Deiters-Chef Herbert Geiss Karneval 2021 ist wirtschaftlich „eine Katastrophe“

Sein Geschäft ist der Karneval: Herbert Geiss ist Inhaber und Chef des Kostümausstatters Deiters mit Sitz in Frechen westlich von Köln. Quelle: imago images

Das ausfallende Karnevalsgeschäft trifft den Kostümhersteller Deiters hart. Das Kölner Familienunternehmen kämpft mit 90 Prozent Umsatzeinbußen. Trotzdem ist Deiters-Chef Herbert Geiss optimistisch und bereitet sich auf die nächste Session vor.

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Herbert Geiss führt die Deiters GmbH in vierter Generation. In diesem Jahr wird das Familienunternehmen 100 Jahre alt. Als er 2003 den Betrieb mit Sitz in Frechen bei Köln von seinem Onkel übernahm, war er gerade 19. Damals bestand Deiters aus einer Filiale in Köln und verkaufte neben Kostümen auch Spielwaren. Die strich Geiss aus dem Sortiment und setzte komplett auf Kostüme. Damit brach er die Familientradition, denn ursprünglich bot Deiters Schaustellerbedarf an. Zugleich sorgte er für rasante Expansion. Heute umfasst Deiters deutschlandweit 31 Filialen und macht einen Umsatz von mehr als 30 Millionen Euro. Dann kam Corona – und der Umsatz brach um 90 Prozent ein.

WirtschaftsWoche: Herr Geiss, wie fühlen Sie sich in diesen Tagen?
Herbert Geiss: Die Karnevalszeit ist in diesem Jahr sehr traurig. Die Stadt nicht in ihrer Farbenfroheit mit Kostümen zu sehen, ist nicht leicht. Der wirtschaftliche Faktor ist eine Katastrophe. Selbst wenn es den Lockdown nicht gäbe, wäre es schwierig, ein gutes Geschäft zu machen. Wir sind abhängig von Veranstaltungen, wie Sitzungen und Bällen. Haben die Menschen keinen Anlass sich schick zu machen, kauft niemand ein Kostüm.

Deiters bietet nahezu das gesamte Sortiment auch online an. Wie läuft der Internethandel?
Der Anlass, sich zu verkleiden, fällt weg. Deshalb machen wir auch online keinen großen Umsatz. Die Wenigen, die sich zu Hause kostümieren und Karneval im Kleinen erleben, können uns nicht über Wasser halten.

Welche Dimension hat der wirtschaftliche Schaden?
Nach zwölf Monaten Coronakrise ist der Umsatz um 90 bis 95 Prozent eingebrochen. Das tut schon weh. Allein das Karnevalsgeschäft macht 70 Prozent des Umsatzes aus.

Noch nie wurde in Deutschland so wenig Bier verkauft wie im Corona-Jahr 2020. Die ausgebliebenen Umsätze in den Restaurants, in Kneipen und bei Festen fehlen vor allem den kleinen Anbietern.

Wie lange können Sie die Verluste noch stemmen?
Wir haben zum Glück einen Puffer aus den Vorjahren und können es aushalten. Deshalb sind wir noch nicht insolvenzbedroht. Wir können froh sein, dass wir in Deutschland Wirtschaftshilfen haben, aber die sind im Endeffekt ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auf der anderen Seite kann die Bundesregierung auch nicht immer weiter Zuschüsse verteilen, das ist klar. Wie lange wir es schaffen, hängt davon ab, ob und in welcher Form wir nächstes Jahr Karneval feiern.

Wie stehen Sie zur Verlängerung des Lockdowns durch die Bundesregierung?
Natürlich fordern wir nicht, Karnevalssitzungen stattfinden zu lassen. Das gibt der Infektionsschutz momentan nicht her. Doch sollte man beim Thema Lockdown bedenken, dass sich die Leute im privaten Bereich treffen und sich dort anstecken. Die Restaurants und Einzelhändler haben Infektionsschutzvorkehrungen umgesetzt, die Mitarbeiter haben gelernt, Corona-konform zu arbeiten. Das sollte man bei den Lockerungsdiskussionen in die Waagschale schmeißen. Es stehen Existenzen auf dem Spiel, Unternehmer, die keine Perspektive haben und psychisch belastet sind.

Können Sie Ihren Mitarbeitern und Kunden trotzdem Mut machen?
Wir haben das Gehalt unserer Mitarbeiter aufgestockt und mussten bisher niemanden entlassen. Außerdem werden wir keine Filialen schließen. Diese Sicherheit kann ich meinem Team geben. Den Kunden versuchen wir, Spaß zu verkaufen. Das ist momentan natürlich nicht leicht. Aber wir bleiben positiv und dürfen die Hoffnung nicht verlieren.



Wie verbringen Sie die Karnevalstage in diesem Jahr?
Zum Glück haben wir trotz der Krise etwas zu tun. Deiters hat am Donnerstag in der Lanxess-Arena eine große Veranstaltung initiiert, die live gestreamt wurde. Das war der Auftakt zu einer Spenden-Aktion für in Not geratene Künstler und Techniker aus dem Karnevalsbereich, die noch bis Mittwoch andauert. Allein am Donnerstag ist eine Summe von 870.000 Euro zusammengekommen. Es freut mich, dass wir den notleidenden Kleinunternehmern zumindest ein bisschen helfen können. Das zeigt, dass der Karneval im Rheinland ein guter Schlüssel ist, um den Leuten Freude zu bescheren.

Wie feiern Sie normalerweise?
Wenn unsere Kunden feiern, haben wir jede Menge zu tun. In Köln ist der Rosenmontagszug wichtig. Am Zugrand betreiben wir eine eigene Tribüne und sind mit Mitarbeitern und Partnern vor Ort. In diesem Jahr hat das Festkomitee einen kleinen Puppentheater-Zug organisiert – mal gucken, was dabei herauskommt.

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Wann haben Sie die Kostüme für dieses Jahr bestellt?
Ziemlich genau vor einem Jahr. Da hat man gerade begonnen, öffentlich über Corona zu sprechen. Wir hätten zwar von den Verträgen zurücktreten können, aber wir haben nicht damit gerechnet, dass Karneval in diesem Jahr ausfällt.

Was passiert mit der Ware, die Sie in diesem Jahr nicht verkaufen?
Die Ware wird bei uns nicht schlecht. Wir haben wenige Artikel, die jahresbezogen sind. Ein Beispiel ist der Mottoschaal, der ist jedes Jahr anders und wurde gestern ausverkauft. Das zeigt, dass die Kölner das Produkt als Sammelobjekt haben wollen. Wenn morgen die Tür wieder aufgeht, stehen wir Gewehr bei Fuß.

Mehr zum Thema: Noch nie wurde in Deutschland so wenig Bier verkauft wie im Corona-Jahr 2020. Die ausgebliebenen Umsätze in den Restaurants, in Kneipen und bei Festen fehlen vor allem den kleinen Anbietern.

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