Daimler Angst um den Stern: Kommt Mercedes unter die Räder?

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Hohe Verluste: Unternehmensgewinne und -verluste (2009, in Millionen Euro)

Die Brandherde – von Markenführung bis Produktionskosten – ziehen sich durch den ganzen Konzern, berichtet ein Insider: „Es ist nicht das eine große Problem, das den Konzern gefährdet, sondern die Mixtur aus Markenschwäche, hohen Kosten, Qualitätsmängeln und zu unattraktiven Produkten.“

Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen, kommt sogar zu dem Schluss: „Daimler ist von den deutschen Autobauern – außer Opel – am schlechtesten unterwegs.“ Bereits 2005 habe BMW den Rivalen aus Stuttgart beim Absatz überholt. 2010 droht nach einer Dudenhöffer-Studie der nächste Tiefschlag: „Dann wird Audi weltweit mehr Fahrzeuge verkaufen als die Marke Mercedes. Der frühere Führer des Premiumsegments steigt auf Platz drei ab.“

Mercedes-Mythos ist schwer beschädigt

Für den stolzen Konzern wäre es ein tiefer Fall. Jahrzehntelang war Daimler gleichbedeutend mit technischer Kompetenz, war ein Magnet für die begabtesten Ingenieure der Branche. Die Marke stand für die besten, sichersten und innovativsten Autos, wurde sogar zum Synonym für Spitzenprodukte: Der Spruch vom „Mercedes unter den Produkten“ darf bis heute in keinem Verkaufsgespräch fehlen.

Dass der Mercedes-Mythos inzwischen schwer beschädigt ist, liegt nicht zuletzt an den wilden Kapriolen des Daimler-Spitzenpersonals in den vergangen Jahrzehnten. Firmenchef Edzard Reuter zimmerte in den Achtzigerjahren aus dem schwäbischen Autobauer einen Auto-Luftfahrt-Elektro-Rüstungskonzern. Sein Nachfolger Jürgen Schrempp verkaufte dann wieder alles, was nichts mit Auto zu tun hatte. Er versuchte stattdessen, einen weltumspannenden Auto-Riesen zu formen, und kaufte den US-Hersteller Chrysler sowie Beteiligungen an Mitsubishi und Hyundai. Beide Strategien floppten und verbrannten Milliardensummen.

Ausweitung der Kurzarbeit bereitet Sorgen

Absatzeinbruch (Pkw-Neuzulassungen in Deutschland)

Dass die Marke Mercedes inzwischen ernsthaft in Gefahr ist, hatte Zetsche zwar rechtzeitig erkannt. Bei seinem Amtsantritt als Daimler-Boss im Januar 2006 redete er dem Management ins Gewissen und legte den Finger in die größte Wunde: Mercedes sei im Premiumsegment nicht mehr führend, monierte er bei internen Meetings. Geändert hat er daran freilich bis heute nichts. „Zetsche war zu beschäftigt damit, die Scherben wegzuräumen, die Schrempp ihm hinterlassen hat“, sagt ein Insider. „Wegen der Aufräumarbeiten hat er die strategischen Ziele bei Marke und Produkt vernachlässigt.“

Gerade als Zetsche die Schwächen anpacken wollte, schlug die Krise zu und ließ die Pkw- und Lkw-Absätze einbrechen. „Mit Reserven von rund 14 Milliarden Euro ist Daimler als Unternehmen deshalb noch nicht bedroht“, sagt Aleksej Wunrau, Autoanalyst der BHF-Bank. Zudem könnte es bei den Verlusten im dritten Quartal eine Entspannung geben: Angesichts von Kostensenkungen, einem starken China-Geschäft und Erfolgen im Bus-Geschäft werde es eine Verbesserung geben. „Sorgen macht mir aber, dass für das vierte Quartal schon wieder eine Ausweitung der Kurzarbeit angekündigt wurde. Man muss weiter mit schwachem Absatz rechnen.“

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