Der Paulaner-Tyrann Wie Bier-Erbe Schörghuber sein Imperium ins Chaos manövriert

Im Bier-, Hotel- und Immobilienimperium des Münchner Milliardärs Stefan Schörghuber fliegen die Fetzen. Der Paulaner-Inhaber und sein Finanzchef Hans-Peter Hoh verstricken Geschäftspartner und Manager in Psychokriege und Palastintrigen. Zugleich häufen sich in dem Familien-Mischkonzern die Probleme.

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im Bier-, Hotel- und Immobilienimperium des Münchener Milliardärs Stefan Schörghuber fliegen die Fetzen Quelle: Illustration: Michael Pleesz

Der sonst selbstsichere Manager wirkt fahrig und verunsichert. Er blickt sich ständig um, weil er Angst hat, beobachtet zu werden. Er spricht leise und gehetzt. Bei jedem Klingeln des Blackberrys zuckt er zusammen, er gerät fast in Panik, als das Display „unbekannt“ anzeigt. Sein Handy ist neu, kaum jemand kennt die Nummer. Wurde jemand auf ihn angesetzt? Der Mann, mit dem sich die WirtschaftsWoche vor wenigen Tagen traf, fürchtet nicht die Steuerfahndung, nicht die Staatsanwaltschaft und auch nicht die spitzelnde Telekom. Er hat schlicht Angst vor seinem Ex-Arbeitgeber, für den er lange Jahre loyal gearbeitet hat. Und der ihm nun, so sagt er, mit subtilen Methoden und drastischen Aktionen den letzten Nerv raube. Ein Familienunternehmen, dessen Name trotz seiner Finanzkraft und Wirtschaftsmacht ganz selten von sich reden macht: Schörghuber.

Schörghuber? Eine Männerfreundschaft mit Franz Josef Strauß Gott-hab-ihn-selig, nie bestätigte Spenden des Seniors an Helmut Kohl, lukrative Immobiliengeschäfte, Hotels – mehr wird nur wenigen zu dem bajuwarischen Namen einfallen. Blasse Erinnerungen an die Nachkriegsgeschichte der Unternehmensgruppe, die mit dem plötzlichen Tod Josef Schörghubers 1995 endete.

Seit 13 Jahren führt sein Sohn Stefan den bunt zusammengewürfelten Familienkonzern, zu dem Brauereien wie Kulmbacher und Paulaner gehören, Immobilien wie der Lyoner Stern in der Frankfurter Bürostadt Niederrad, Luxushotels wie das St. Regis Mardavall auf Mallorca, Skilifte im bayrischen Lenggries, Baugesellschaften, der Fertighaushersteller Hanse Haus, die Flugzeugleasingfirma Bavaria mit 21 Jets und eine Fachklinik auf der 19. Etage des Arabella-Hochhauses.

Zwar ist Stefan Schörghuber in keinem der Tätigkeitsfelder Marktführer. Aber die Summe ergibt ein beachtliches Imperium. Über 6000 Mitarbeiter erwirtschaften einen Konzernumsatz von rund 1,7 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis liegt bei 200 Millionen Euro. Schörghubers Vermögen wird von „Forbes“ auf 3,5 Milliarden Dollar taxiert. Damit gehört der 46-jährige Münchner zu den sieben deutschen Milliardären unter 50 Jahren. Insgesamt rangiert er unter den 30 reichsten hierzulande.

Jetzt tun sich Risse auf, in Schörghubers Reich fliegen die Fetzen. Während der Paulaner-Inhaber und sein Finanzvorstand Hans-Peter Hoh Geschäftspartner und Führungskräfte in Psychokriege und Palastintrigen verwickeln, häufen sich im Familien-Mischkonzern die Probleme. Die Brauereien erzielen mickrige Erträge und leiden unter dem sinkenden Bierdurst der Deutschen.

