Gerade in kleineren Betrieben fehlt oft das Personal für Erhebung und Auswertung. Auch erheben nur zehn Prozent der in einer Studie von EuPD Research befragten Firmen einen unternehmensweiten Gesundheitsindex, der weiche und harte Kennzahlen in einen Gesamtzusammenhang setzt.

Auch der Blick auf das Detail kann viel bewirken. Bei den Berliner Wasserbetrieben, Gewinner der Kategorie Öffentliche Verwaltung wies im vergangenen Jahr die Auswertung von Fehlzeiten den Weg zu einer Gesundheitsmaßnahme. Seit 2013 kümmert sich dort eine ganze Abteilung ausschließlich um das betriebliche Gesundheitsmanagement.

Bei der Zählung von Krankheitstagen der 250 Azubis fiel auf, dass die jungen Menschen ausgerechnet vor Prüfungen deutlich häufiger fehlten als an üblichen Tagen. „Wir haben dann das Gespräch mit ihnen gesucht und herausgefunden, dass viele dem Stress im Vorfeld von Prüfungen nicht gewachsen sind“, sagt Kerstin Oster, Vorständin Personal und Soziales.

Heute bieten die Berliner Wasserbetriebe allen Azubis regelmäßige Kurse und Workshops, die gezielt Prüfungsängste abbauen. „Sie werden sehr gut angenommen“, sagt Oster. Der Effekt ist messbar. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Krankenstand um mehr als 1,5 Prozentpunkte gesunken.

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