Daimler, VW, RWE, Adidas, BASF Dax-Konzerne sorgen für neue Rekorde

Die 30 Dax-Konzerne haben im abgelaufenen Quartal ihre Gewinne um fast ein Drittel auf 39 Milliarden Euro gesteigert. Auch das Geschäft in der Heimat zieht jetzt endlich an. Eine Branche strotzt ganz besonders vor Kraft.

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Die deutschen Autobauer strotzen in der Bilanz vor Kraft. Quelle: dpa

Düsseldorf Deutschlands Wirtschaft läuft gut, die Weltwirtschaft wächst 2017 so stark wie seit fünf Jahren nicht mehr. Sogar die lange Zeit lahmende Nachfrage in Europa zieht wieder an. Das sind drei beste Voraussetzungen für die vielen exportstarken deutschen Unternehmen. Und diese haben das Beste daraus gemacht – und kräftig geliefert.

Nach einem starken ersten Quartal, in dem die 30 größten börsennotierten deutschen Konzerne so viel wie noch nie verdient hatten, wiederholten die 30 Dax-Konzerne ihren Rekord im zweiten Vierteljahr – und setzen sogar noch einen drauf. Der operative Gewinn stieg gegenüber dem Vorjahresquartal nach Berechnungen der Prüfungsgesellschaft EY um fast ein Drittel auf 39 Milliarden Euro. Auch die Umsätze erreichten mit 344 Milliarden Euro (plus sechs Prozent) Rekordhöhe.

Drei von vier Unternehmen verzeichneten steigende Gewinne. Die höchsten Gewinne fuhren dabei zwei Autohersteller ein: Volkswagen erwirtschaftete 4,5 Milliarden Euro, bei Daimler waren es 3,7 Milliarden Euro. Das stärkste Gewinnwachstum erzielten Eon und RWE (plus 343 bzw. 238 Prozent) – im Wesentlichen dank der gerichtlich angeordneten Rückerstattung der bereits gezahlten Kernbrennstoffsteuer.

„Die Dax-Konzerne konnten den Schwung aus dem ersten Quartal erfolgreich in das zweite Quartal mitnehmen – und beim Gewinnwachstum sogar noch eine Schippe drauflegen“, fasst Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsführung bei EY, zusammen.

Der Nivea-Hersteller Beiersdorf erzielte trotz eines Hackerangriffs, wodurch Ende Juni weltweit die IT- und Telefonsysteme ausgefallen waren und deshalb die Produktion vorübergehend erlahmt war, einen Rekordgewinn von 561 Millionen Euro. Der Autozulieferer Continental erhöhte aufgrund der hohen Nachfrage nach Fahrerassistenzsystemen seine Umsatzprognose für das laufende Jahr. Die Deutsche Telekom hob nach einem Gewinnsprung im florierenden US-Geschäft ebenfalls ihre Prognose an. Die Tochter T-Mobile US mischte einmal mehr den amerikanischen Markt mit Milliardeninvestitionen und kräftigen Gewinnsteigerungen auf. Doch, und das ist neu, auch in dem so lange Zeit lahmenden Deutschlandgeschäft liefen die Geschäfte besser. Die Zahl der Kunden stieg, das Betriebsergebnis ebenso.

Auch der Sportartikelhersteller Adidas, Europas größter Chemiekonzern BASF, die Lufthansa und Volkswagen hoben ihre Jahresprognosen an. Insgesamt korrigierten neun Unternehmen ihre Umsatz- oder Gewinnprognose für das Gesamtjahr nach oben. Solch eine branchenübergreifend abrupt steigende Zuversicht ist unüblich – und gab es zuletzt nach der Rezession 2009. Aber anders als damals präsentierten sich Deutschlands Konzerne diesmal auch schon vor ihrem kollektiven Optimismus in guter Verfassung.


Auch die zweite Börsenliga kann punkten

Mit Abstand am meisten strotzen ausgerechnet die deutschen Autobauer vor Kraft – trotz Diesel- und Kartellskandal. Große Nachfrage ganz besonders nach Geländewagen und der teuren 7er-Limousine ließ bei BMW den Nettogewinn um 14 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro steigen. Zuvor hatten Volkswagen und Daimler glänzende Quartalszahlen geliefert. VW erhöhte seinen Gewinn um mehr als das Doppelte auf viereinhalb Milliarden Euro in drei Monaten

Die drei Autobauer dürften in diesem Jahr voraussichtlich 30 Milliarden Euro netto verdienen – das wäre rund ein Drittel des Gesamtgewinns aller 30 Dax-Konzerne. Zum Vergleich: Im Boomjahr und bisherigem Rekordjahr der deutschen Wirtschaftsgeschichte hatten die Dax-Konzerne knapp 70 Milliarden Euro verdient. 2017 dürften es deutlich mehr werden – sofern ein plötzlicher Abschwung ausbleibt. Doch dieser ist weit und breit nicht in Sicht.

