Der politische Wille zu Reformen fehlt Banken: Versteinerter Wald

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Mutige Franzosen Das Land schlittert in eine Rezession, internationale Investoren suchen das Weite, die Rentabilität der Banken rutscht in den Keller. Deutschland heute? Nein, Frankreich Ende der Achtzigerjahre. Damals war im Nachbarland der private Bankensektor praktisch tot – das Ergebnis einer verfehlten Wirtschaftspolitik. Ausgerechnet der Sozialist François Mitterrand schaffte die Wende. Die staatlichen Institute wurden privatisiert, die Sparkassen in Genossenschaften umgewandelt. Mitterrands Reformen haben fest zementierte Denkmuster aufgelöst. Innerhalb von zehn Jahren halbierte sich die Zahl der Institute in Frankreich nahezu. Spektakulär war die feindliche Übernahme der Banque Paribas durch die Banque Nationale de Paris (BNP). Die fusionierte BNP Paribas gab sich damit nicht zufrieden und bot für den Crédit Lyonnais. Doch das Rennen machte diesmal der Crédit Agricole, die genossenschaftliche Zentralbank Frankreichs. Fusionen: Nicht zulasten der Kunden und Mitarbeiter Damit entsteht eine Verbindung, die in Deutschland noch völlig unvorstellbar ist. Die entsprechende deutsche Konstellation wäre die Übernahme einer börsennotierten Westdeutschen Landesbank (WestLB) in Düsseldorf durch das genossenschaftliche Spitzeninstitut, die Frankfurter DZ-Bank. In Frankreich verhindern Staat und Gewerkschaften nach Mega-Zusammenschlüssen brutale Massenentlassungen und die radikalen Filialschließungen. Die Bankchefs, fast alles Schüler der Kaderschmiede Ena und ehemalige Elitebeamte des Staates, achten darauf, dass Fusionen nicht einseitig zulasten der Kunden und Mitarbeiter gehen. Vorbild Großbritannien Die Franzosen reagieren auf die Erfahrungen in Großbritannien. Auf der Insel setzte der Fusionsprozess früh ein. Bereits 1992 übernahm die Hongkong and Shanghai Banking Corporation (HSBC) die Midland Bank und setzte sich so an die Spitze der britischen Banken. Die Position hat sie bis heute behauptet. Vier Jahre später ging Lloyds TSB aus der Vereinigung von Lloyds Bank mit der Trustee Savings Bank hervor. Dann ging es Schlag auf Schlag. 2000 übernahm die Royal Bank of Scotland die National Westminster. Zeitgleich kaufte die Barclays Bank die Bausparkasse Woolwich. Im vergangenen Jahr entstand schließlich die Halifax Bank of Scotland aus der Hypothekenbank Halifax und dem Retailinstitut Bank of Scotland. Die fünf großen Briten schaffen die höchste Eigenkapitalrendite in Europa. Sie erzielen jährlich eine Verzinsung von mehr als 26 Prozent. Das ist fünfmal mehr, als der Schnitt der deutschen Institute erreicht.

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