Deutsch-französische Firmenallianzen Schwierige Partnerschaften

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„Die Diskussionen sind nur schwer zu ertragen“


Die französische Industrie hofft dagegen auf die Arbeitsmarktreformen von Präsident Emmanuel Macron: „Das in Frankreich auf den Weg gebrachte Reformpaket zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen“, sagt Jager. „Das könnte dem deutsch-französischen Motor wieder Antriebskraft verleihen und Europa wirtschaftlich weiter nach vorne bringen.“ Allerdings sei eine Mehrheit der französischen Unternehmer der Ansicht, nicht im gleichen Maß wie die Konkurrenz aus Deutschland zu einem Aufschwung in Europa beitragen zu können, heißt es in der Studie weiter.

Kein Wunder also, dass Siemens-Chef Joe Kaeser und Alstom-CEO Henri Poupart-Lafarge bei der Fusion der Zugsparten beider Konzerne peinlich darauf bedacht waren, den Eindruck deutscher Dominanz zu vermeiden. Offiziell sprachen sie von einer „Fusion unter Gleichen“. Chef des neuen Alstom-Siemens-Konzerns wird in Poupart-Lafarge ein Franzose sein, auch der Sitz des Konzerns bleibt in Paris. Doch wird Siemens mit etwas mehr als 50 Prozent die Mehrheit halten. „Man kann auch von einer Übernahme sprechen“, sagte ein Insider dem Handelsblatt.

Das sind keine gute Nachricht für das Selbstverständnis der Industrienation Frankreich – dessen Selbstvertrauen ohnehin angeknackst ist, wie die Randstad-Umfrage zeigt: Während sich 48 Prozent der befragten französische Unternehmen für weniger wettbewerbsfähig halten als deutsche Konkurrenten, sind es umgekehrt nur fünf Prozent.

Dabei gibt es gute durchaus Grund zur Hoffnung für die französische Industrie. Zumindest in einigen Branchen, wie Zahlen des französischen Wirtschaftsministeriums zeigen: Demnach stieg die Produktion in der Transportausrüstung, etwa Züge und Flugzeuge, zwischen 2000 und 2016 um 87 Prozent. Auch die Branchen Pharma und Luxusgüter wachsen. Und 64 Prozent der Investitionen im produzierenden Gewerbe flossen 2015 in Forschung und Entwicklung – in Deutschland waren es dagegen nur 49 Prozent.

Die Randstad-Studie zeigt zudem: Aus Sicht deutscher Unternehmen sind die günstigen Energiepreise und die gute Infrastruktur ein klarer Wettbewerbsvorteil für französische Unternehmen. Die Franzosen wiederum sehen das Ausbildungssystem und die Innovationskraft der Wirtschaft als Wettbewerbsvorteil deutscher Firmen.

Wie schwer es ist, durch länderübergreifende Allianzen oder Fusionen von den Standortvorteilen beider Volkswirtschaften zu profitieren, bringt der Frankreich-Chef der Würth-Gruppe, Pierre Hugel, in einer Publikation der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer auf den Punkt: „Die immerwährenden Diskussionen mit den französischen Partnern sind für die deutschen Manager oft schwer zu ertragen.“

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