Das Erfolgsrezept sind glänzende Auslandsgeschäfte in Kombination mit einem robusten Binnenmarkt. Dadurch lassen sich höhere Preise durchsetzen, wovon beispielsweise die Chemiebranche mit BASF, Covestro, Evonik, Lanxess und Wacker Chemie profitiert.

Besonders gut entwickelten sich wie schon in der Vergangenheit das Asien- und US-Geschäft, das jeweils um zehn Prozent wuchs – wobei sich allerdings in beiden Regionen Währungseffekte positiv auswirkten. Neu ist, dass auch auf dem Heimatkontinent, wo die Unternehmen rund 50 Prozent ihrer Umsätze erzielen, die Geschäfte nach langer Durststrecke wieder gut laufen. Die in Europa erwirtschafteten Umsätze stiegen um fünf Prozent. „Europa bleibt der mit Abstand wichtigste Markt für die deutschen Unternehmen“, sagt Meyer, „umso wichtiger ist die wirtschaftliche Erholung auf dem europäischen Kontinent, die weiter an Schwung gewinnt.“

Der Internationale Währungsfonds hat gerade seine Wachstumsprognose für die Euro-Zone nach oben korrigiert. Das Münchener Forschungsinstitut Ifo spricht vom besten Wirtschaftsklima in der Euro-Zone seit dem Boomjahr 2000. In Deutschland ist die Stimmung besser denn je. Im Juli hatte das Ifo-Geschäftsklima den dritten Rekordwert in Folge erreicht. Weder der zähe Beginn der Brexit-Verhandlungen noch die Probleme der Automobilbauer konnten dem Optimismus etwas anhaben.

Wie breit der Aufschwung an Fahrt gewonnen hat, belegen nicht nur die vielen Unternehmen in der zweiten Börsenreihe – der Bahntechniker Vossloh, der Schmierstoffspezialist Fuchs Petrolub, der Stahlhändler Klöckner und der Spezialchemiekonzern Evonik präsentierten glänzende Quartalszahlen –, sondern auch die Schlüsselbranche Maschinenbau mit ihren mehr als eine Million Beschäftigten in Deutschland. Zum Jahreswechsel war der Verband noch von einem Wachstum von einem Prozent in diesem Jahr ausgegangen – nun sind drei Prozent veranschlagt. Die vielen Bestellungen aus europäischen Ländern wie Spanien, Italien und Frankreich sorgen für den stärksten Schub seit rund fünf Jahren. Zuvor hatte bereits die chemische Industrie ihre Umsatzprognose für das Gesamtjahr auf 3,5 Prozent erhöht.

Sorgen, dass die Unternehmen ihre hohen Gewinne zinslos bei den Banken brachliegen lassen oder komplett an ihre Aktionäre ausschütten, erscheinen unbegründet. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um sieben Prozent auf 11,7 Milliarden Euro. Schon im ersten Quartal hatten sie sich um sechs Prozent auf den Rekordwert von 10,9 Milliarden Euro erhöht. Sinkende politische Risiken und optimistische Geschäftserwartungen der Unternehmen sind nach einer Analyse der Förderbank KfW eine optimale Voraussetzung dafür, dass sich das Investitionsklima im Jahresverlauf weiter aufhellen wird.

Hohe Gewinne, starke Konjunktur und gute Aussichten: Das verhilft Europas Währung zu ungeahnter Blüte. Der Euro verteuerte sich seit Jahresbeginn gegenüber dem US-Dollar um 13 Prozent. Noch schmälert der teure Euro, wodurch sich die im Dollar-Raum erzielten Erträge bilanziell verringern und sich die Wettbewerbsfähigkeit erschwert, die Gewinne nicht. Denn im vergangenen Sommer war der Euro fast genauso teuer wie jetzt. Doch in den nächsten Quartalen werden die Unternehmen den Effekt zu spüren bekommen.

Schon einmal vorsorglich schraubte deshalb Merck-Vorstandschef Stefan Oschmann seine Umsatzprognose fürs Gesamtjahr zurück: Nunmehr rechnet der Chemie- und Pharmaspezialist mit einem Anstieg auf 15,3 bis 15,7 Milliarden Euro. Bisher standen 15,5 bis 16 Milliarden Euro in Aussicht. Am Gewinnziel hielt Oschmann aber fest. Wirklich düstere Aussichten sind das aber nicht.

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