Verhältnis zwischen Starwood und Schörghuber ist belastet

Das wichtige Joint Venture zwischen Schörghubers Arabella Hotels und dem US-Hotelgiganten Starwood gilt als belastet. Schörghuber verkaufte in den vergangenen zwei Jahren nach eigenen Angaben Immobilienpakete für insgesamt 600 Millionen Euro; die Einnahmen dienten großenteils dazu, die hohe Verschuldung um gut ein Drittel zu reduzieren. Dass Banken – insbesondere die angeschlagene Bayerische Landesbank – auf den Schuldenabbau gedrängt hätten, wie Insider berichten, bestreitet Finanzvorstand Hoh energisch.

Doch was spielt sich dort gerade wirklich ab? Ist es nichts weiter als die Normalität eines straff geführten Familienkonzerns? Oder die Geschichte eines überforderten Erben und seines mächtigen Beraters?

Aufgebaut hatte Nachkriegsgründer Josef Schörghuber den heimlichen Riesen aus kleinsten Anfängen. In Schilderungen Vertrauter erscheint er als begnadeter Strippenzieher mit guten Drähten zu Politik und Wirtschaft und untrüglichem Gespür für Immobilienschnäppchen, gleichzeitig als Lebemann mit Familiensinn. Die Hotelkette, die aus dem Immobilienvermögen entstand, benannte er nach seiner Tochter: Arabella. Über die unternehmerischen Fähigkeiten seines Sohns muss sich Schörghuber senior bald ein Urteil gebildet haben. Wohl kein gutes. Erst Schörghubers rechte Hand Wolfgang Salewski soll es gewesen sein, der den Senior dazu brachte, Stefan doch als Nachfolger aufzubauen.

Salewski verkörperte aus Sicht des jungen Mannes die große Welt: Der frühere Polizeipsychologe hatte bei der Geiselnahme während der Olympischen Spiele in München 1972 eine Verhandlungsgruppe aufgebaut, er hatte die GSG-9-Elitetruppe beraten, bei der terroristischen Flugzeugentführung in Mogadischu vermittelt, war seit der geglückten Aktion ein Vertrauter des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt. Nun sollte er über Josef Schörghubers Vermächtnis und den schwachen Stefan wachen: „Schau mal über alles und pass mir auf den Buam auf.“

Nach dem Tod des Seniors hatte Salewski das letzte Wort, äußerte er Bedenken, parierte Stefan. Ein vom Vater eingerichteter Stiftungsrat stand ihm noch bis 2000 zur Seite. Dann wurde das Gremium aufgelöst – und Schörghuber begann, sich von dem Mentor zu lösen, was sechs Jahre danach zu einem angeblich tränenreichen Abschied führte. Aber nicht zu einer wirklichen Befreiung. Am übermächtigen Vater wurde der Sohn weiter gemessen.

Und für zu leicht befunden. Josef Schörghuber hatte seine Freundschaften zu Größen wie Strauß und Kohl öffentlich zelebriert. Den Junior sieht man an der Seite blau-weißer Politprominenz höchstens bei offiziellen Anlässen, Einweihungen von Berggasthäusern oder Brauanlagen, obligatorisch einmal im Jahr zum Starkbieranstich auf dem Nockherberg.

Ehemalige Mitarbeiter beschreiben Sohn Schörghuber als misstrauisch und launisch, als jemanden, der „unheimlich fleißig ist und sich schon morgens um vier Uhr durch Aktenberge wühlt“. Aber auch als Menschen, „der Streit und Zwietracht säen kann“. Nach übereinstimmender Schilderung Betroffener intrigiert er demnach gegen eigene Top-Manager, die er gegeneinander aufhetzt, indem er ihnen „vertraulich“ von angeblichen Fehlern und Verfehlungen des jeweils anderen erzählt. Gibt es Probleme, nutze Schörghuber so gut wie nie den direkten Draht und lasse Gesprächswünsche unbeantwortet: „Er kann sehr deutlich werden, wenn es um das Austeilen von Vorwürfen geht“, sagt ein Geschäftspartner. Dann aber weiche er aus und tauche ab.

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