Cromme tritt ab Wachwechsel bei Siemens

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Ein „Mitbestimmungskapitän“


Cromme sei ein „Mitbestimmungskapitän“ gewesen, der stets auf Augenhöhe mit den Arbeitnehmervertretern sprach und die deutsche Mitbestimmung bei Siemens mit Leben gefüllt habe, sagt Siemens-Aufsichtsrat und IG-Metall-Vorstand Jürgen Kerner. „Jetzt erwarten wir neue Impulse und eine Intensivierung des Aufsichtsratsgeschäfts.“

Vor fünf Jahren hatte sich Cromme beim Essener Industriekonzern Thyssen-Krupp verabschiedet. Nach zwölf Jahren an der Aufsichtsratsspitze zog sich der Manager damals überraschend aus allen Ämtern zurück. Zuvor war ihm immer wieder vorgeworfen worden, für Fehlentwicklungen wie etwa das Milliarden-Debakel mit Stahlwerken in Brasilien und den USA mitverantwortlich zu sein, die den Ruhrkonzern in eine existenzbedrohende Krise gestürzt hatten.

Eine Mitschuld an dieser Krise wies Cromme in einem Interview des Handelsblatts kürzlich zurück: „Ich sehe keine persönliche Verantwortung, aber als Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssen-Krupp konnte ich auch nicht sagen: „Ich habe damit nichts zu tun gehabt.“ Es war also völlig richtig, dass ich dort aufgehört habe.“

Begonnen hatte seine Karriere beim damaligen Krupp-Konzern zunächst als Chef der Stahlsparte. Schon kurz nach dem Amtsantritt musste er sich 1987 mit Eierwürfen und erbitterten Arbeiterprotesten beim Widerstand gegen die Schließung des Stahlwerks Duisburg-Rheinhausen auseinandersetzen. Später galt Cromme unter anderem als einer der Strippenzieher bei der Fusion von Thyssen und Krupp.

Im Lauf seines Berufslebens lenkte er die Geschicke weiterer wichtiger Unternehmen - als Multi-Aufsichtsrat bei Konzernen wie Lufthansa, Eon, Allianz oder Hochtief etwa und als früherer Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, die Grundsätze zur guten Unternehmensführung erarbeitete.

Nach seinem Abschied bei Siemens wendet sich der Wirtschaftslenker, der am 25. Februar 75 Jahre alt wird, jetzt der Start-up-Szene zu - als künftiger Aufsichtsratschef beim Gebrauchtwagen-Spezialisten Auto 1, der erst kürzlich eine kräftige Finanzspritze aus Japan bekam. Mit diesem Plan habe er schon „eine gewisse Verwunderung ausgelöst“, räumte Cromme im Handelsblatt ein: „Irgendwo habe ich gelesen, jetzt sei ich auf meine alten Tage beim Schrotthändler gelandet.“

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